Schönbuchrauschen
Großtante hatte ja auch versprochen, dass sie ihm für ein paar neue Möbel Geld geben würde, wenn er erst die Wohnung hätte.«
»Und Sie haben ihn dann sozusagen stillschweigend beerbt.«
Sie schaute vor sich nieder und verhakte wieder ihre Finger ineinander.
»Und die 200 000? Was hatten Sie mit denen vor?«
»Nichts, absolut nichts. Die liegen ja noch auf Frau Krumms Konto.«
»Und da sollten sie auch liegen bleiben«, sagte Kupfer.
»Bitte zeigen Sie mich nicht an«, bat sie mit einem Augenaufschlag. »Ich zahle die 24 000 Euro ja auch zurück.«
»Was Sie zurückzahlen müssen, ist nicht meine Sache. Mir geht es um keine solche Kleinigkeit wie Ihre Möbel, sondern um Mord. Beenden wir für heute unser Gespräch. Je nachdem, was sich noch ergibt, werde ich noch einmal auf Sie zukommen.«
Sie sah vor sich hin und nickte, als wollte sie ihm zustimmen.
»Gut«, sagte er im Aufstehen, »ich fertige über unser Gespräch ein Protokoll an und muss dann aber noch einmal vorbeikommen und Sie unterschreiben lassen.«
»Das ist nicht nötig«, sagte sie schnell. »Ich muss morgen ohnehin in die Stadt.«
»Aber Sie wissen, dass wir ganz am Ende der Talstraße zu finden sind?«
»Ja, ich weiß. Es macht mir nichts aus. Ich komme bei Ihnen gleich morgen früh vorbei.«
Aha, dachte Kupfer, hier will sie mich absolut nicht mehr sehen. Als er die Wohnung verlassen wollte, war das Treppenhaus blockiert. Die beiden jungen Männer schleppten einen kleinen Schrank herauf. Da drehte sich Kupfer noch einmal zu Laura Hensler um und sagte: »Es freut mich, dass tatsächlich jemand bei Ihnen einzieht. Sonst wäre diese Wohnung doch ein wenig zu groß.«
»Ja«, antwortete sie und lachte dabei, obwohl es dafür keinen Grund gab. »Eine Bekannte, die auch in der Klinik arbeitet, zieht bei mir ein.«
Damit verschwand sie in ihrer Wohnung.
»Kann man Ihnen helfen?«, fragte Kupfer die beiden jungen Männer, die mühsam den kleinen Schrank um die Ecke kanteten.
»Danke, nein. Es geht schon.«
»Darf man fragen, wer von Ihnen hier einzieht?«
»Keiner«, keuchte der eine.
»Wer dann?«
»Ein Kollegin von Laura, Andrea Lorenz«, sagte der andere.
»Soso«, sagte Kupfer und trat auf die Seite, damit die beiden Andrea Lorenz’ Schrank durch die Wohnungstür bugsieren konnten.
20
»Klöppner hat Sie gestern sprechen wollen. Ich habe gesagt, dass ich nicht weiß, wo Sie sind.«
»Herr Staatsanwalt Dr. Klöppner heißt das, bitte«, sagte Kupfer und räusperte sich laut.
»Dann eben Dr. Klöppner.«
»Wann war das?«
»Gegen fünf.«
»Da hatte ich mein Handy leise gestellt, weil ich beim Gardinenaufhängen helfen musste.«
»Aber nicht daheim?«
»Nein, bei der hübschen Frau in der neuen Wohnung.«
»Haben Sie wieder ein Taschentuch entwendet?«
Darauf antwortete Kupfer nicht.
»Und wie war die Teestunde diesmal?«, fragte Paula Kussmaul weiter.
»Nichts war’s mit Teestunde. Aber umso interessanter. Stellen Sie sich vor, Theo Krumms Großtante ist richtig reich. Sie hat einen älteren Bruder beerbt, ihren einzigen, der von 1931 bis zu seinem Tod in den Sechzigerjahren in Brasilien im Edelsteingeschäft rumgemacht hat und dabei richtig edelsteinreich geworden ist. Er war ein armer einsamer Mensch und hatte niemanden auf der Welt als seine kleine Schwester Gerlinde. Und so hat sie das ganze Vermögen geerbt, das jetzt noch zum größten Teil in der Schweiz gebunkert ist. Und deswegen wollte die gute Tante Gerlinde mit ihrem Theo in die Schweiz, weil es dort Geld gibt.«
»Und das ist die Wahrheit?«
»Nichts als die Wahrheit.«
»Und Angela Merkel ist Miss Germany.«
»Habe ich da was verpasst? Von welchem Schönheitswettbewerb ist hier die Rede?«, fragte Feinäugle, der eben hereinkam. Er hatte den letzten Satz gehört und wusste ihn einzuordnen.
»Du hättest dabei sein sollen, als ich die schöne Laura besuchen durfte,« setzte ihn Kupfer ins Bild. »Die Frau lügt wie gedruckt. Aber der Reihe nach: Ich habe mich zuerst nach den Finanzen der alten Krumm erkundigt. Du hättest diesen Banker sehen sollen, wie er sich gewunden hat. Wenn er nicht genau gewusst hätte, dass ich auch mit einer gerichtlichen Verfügung oder einem Zettel vom Staatsanwalt kommen könnte, hätte er mir nichts gesagt. Ich sage dir, der Typ freut sich sogar über das Schweizer Bankgeheimnis und fühlt sich wie Graf Koks von der Gasanstalt, wenn er sich gnädig herablässt und uns mal ein paar Fragen beantwortet. Dass wir ein
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