Schönbuchrauschen
Quad, das sich Ihr Freund geleistet hat. Sieht funkelnagelneu aus.«
Lemgruber fuhr plötzlich herum und schnarrte Feinäugle an: »Lassen Sie Ihre Finger von meiner Werkbank. Dazu haben Sie kein Recht.«
Feinäugle hatte plötzlich sehr konzentriert gewirkt. Zielstrebig war er auf die kleine Werkbank in der Ecke zugegangen, hatte eine kleine Zange aus ihrer Aufhängung genommen und damit ein kleines Stück von einem Kupferdraht abgezwickt, der aufgerollt zwischen den Werkzeugen an der Wand hing.
»Ein so winziges Stück Materialprobe müssen Sie uns schon zugestehen«, sagte Feinäugle ruhig, bog das Drahtstück zu einem handlichen Ring und steckte es in einen kleinen Beweismittelbeutel.
»Also, Herr Lemgruber, was läuft da?«, setzte Kupfer wieder an.
Lemgruber machte ein paar Mal den Mund auf, als schnappte er nach Luft.
»Ich sage nichts mehr ohne meinen Anwalt«, stieß er dann hervor.
»Auch recht, Herr Lemgruber, auch recht. Sie kriegen bald einen, und zwar einen Pflichtverteidiger. Wir verhaften Sie wegen Beihilfe zum bandenmäßigen illegalen Waffenhandel. Und was noch dazukommt, das sehen wir dann. Ein Stückchen von Ihrem Kupferdraht haben wir ja.«
Was Krajic ausgesagt hatte, fügte sich ins Bild. Wenige Tage, nachdem er Lemgruber die Handgranaten geliefert hatte, war der Anschlag auf Andrea Lorenz verübt worden. Dazu kam das Ergebnis der Untersuchung des Kriminaltechnischen Untersuchungsamts. Nach der Materialprüfung stand eindeutig fest, dass der Kupferdraht aus Lemgrubers Garage genau dieselbe Zusammensetzung hatte wie der, der bei dem Anschlag verwendet worden war.
»Das ist natürlich kein zwingender Beweis«, sinnierte Kupfer, »aber doch ein kleines Mosaiksteinchen im Gesamtbild. Wenn die beiden Drahtstücke nicht von derselben Sorte wären, dann hätten wir allerdings ein Problem gehabt.«
»Haben wir aber nicht. Wenigstens nicht in diesem Sinn«, stimmte ihm Feinäugle zu. »Und noch was Nettes«, sagte er und legte ein Fax auf den Tisch. »Die Anfrage bei der Kraftfahrzeugzulassungsstelle hat ergeben, dass Joachim Drescher sein Quad nur ein paar Tage nach dem Anschlag angemeldet hat. Da, lies mal.«
»Na, da schau her. Ein Quad ATV 600 ccm Hunter für fast 6000 Euro. Unser armer Kaffeeboy! Sicher ist seine Erbtante gestorben. Dem müssen wir unser Beileid aussprechen.«
»Das wird bestimmt lustig. Obwohl, der scheint mir eine kleinere Figur in diesem Spiel zu sein. Auch wenn er jetzt auf einmal Geld hatte. Ich glaube auch nicht, dass er uns wegläuft. Wo soll er denn hin?«
»Wenn er verduften wollte, könnte er sich höchstens dort verstecken, wo all die Waffen gelandet sind. Abstrakt gesprochen: Der Hilfsvermittler flieht auf die Kundenseite. Um die müssen wir uns kümmern.«
»Schon wegen der zweiten Handgranate«, pflichtete ihm Feinäugle bei. »Ich schlage vor, wir recherchieren mal in der rechtsradikalen Szene. Es gibt meiner Ansicht nach nur zwei Möglichkeiten: Entweder kam Lemgrubers Kundschaft aus allen möglichen Ecken, dann haben wir Pech gehabt, oder seine Abnehmer sind ein organisierter Kreis, dann wäre der Fall überschaubarer. Und diesen Kreis würde ich in der rechtsradikalen Szene suchen.«
Feinäugle machte eine Pause.
»Weiter, weiter. Ich höre dir zu«, sagte Kupfer, der ihn gespannt ansah.
»Wir holen uns Hilfe beim LKA, und zwar von dem Spezialisten für Gesichtserkennung. Ein biometrisches Foto von Lemgruber haben wir ja. Wenn wir Glück haben, fischt uns die Software ein paar Fotos heraus, auf denen wir Lemgruber im Kreis der üblichen Verdächtigen sehen, bei einem Hatecore-Konzert oder so etwas. Dann wüssten wir wenigstens, ob er Verbindungen nach rechts außen hat und kämen eventuell an seine Kundschaft ran. Mag sein, dass wir da ein bisschen mit der Stange im Nebel rühren, aber einen Versuch ist es doch sicher wert.«
»Der Aufwand wäre nicht groß«, meinte Kupfer, »gute Idee. Von ihrem Lebenslauf und ihrer Situation her gesehen, könnten beide einen starken Hang nach rechts haben. Und die rechte Szene rüstet auf, das stimmt. Kümmer dich bitte drum.«
Joachim Drescher kam am Dienstag um elf pünktlich in die Polizeidirektion. Nach seinen dunklen Augenringen und den geröteten Lidrändern zu urteilen, hatte er sehr wenig geschlafen.
»Geht es Ihnen nicht gut? Sie sehen schlecht aus. Wie lange haben Sie heute Nacht gearbeitet?«
Darauf sagte Drescher nichts. Er schaute an Kupfer vorbei zum Fenster hinaus.
»Sie sind aber heute nicht
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