Schöne Lügen: Roman (German Edition)
gleichgültig.«
Erin seufzte und fuhr ihm mit beiden Händen durch sein dichtes, dunkles Haar. »Ich weiß. Aber meine Antwort lautet trotzdem nein.«
Sie hatte sich ihm verweigert und tat es weiterhin. Bart war nicht mehr so stürmisch wie damals, als er sie zum ersten Mal gebeten hatte, ihn zu heiraten. Aber er blieb trotzdem in ihrer Nähe, als könne er damit einen Gesinnungswandel erwirken.
Doch das war ein Irrtum. Wieder legte sie eine Hand auf ihren Leib, liebevoll strich sie darüber, als der Summer der Sprechanlage sich meldete und sie aus ihren Tagträumen riß.
»Ja, Betty?« fragte sie, während sie auf den Knopf drückte.
»Hier ist jemand, der mit dir sprechen will, Erin. Hast du Zeit?«
»Ja. Wer ist es denn?«
»Ein Mr. Lance Barrett.«
12. KAPITEL
Erins Herz setzte einen Schlag lang aus. Es war ganz unmöglich, daß sie sich verhört hatte. Sie schloß die Augen, ein lähmendes Schwindelgefühl ergriff sie, und beinahe wäre sie vom Sessel gekippt. Die Welt um sie herum schwankte wild, ehe sie sich langsam wieder beruhigte. Sie umklammerte die Schreibtischkante und sank dann hintüber.
»Erin, hast du mich gehört?« hakte Betty nach.
»J-ja, ich habe dich gehört.« Was konnte sie tun? Lance war hier. Hinter dieser Tür dort drüben. Sie mußte ihn empfangen. Aber würde sie das durchstehen?
Was wollte er von ihr? Wenn er nun merkte, was mit ihr los war? Was sollte sie ihm sagen? All diese Fragen wirbelten durch ihren Kopf, doch blieben sie unbeantwortet stecken. Sie würde ihm aufrecht gegenüberstehen müssen und konnte nur um Festigkeit beten.
»Schick ihn rein, Betty«, antwortete sie so sachlich wie möglich.
Schnell fuhr sie sich noch einmal mit der Hand durchs Haar und leckte sich über ihre plötzlich spröden Lippen, dann strich sie das Kleid über ihren Brüsten glatt, die durch die Schwangerschaft voller geworden waren. Er durfte das nicht sehen, allerdings war er sehr wachsam und ausgebildet, Dinge wahrzunehmen, die …
Er trat durch die große, doppelflügelige Eichentür.
Wenn Erin geglaubt hatte, daß die Erinnerung sein Bild in ihrem Innern verschönt hatte, so hatte sie sich gründlich getäuscht: Im Gegenteil, er sah in Wirklichkeit sogar noch besser aus; sein Haar war locker gekämmt, ein wenig länger und von der Sommersonne gebleicht.
Die blauen Augen hatten nichts von ihrem strahlenden Glanz eingebüßt, die hellen Brauen standen im Kontrast zu seinem sonnengebräunten Gesicht. Kleine weiße Linien hatten sich um die Augen eingegraben, an die sie sich nicht erinnerte, doch wahrscheinlich stachen sie nur deshalb hervor, weil er so braun gebrannt war.
Wenn möglich wies das Grübchen in seinem Kinn auf noch mehr Arroganz hin als zuvor. Doch er lächelte und Erin entging dabei nicht der Zug von Verletzlichkeit um seinen Mund, den sie im Februar noch nicht bemerkt hatte.
Doch die größte Veränderung an ihm war seine Kleidung. Sie hatte ihn damit geneckt, daß er mit den korrekten Anzügen, den weißen Hemden und den dunklen Krawatten wie ein Uniformierter herumlief. Er hatte sich damit verteidigt, daß es Angestellten der Regierung verboten war, Aufmerksamkeit zu erregen, indem sie sportliche Designer-Anzüge und bunte Hemden trugen.
Sein hellgelbes Hemd war nicht gerade bunt, aber der Schnitt des dunkelbraunen Jacketts stammte sicher nicht aus dem Kaufhaus. Die lohfarbene Hose schmiegte sich eng an seine Oberschenkel und Hüften, man sah, daß sie maßgeschneidert war. Er hatte auf eine Krawatte verzichtet, statt dessen stand der Hemdkragen ein wenig offen, so daß sein dicht behaarter Oberkörper sichtbar wurde.
Ihr Entschluß, kühl und unpersönlich zu bleiben, löste sich in Luft auf, als er mit seiner überwältigenden männlichen Anwesenheit in ihre weibliche Domäne eindrang. Sie war ihm verfallen.
»Hallo, Erin«, er verbeugte sich knapp.
Sie sollte jetzt eigentlich aufstehen und auf ihn zugehen, seine Hand schütteln; aber sie fürchtete sich davor, den Platz hinter ihrem Schreibtisch zu verlassen. Wenn sie aufstand, könnte er ihren Zustand bemerken.
»Hallo, Lance«, erwiderte sie seine Begrüßung freundlich. Ihre Lippen zitterten, doch sie war entschlossen, ihm so zu begegnen, als sei er ein alter Freund. »Komm rein und setz dich«, forderte sie ihn auf und wies auf einen Stuhl vor ihrem Schreibtisch. »Das ist aber eine Überraschung.«
Er verhielt sich genauso zurückhaltend wie sie, als er sich näherte und umsah mit diesen Augen,
Weitere Kostenlose Bücher