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Schönbuchrauschen

Schönbuchrauschen

Titel: Schönbuchrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Weichold
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Ton erklang. Seiler bückte sich. Die Festplatte lag unter einer ungebügelten Bluse.
    »Da schau her«, sagte er nur und verließ mit seinem Fund das Kinderzimmer.
    Ein Blick in die Waschküche im Untergeschoss hatte Kupfer genügt. Hier konnte nichts versteckt sein. Sie konzentrierten sich also auf das mit rohen Latten abgetrennte Kellerabteil der beiden Frauen. Es war fast leer. Ein Regal mit ein paar Konservendosen, zwei Fahrräder, ein paar alte Skier, ein Schrank mit abgelegter Kleidung. Aberle schloss eben den Schrank wieder ab, als Seiler in den Keller kam.
    »Ich hab sie. Kinder sind der Sonnenschein unseres Lebens.«
    Dann erzählte er zur Erheiterung seiner Kollegen, wie ihm das Kind bei seiner Suche zu Hilfe gekommen war.
    »Hättest du sonst unter die Bügelwäsche geguckt?«, fragte ihn Aberle.
    »Keine Ahnung. Aber es hat sich ja erübrigt. Und hier?«
    »Nichts.«
    Aberle und Kupfer standen noch in dem Kellerabteil, Seiler davor auf dem Gang.
    »Mehr als das bisschen Zeug haben die nicht?«
    »Was meinst du?«
    »Ich vermisse etwas Praktisches, Werkzeug. Einen Hammer und einen Schraubenzieher gibt es auch in einem Weiberhaushalt. Habt ihr so etwas oben gesehen?«
    Kopfschütteln. Seiler schaute sich um und entdeckte eine Kiste, die etwas abgerückt vom Kellerabteil der beiden Frauen auf dem Boden stand.
    »Und wem gehört diese Kiste? Komisch, gell? Sonst steht hier draußen ja nichts herum.«
    Damit machte er sich über die Kiste her. Sie war schwer. Obenauf in einem besonderen Karton befand sich eine Bohrmaschine mit zwei Bohrersätzen und einem Bohrfutterschlüssel, darunter ein ganzer Satz Gabel- und Ringmutterschlüssel. Auch ein Satz Schraubenzieher fehlte nicht.
    »Wenn das den beiden gehört, dann sind sie ganz gut sortiert«, bemerkte Aberle.
    Seiler nahm alles Werkzeug heraus.
    »Aber unten bin ich noch immer nicht.«
    Er klopfte mit dem Knöchel auf den Boden der Kiste. Es klang hohl. Unter dem doppelten Boden, den Seiler mit einem Schraubenzieher heraushebeln konnte, lag eine Juteeinkaufstasche mit dem Reklameaufdruck einer Bioladen-Kette. Sie enthielt ein Notebook und Lipps dickes rotes Notizbuch mit dem übersichtlichen Register.

33
    Kupfer übergab die Festplatte den Kollegen von der EFVAbteilung mit der Bitte, sie ihm zugänglich zu machen. Währenddessen konnte er sich dank der peniblen Einträge in Lipps Notizbuch mit dem Notebook beschäftigen. Jedes Passwort war säuberlich ins alphabetische Register eingetragen. Am meisten interessierte ihn Lipps E-Mail-Verkehr. Lipp hatte ihn sehr übersichtlich organisiert, Privates von Beruflichem getrennt und allen Ordnern einen verständlichen Namen gegeben. Ein Ordnername stach ihm ins Auge, weil er als einziger nicht deutsch war: ›selftrade‹ Was konnte das heißen? Kupfer spürte eine Erregung in sich aufsteigen, es kribbelte ihn in den Fingern, als er auf den Ordner klickte, und es hielt ihn fast nicht in seinem Bürosessel, als er die Adresse des E-Mail-Partners las: [email protected].
    Kupfer grinste und summte vor sich hin: »Hey Jude, don’t make it bad …« Dann ging er zu den ältesten Mails der Korrespondenz zurück und arbeitete sich durch, indem er Notizen machte und ab und zu eine Mail herauskopierte. Bis er im September 2011 angekommen war. Von da an kopierte er jede Mail.
    Dann rief er Feinäugle hinzu.
    »Wir haben es. Das musst du dir ansehen.«
    »Was haben wir?«
    »Das Motiv, endlich haben wir das Motiv. Unser Judithle ist seit eineinhalb Jahren in den USA, so wie es aussieht. Aber sie forscht dort nicht nur, sondern spekuliert auch, und zwar mit Lipps Geld. Wahrscheinlich wollten sie sich den Profit teilen. Und bei diesem Run nach dem großen Geld ist Theo Krumm ihr in die Quere geraten.« Er legte Feinäugle die ausgedruckten E-Mails hin.
    »Da, schau, hier geht es für uns richtig los, unmittelbar nach Lipps Unfall. Davon hat sie gar nichts erfahren und wundert sich, weil sie ihn nicht erreicht.«
    09.09. Hi ferdi. was ist eigentlich los? warum skypst du nicht mehr? ich rufe dich laufend an, aber dein handy ist tot. Dann nimm doch wenigstens ab, wenn ich dich daheim anrufe, oder hör dein anrufbeantworter ab. Wieso funkstille? Es ist dringend! Wir brauchen eine neue strategie
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    love jude
    »Was denn für eine Strategie? Beim Zocken?«
    »Ja, schau dir mal die Webseiten von Brokerfirmen an, da findest du verschiedene Anlegerstrategien angeboten, Trend Plus, Dynamic RSI, Open Trade und wie sie alle

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