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Schöne Scheine

Schöne Scheine

Titel: Schöne Scheine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Allerdings hatte das Ganze Methode, denn als der Clown von der Leiter zurücktrat, hatte er vier Personen so zwischen den Sprossen eingekeilt, dass jeder Befreiungsversuch den anderen dreien große Schmerzen bereitet - und im Fall eines Wachmanns vermutlich zu einer ernsthaften Gefährdung seiner Chancen auf dem Heiratsmarkt geführt hätte.
    Mit roter Nase und zerbeultem Hut hüpfte er mit weiten Sprüngen in die Arena, wobei seine riesigen Schuhe mit jedem Schritt, der etwas  Vertrautes  hatte, auf den Boden klatschten.
    »Herr Beuge?«, sagte Feucht. »Bist du das?«
    »Mein famoser Kumpel Herr Lipwig!«, rief der Clown. »Du glaubst also, dass der Zirkusdirektor in der Manege das Sagen hat? Nur, wenn die Clowns ihn lassen, Herr Lipwig! Nur, wenn die Clowns ihn lassen!«
    Beuge holte aus und warf eine Torte auf Lord Vetinari.
    Feucht befand sich bereits im Sprung, bevor die Torte ihre Reise begann. Sein Gehirn hechelte weit abgeschlagen hinterher und lieferte alle Gedanken in einem Schwung ab. Es sagte ihm, worauf seine Beine offensichtlich längst von selbst gekommen waren: dass die Würde eines großen Mannes mit einer Torte im Gesicht beträchtlichen Schaden nehmen würde, dass das Bild eines mit Sahne bespritzten Patriziers auf der Titelseite der  Times  die politischen Machtverhältnisse in der Stadt bis in die Grundfesten erschüttern würde. Und vor allem würde Feucht in einer Welt nach Vetinari wohl kaum den morgigen Tag erleben, was für ihn schon immer von alles überragender Wichtigkeit gewesen war.
    Wie in einem lautlosen Traum flog er auf das nahende Unheil zu und streckte im Schneckentempo die Finger danach aus, während die Torte ihrem historischen Augenblick entgegenwirbelte.
    Sie traf ihn ins Gesicht.
    Vetinari hatte sich nicht gerührt. Sahne spritzte in alle Richtungen davon, und vierhundert Augen sahen gebannt zu, wie ein Klumpen genau zu Vetinari weiterflog, der sich duckte und ihn mit einer Hand auffing. Das leise Klatschen, mit dem die Sahne in seiner Hand landete, war das einzige Geräusch im Saal.
    Vetinari richtete sich auf und musterte die aufgefangene Sahne. Er stippte einen Finger hinein und kostete davon. Dann wandte er nachdenklich den Blick nach oben, während das Publikum kollektiv den Atem anhielt, bis er schließlich sagte: »Ich glaube, das schmeckt nach Ananas.«
    Tosender Applaus brandete auf. Es ging nicht anders, selbst wer Vetinari hasste, musste sein perfektes Timing bewundern.
    Doch es wurde schnell wieder still, denn nun stieg er vom Podium herunter und näherte sich dem vor Angst erstarrten Clown.
    »Mein  Zirkus wird nicht von den Clowns geführt, Herr!«, sagte er, packte die große rote Nase des Mannes und zog sie ihm bis zur Belastungsgrenze des Gummibandes lang. »Hast du das verstanden?«
    Der Clown holte eine klobige Hupe hervor und entlockte ihr ein trauriges Tröten.
    »Gut. Es freut mich, dass du mir zustimmst. Und nun möchte ich bitte mit Herrn Beuge sprechen.«
    Daraufhin trötete die Hupe zweimal.
    »Oh doch, er ist da«, sagte Vetinari. »Wollen wir ihn für die Jungs und Mädchen herauslocken?  Wie viel sind 15,3 Prozent von 39,66?«
    »Lass ihn in Ruhe! Bitte lass ihn einfach in Ruhe!«
    Die erschütterte Menge teilte sich erneut, diesmal für ein völlig aufgelöstes Fräulein Gardinia. Sie war wütend und entrüstet wie eine Henne und drückte etwas Schweres an ihren spärlichen Busen. Feucht erkannte, dass es ein Stapel Rechnungsbücher war.
    »Dies ist es, worum es eigentlich geht!«, verkündete sie triumphierend und breitete die Arme aus. »Es ist nicht seine Schuld! Man hat ihn ausgenutzt!«
    Sie zeigte anklagend mit einem Finger auf die sahneverschmierte Schar der Üppigs. Wenn es einer Kriegsgöttin erlaubt wäre, eine züchtige Bluse und einen Dutt zu tragen, aus dem sich mit zunehmender Geschwindigkeit die Haare lösen, hätte Fräulein Gardinia in den Götterstand erhoben werden können. »Sie waren es! Sie haben das Gold schon vor Jahren verkauft!« Das führte zu einem allgemeinen und enthusiastischen Tumult in allen Bereichen des Publikums, wo sich keine Üppigs aufhielten.
    »Ruhe!«, rief Vetinari.
    Die Anwälte erhoben sich. Herr Schräg blickte finster. Die Anwälte setzten sich wieder.
    Und Feucht wischte sich gerade noch rechtzeitig die Ananassahne aus den Augen.
    »Vorsicht, er hat ein Blümchen!«, rief er, und dann dachte er: Ich habe gerade »Vorsicht, er hat ein Blümchen!« gerufen, und ich glaube, ich werde mich auf

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