Schoener Schlaf
schlechthin gewesen und es hatte ihm geschmeichelt, dass die Nichte für seine jugendliche Geliebte gehalten wurde. Manchmal hatten sie dieses Spiel selbst angestoÃen und waren eng umschlungen durch südamerikanische GroÃstädte geschlendert â verfolgt von den neidischen Blicken dunkelhaariger Machos, die immer im Rudel aufzutreten pflegten und durch lautes Rufen und eindeutige Handbewegungen auf sich aufmerksam machten.
Hans hatte der hübschen Nichte vorsichtige Hinweise gegeben auf die Dinge, die ihr aus der Männerwelt begegnen würden, doch schien dies an dem Mädchen spurlos vorbeizugleiten.
Sommerberg rechnete nach. Anna musste heute achtunddreiÃig Jahre alt sein, eine Frau im besten Alter.
*
Anna verlieà das Haus. Hans Sommerbergs Anruf hatte sie aufgewühlt. Sie brauchte Luft und bog in den Weg ein, der zu dem kleinen Park führte. Die Grünanlage war ziemlich verwildert. Deshalb mochte sie diese Anlage. Sie setzte sich auf ihre übliche Bank und hing ihren Gedanken nach.
Wusste Onkel Hans eigentlich, dass seine Schwester vor fünf Jahren gestorben war? Er hatte sich damals nicht gemeldet und eine Adresse, unter der er zu erreichen war, hatte sie nicht gekannt. Nach dem Vorfall mit seiner Firma hatte er sich von heute auf morgen abgesetzt, wohin, das war reine Spekulation geblieben. Irgendwann hatte die Mutter mal von Italien gesprochen.
Er hat uns alle sitzen lassen, dachte Anna, ganz besonders Mama. Sie hatte immer weniger gelacht und war immer stiller geworden. Anna hatte zwei Jahre nach Hansâ Flucht das Haus verlassen. Sie war achtzehn und wollte ihrem spieÃigen und strengen Vater endlich entkommen. Die Mutter hatte ihr vorgeworfen, sie nun auch alleinzulassen. Der Vater rächte sich mit der Weigerung, seiner Tochter auch nur einen Pfennig zu geben.
Die nächsten zwei Jahre hatte Anna in wechselnden Wohngemeinschaften gelebt, abends in Kneipen gejobbt und sich tagsüber als Aktmodell vor malenden Studenten ausgezogen. So war sie einigermaÃen über die Runden gekommen. Sie lachte bitter auf. In den letzten zwanzig Jahren hatte sie es nicht sehr weit gebracht. Vielleicht konnte Hans etwas daran ändern.
Kapitel 8
Die Soko Kostüm überlegte, wo die nächsten Schritte anzusetzen waren. Kant wiederholte, was er von Belinda Stork erfahren hatte. Akif Neumann schlug vor, die anderen Laienschauspieler der Bühne zu vernehmen.
»Es gibt da bestimmt jemanden, der mehr über das Opfer weiÃ. In Künstlerkreisen wird doch viel gequatscht und intrigiert.«
»Richtige Künstler sind das ja nicht«, widersprach Weingarten. »Hausfrauen, Handwerker, Schüler und Studenten oder so was.«
»Immerhin interessieren sie sich für Kunst«, erwiderte Neumann. »Du würdest schlieÃlich nicht freiwillig Theater spielen, oder?«
»Mir reicht das tägliche Theater hier«, konterte Weingarten.
»Akif kümmert sich also um die Bühne und du, Dirk, solltest zur Kunsthalle fahren«, gab Kant vor. »Direktor Dr.  Sucher hat versprochen, seinen Mitarbeitern ein Foto von Maja Schneider zu zeigen. Frag ihn mal, was dabei herausgekommen ist. Und wir beide«, wandte sich der Kommissar an seine neue Praktikantin, »statten dieser Kostümschneiderin einen Besuch ab.«
Je mehr sie sich Berghof näherten, umso befreiter fühlte sich Kant. Es war, als würde ein schmutziger Schleier von ihm abgezogen. SchlieÃlich hielt er den Wagen an, stieg aus und sog die Luft ein. Heidi Busch stellte keine Fragen. Man hatte ihr berichtet, Kollege Kant sei ein origineller Mensch.
Sie stellte sich neben ihn, kramte die Zigarettenschachtel heraus, steckte sie dann aber wieder weg. Man hatte ihr auch gesagt, dass Kant strikter Nichtraucher sei. Sie wollte sich nicht schon in den ersten Tagen eine Rüge einfangen.
Wenige Minuten später saÃen sie wieder im Auto. Sie fanden Luise Kranachs Schneiderei ohne Probleme. Ein kleines Fachwerkhaus am Ende einer Sackgasse, die von krüppeligen Obstbäumen gesäumt war.
Leider war die Werkstatt geschlossen. Kein Schild oder Zettel an der Tür informierte den Besucher über Ãffnungszeiten. Kant ging ums Haus herum, schaute durch die kleinen Fenster, doch erkennen konnte er wegen der Gardinen kaum etwas.
»Lassen Sie uns im Haus gegenüber nachfragen«, schlug Busch vor. »Ich habe dort eine Bewegung gesehen.«
Ein kleiner Mann in
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