Schönbuchrauschen
Kopf. Nicht nur Empathie kann unseren Verstand verkleben …«
Er führte den Satz nicht zu Ende, sondern lachte nur.
»Ich weiß schon, auch Rotz.«
»Genau. Nimm’s leicht und guck nicht so belämmert.«
»Fffff«, machte Kupfer. »Ich finde es schon bedenklich, dass mir mein Kollege bei ein und demselben Fall zweimal sagt, dass mein Verstand verklebt ist, völlig egal wodurch.«
»Komm, steck’s weg. Außerdem hattest du Fieber, wenn ich mich richtig erinnere. Wichtig ist nur, dass wir die Verbindung zwischen Judith Schwenk und Lipp kennen, vielleicht war sie recht eng. Das könnte sich klären, wenn wir an die Festplatte herankommen.«
Daneben hatten sich in den Accounts verschiedener Friends unzählige Bilder gefunden, die Lipp auf Parties zeigten, wo er immer wieder mit anderen Frauen zu sehen war. Bilder mit Laura Hensler oder Andrea Lorenz waren eher selten, und Theo Krumm war auf Lipps eigenen Fotos nirgends zu sehen, dafür aber ein paar Mal auf den Fotos Dritter. Diese Bilder deuteten darauf hin, dass auch Theo Krumm mit beiden Frauen in enger freundschaftlicher Verbindung gestanden hatte.
»Jetzt verstehe ich erst richtig, was mir die schöne Laura über ihre Beziehung zu Theo Krumm erzählt hat. Dieses Hin und Her, von dem sie geredet hat, ging wahrscheinlich gar nicht von Krumm aus, sondern von ihr. Lipp wäre ihr wahrscheinlich lieber gewesen, und immer, wenn sie sich da Hoffnungen machen konnte, schob sie den armen Theo auf die Seite.«
32
»Ich hoffe nur, diese Aktion wird nicht so ein Fehlschlag wie der nächtliche Einsatz an der Autobahnraststätte«, sagte Staatsanwalt Dr. Klöppner herablassend, als Kupfer ihn wegen der Hausdurchsuchung bei der neuen Wohngemeinschaft Hensler-Lorenz anrief. Kupfer blieb nichts anderes übrig, als seinen Ärger über diese Spitze hinunterzuschlucken.
»Ein Polizeiaufgebot in der Wohnung von zwei harmlosen Frauen, und am Ende kommt nichts dabei heraus – das wäre doch sehr peinlich. Meinen Sie nicht?«
»Es kommt aber etwas dabei heraus, so sicher wie das Amen in der Kirche, das garantiere ich Ihnen.«
»Und wie können Sie da so sicher sein?«
»Genau das möchte ich Ihnen erklären. Hier die Fakten: Erstens hat sich der Ermordete am Vermögen seines ehemaligen Freundes die Finger schmutzig gemacht, zweitens hat er die Festplatte aus dessen PC verschwinden lassen, und die brauchen wir unbedingt. Drittens hat die Interferenzholographie ergeben, dass Krumms Mörderin nach Krumm in Lipps Wohnung war. Wahrscheinlich hat auch sie die Festplatte gesucht. Viertens hat Krumm nachweislich die Wohnung bezahlt, in der die beiden Damen wohnen, obwohl er nie Geld gehabt hat. Und schließlich hat eine der beiden Bewohnerinnen ein Kind, dessen Vater Ferdinand Lipp ist. Das hat sie uns bis jetzt übrigens verschwiegen. Außerdem wurden nach Krumms Tod noch Zahlungen geleistet, die darauf hindeuten könnten, dass mindestens eine der beiden Damen noch Zugang zu den Geldquellen hat, die Krumm angezapft hatte. Das allein müsste meiner Ansicht nach schon reichen.«
»Aber Ihre Ansicht …«
»Ich weiß, meine Ansicht ist nicht maßgebend. Es kommt aber noch mehr hinzu: Lipps Freundin Judith Schwenk ist die Halbschwester von Lemgruber, der dem verhafteten Kroaten zwei Handgranaten abgekauft hat. Lemgruber und sein Freund Drescher hatten nach dem Handgranatenanschlag plötzlich so viel Geld auf ihren Konten wie nie zuvor. Theo Krumm war in seiner Jugend mit Judith Schwenk liiert, und last not least hatte Lipp Beziehungen zu allen drei Frauen, mit denen wir es zu tun haben.«
»Ich muss zugeben, das ist sehr beeindruckend, Herr Kupfer. Nur legt das noch keinen Mordverdacht gegen die beiden Damen nahe.«
»Natürlich nicht. Das habe ich doch nie behauptet.« Kupfer wurde lauter, als er wollte. »Ich bin aber absolut überzeugt davon, dass wir in dieser Wohnung etwas finden, was den ganzen Hintergrund klärt«, redete er etwas gedämpft weiter. »Jetzt springen Sie doch bitte einmal in Ihrem Leben über Ihren Schatten, ich bitte Sie. Auf meine Verantwortung.«
»Leicht gesagt, Herr Kupfer, sehr leicht gesagt. Sie wissen doch, dass die Verantwortung gar nicht bei Ihnen liegen kann. Aber sagen wir einmal so: Wir beantragen die Hausdurchsuchung auf Ihr Gesuch hin, und sollten wir sie umsonst angeordnet haben, dann müssten Sie in diesen Dingen zukünftig mit unserer gesteigerten Zurückhaltung rechnen.«
»Danke. Damit kann ich leben. Bis wann …?«
»Morgen im Lauf
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