Schönbuchrauschen
angelegtem Vorgarten. Es sieht ganz so aus, als wären Sie mit Herrn Krumm zusammen auf Wohnungssuche gewesen.«
Jetzt wandte sie sich Kupfer zu und zuckte trotzig mit den Schultern.
»Kann schon sein. Na und?«
»Ich frag mich halt, liebe Frau Hensler, warum Sie ausgerechnet den Mann, mit dem Sie zweifellos zusammenleben wollten, bei unserer letzten Begegnung so schlecht gemacht haben. Sie haben mir den Eindruck vermittelt, Herr Krumm sei nur ein unzuverlässiger und unberechenbarer Loser gewesen, mit dem es keine Zukunft gegeben hätte. Dabei war er doch sicher ein sehr liebenswürdiger Mensch, und man soll doch über Tote nichts als Gutes sagen.«
»Dass Sie jetzt versuchen, mir ein schlechtes Gewissen zu machen, ist das Letzte, was ich brauchen kann«, sagte sie Kupfer gerade ins Gesicht.
»Verzeihung, das will ich wirklich nicht. Ich verstehe nur nicht, wie eine hübsche Frau wie Sie so hässliche Lügen erzählen kann.«
Damit schien Kupfer sie besonders gereizt zu haben.
»Okay, ich gebe zu, wir waren noch zusammen. War’s das dann?« Der Ärger in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
»Nein, leider nein«, sagte Kupfer ruhig. »Das war nur ein Detail, wenn auch ein interessantes. Wissen Sie, liebe Frau Hensler, mich interessiert vor allem Folgendes: Ihr Lebensgefährte – oder Lebensabschnittsgefährte, ich weiß ja nicht – Theo Krumm jedenfalls, der am 10. November mitten im Schönbuch ermordet wurde – dass mir das sehr leid tut, sagte ich schon –, hat Mitte Oktober diese Wohnung mit Geld bezahlt, das seiner Großtante, einer Frau Gerlinde Krumm, Insassin eines Pflegeheims, gehört haben soll, und als Wohnungseignerin zeichnen Sie, Frau Hensler. Sechzig Prozent des Kaufpreises hat Herr Krumm sofort an den Immobilienhändler überwiesen, weitere 300 000 landeten bei Ihnen und wurden mit einem Entnahmeplan angelegt. Und besonders interessant finde ich, dass es auch nach Herrn Krumms Tod noch Kontenbewegungen gegeben hat. Wollen Sie das selbst nachlesen?«
Er zog die Kontoauszüge aus der Tasche und streckte sie ihr entgegen. Sie lehnte kopfschüttelnd ab.
»Ist auch unnötig. Sie sind ja bestens informiert.« Er steckte sie wieder ein.
»Warum haben Sie so getan, als könnten Sie nicht einmal für die Miete allein aufkommen?«
Sie verhakte ihre Hände ineinander und blickte mit zusammengekniffenen Augen an Kupfer vorbei. Nur die Schritte der beiden jungen Männer im Treppenhaus waren zu hören.
»Sie brauchen keine Angst zu haben«, sagte Kupfer, als wollte er sie trösten. »Wir wissen, dass Sie Ihren Freund nicht umgebracht haben. Das steht nach der DNA-Analyse fest.«
Überrascht schaute sie ihn an.
»Sie haben von mir eine DNA …?«
»Routinesache in solchen Fällen«, bestätigte Kupfer trocken. »Aber meinen Sie nicht, dass es nun das Einfachste wäre, wenn Sie mir diesen Wohnungskauf mit allem Drum und Dran erklären würden?«
»Theo hat die Wohnung mit dem Geld seiner Großtante gekauft.«
»Da sagen Sie mir nichts Neues. Warum ist die Wohnung auf Ihren Namen eingetragen?«
»Das ist halt so«, holte sie stöhnend aus und erklärte dann Satz für Satz in belehrendem Ton: »Theo sollte das Vermögen seiner Großtante erben. Und weil das nicht die direkte Linie gewesen wäre, hätte er viel Erbschaftssteuer zahlen müssen, auch bei einer Schenkung. Sie glauben ja nicht, wie das Finanzamt sonst zugreifen würde. Deswegen hat sie ihm die Wohnung bezahlt und auf meinen Namen laufen lassen, denn wenn sie auf den Namen Krumm laufen würde, dann wäre die Sache für das Finanzamt zu durchsichtig. So haben wir es probiert. Vielleicht hätte es auch geklappt. Das ist alles.«
»Schön für Sie! Glück im Unglück sozusagen. Wenn die Wohnung nicht auf Sie eingetragen worden wäre, dann würde sie jetzt Frau Krumm gehören. Das freut mich für Sie. Ich verstehe bloß nicht, warum die Großtante Gerlinde jetzt erst so großzügig war? Sie haben mir doch neulich erzählt, dass Ihre Beziehung mit Herrn Krumm vor allem darunter litt, dass Sie keine gemeinsame Wohnung finden konnten, die für sie bezahlbar gewesen wäre. Warum ist denn damals die Großtante nicht eingesprungen?«
»Weil sie halt nicht wollte. Sie hatte panische Angst zu verarmen«, antwortete sie in einem Ton, als würde sie etwas Selbstverständliches erklären. »Wie Sie sicher auch wissen, findet man das bei alten Leuten immer wieder, gerade auch bei denen, die viel Geld in der Hinterhand haben. Theo hat sie
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