Schoene, raetselhafte Becca
sträubte sich dagegen, ihn in ihr Haus zu lassen. Allein, dass er vor ihrer Haustür stand, war ihr unangenehm. „Ja. Gabi hat von Destry gesprochen.“
„Ein liebes Mädchen. Sie hat ein großes Herz für ihre Freunde.“
Warum erzählte er ihr das? Höflich lächelnd hoffte sie, dass er bald auf den Punkt kommen und wieder verschwinden würde.
Er räusperte sich, ehe er fortfuhr: „Jedenfalls hat Destry erzählt, Gabrielle habe ihr gesagt, dass Sie noch keinen Weihnachtsbaum hätten und Ihre Tochter nicht wüsste, ob Sie in diesem Jahr überhaupt einen aufstellen wollen.“
Entgeistert drehte sie sich zu Gabi um, die die Unschuld in Person war. Becca hatte ihr versprochen, einen Baum zu besorgen, sobald sie ihren Lohn erhielt. Kam die Sorge von Polizeichef Bowman aus dem Herzen, oder hatte Gabi irgendetwas erzählt …?
„Ich bin sicher, dass wir einen finden werden. Wir sind … noch mitten im Umzug. Die neue Arbeit, die neue Schule … wir hatten noch nicht viel Zeit für die … Weihnachtsvorbereitungen. Es ist ja erst November.“
„Das habe ich Destry auch gesagt, aber als wir heute Nachmittag in die Berge geritten sind, um unseren Baum zu schlagen, bat sie mich, auch für Sie einen zu fällen. Sehen Sie’s doch mal so: Jetzt haben Sie eine Sorge weniger, nicht wahr?“
Endlich zog er den Arm, den er ausgestreckt hielt, heran. Der Weihnachtsbaum in seiner Hand war dunkelgrün und duftete nach frischen Tannennadeln. „Einen besseren werden Sie nirgendwo finden. Wir haben ihn erst vor einer halben Stunde geschlagen.“
Ein Baum? Vom Chef der Polizei? Was war denn das hier für eine Stadt?
Schon seit ewigen Zeiten hatte Becca keinen Baum mehr geschmückt. Als sie allein gelebt hatte, war es ihr viel zu umständlich gewesen. Außerdem gab es nie viel zu feiern.
Ihr schönstes Weihnachtsfest hatte sie als Sieben- oder Achtjährige erlebt. Monica war gerade damit beschäftigt gewesen, das Bankkonto eines alten Witwers leerzuräumen, der Becca ins Herz geschlossen hatte – oder wenigstens so tat. Er hatte sein Haus weihnachtlich dekoriert – einen Kranz an der Tür, Strümpfe am Kamin … das ganze Programm. Und er hatte Geschenke besorgt.
Sie hatte den alten Mann wirklich gemocht – bis er die Polizei verständigt hatte, weil er Monica verdächtigte, ihn zu bestehlen. Becca hatte mit ihrer Mutter fliehen müssen, um dem Arm des Gesetzes zu entkommen.
Und jetzt stand der Polizeichef auf ihrer Türschwelle mit diesem schönen, duftenden Tannenbaum. „Ich … oh …“
„Ich kann ihn auch jemand anderem schenken, wenn Sie ihn nicht mögen“, schlug er vor.
„Ach, bitte.“ Mit beiden Händen griff Gabrielle sich ans Herz, als wirkte sie in einer kitschigen Vorabendserie mit. Es war die reinste Show.
Widerwillig gab Becca nach. Wie sollte sie sich bloß den Schmuck und die Beleuchtung für dieses blöde Ding leisten?
„Ein Baum wäre sehr schön. Vielen Dank.“ Ihre Halbschwester mochte eine ausgefuchste Schauspielerin sein, aber im Grunde ihres Herzens war sie immer noch ein kleines Mädchen. Sie hatte ein Weihnachtsfest verdient – wie armselig es auch immer ausfallen würde. Becca wollte ihr Bestes tun.
„Da ich nicht wusste, ob Sie einen Christbaumständer besitzen, habe ich Ihnen gleich einen mitgebracht. In der Ranch haben wir zwei davon. Wenn Sie mir zeigen, wo er hin soll, werde ich ihn gleich aufstellen.“
„Das ist nicht nötig. Das schaffe ich schon selbst.“
„Haben Sie schon mal einen so großen Baum aufgestellt?“
Sie zögerte, ehe sie langsam den Kopf schüttelte.
„Es ist gar nicht so leicht. Betrachten Sie das Aufstellen als Service.“ Trace wartete gar nicht auf ihre Einladung, sondern trug den Baum ins Wohnzimmer. Plötzlich schwebte ein Duft durch ihr Haus, der sie an längst vergangene, glücklichere Zeiten erinnerte.
„Er ist wunderschön!“, rief Gabi begeistert. „Der schönste Baum, den ich jemals gesehen habe.“
Becca betrachtete ihre Schwester, die sie noch nie so glücklich erlebt hatte. Ihre Augen leuchteten vor Aufregung, und ihr Gesicht strahlte. „Es ist wirklich ein schöner Baum“, pflichtete sie ihr bei. „Wo soll Officer Bowman ihn denn aufstellen?“
„Vor dem Fenster, damit ihn jeder sehen kann.“
Trace schleppte den Baum vors Fenster und richtete ihn auf. Er passte genau in den Erker. „Hierhin?“ Fragend sah er Gabi an.
„Vielleicht ein bisschen mehr nach links?“
Amüsiert schob er den Baum in die gewünschte
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