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Schoener Schlaf

Schoener Schlaf

Titel: Schoener Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt , Friedemann Grenz
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Sie denn für einer!«, entrüstete sich die Frau. »Lassen Sie mich sofort los!«
    Erschrocken ließ er die Hände von ihr. Mit bösem Blick ging sie ihres Weges.
    Sommerberg sah ihr nach, mehr verblüfft als verärgert über die harsche Reaktion. Sie hatte einen ausladenden Hintern, der nur unzureichend durch einen kurzen Rock verdeckt war. Früher hätte er solche Frauen nur mit Abscheu betrachtet; merkwürdig, dass ihn dieser Anblick nun erregte. Er schüttelte den Kopf und setzte seinen Weg fort.
    Er wollte nicht vor Anna am Treffpunkt sein. Sie sollte dort schon am Tisch sitzen und ihn kommen sehen. Jugendlich und fit wie früher auf den Boulevards der Großstädte, die er ihr gezeigt hatte. Noch war etwas Zeit bis zu seinem Auftritt. Er betrat ein Bistro – direkt gegenüber dem verabredeten Café. So konnte er Anna beobachten und schon mal heimlich sehen, was aus ihr geworden war.
    Menschen flanierten vorbei. Sommerberg klopfte jede Frau Ende dreißig auf Annas Merkmale ab, die er in Erinnerung hatte: dunkles, leicht gelocktes Haar, eine besonders schöne Haut, ein harmonisch gewachsener Körper mit langen, geraden Beinen, üppigen Formen und einer schon früh erkennbaren Neigung zu leichter Korpulenz. Ein Schleckermaul war sie gewesen und ihre liebste Übung als junges Mädchen war – neben dem Schöneaugenmachen –, die diversen Dessert-Buffets in den Hotels zu plündern.
    Er blätterte in der Zeitung. Politik und Sport hatten ihn noch nie sonderlich gefesselt, der Wirtschaftsteil und die Börsenberichte interessierten ihn nicht mehr; es blieben also die bunten Seiten und das Feuilleton.
    Sommerbergs Blick blieb an einem Foto hängen. Ein Gemälde. Er kannte das Bild, hatte seine Geschichte bis ins Auktionshaus verfolgt. Über zehn Jahre hatte es gedauert, bis eine Expertenkommission es für echt erklärt hatte.
    Es zeigte eine junge Frau lächelnd am Spinett sitzend, braunäugig den Betrachter anschauend. Jetzt hat Vermeers Kleine tatsächlich über vierundzwanzig Millionen gebracht, staunte Sommerberg, und wird ihr stummes Leben im schrillen Las Vegas fristen.
    Letztendlich erkannte Sommerberg Anna am Gang. Schon als Teenager hatte sie sich sehr aufrecht gehalten. Sie lief an dem Bistro vorbei, in dem er wartete, blieb mit dem Rücken zu ihm stehen und sah zum Café hinüber, wohl um festzustellen, ob er schon da saß. Sie ist eine schöne Frau, stellte er aufatmend fest.
    Anna setzte sich an einen Tisch, der draußen aufgestellt war, die Straße im Blick. Als der Kellner zu ihr trat und sie kurz abgelenkt war, zahlte Sommerberg. Sie bemerkte ihn erst, als er direkt vor ihr stand.
    Â»Hallo, Anna!«, sagte er. »Da bin ich.«
    Â»Onkel Hans!«
    Sie erhob sich, wollte ihn umarmen, hielt inne und reichte ihm dann nur die Hand. Er griff sie, zog sie zu den Lippen und küsste sie. Ein Glücksgefühl und Rührung stiegen in ihm auf.
    Â»Ich freue mich, dich zu sehen«, sagte er förmlich.
    Â»Wo warst du nur so lange?«
    Sommerberg antwortete nicht. In seiner Brust schmerzte es plötzlich und er setzte sich. Bitte, nicht jetzt!, flehte er innerlich. Er atmete langsam und tief, versuchte, sich zu entspannen.
    Â»Geht es dir nicht gut?«
    Â»Doch, doch, alles in bester Ordnung«, versicherte er eilig. »Ich habe mir so oft vorgestellt, wie du wohl aussiehst, was aus dir geworden ist. Und jetzt bist du wirklich hier.«
    Â»Das hättest du einfacher haben können«, entgegnete Anna kühl. »Ein Blick ins Telefonbuch. Ich habe die Stadt nie verlassen.«
    Â»Ich musste einen echten Schnitt machen«, erklärte Sommerberg.
    Â»Das ist dir gelungen.«
    Â»Ja«, nickte er. »Es ging nicht anders.«
    Â»Was ist eigentlich damals genau passiert? Mutter und Vater haben nicht viel erzählt.«
    Â»Ich musste ganz schnell weg. Alles brach über mir zusammen. Was weißt du?«
    Â»Der Konkurs. Einen riesigen Schuldenberg hast du hinterlassen. Dein Haus wurde versteigert, deine Wertsachen auch. Und du bist einfach abgehauen. Mama hat versucht, eine Spur von dir zu finden. Sie glaubte, dass du nach Italien gegangen bist.«
    Â»Das ist richtig.«
    Â»Vater hat dich als Betrüger bezeichnet«, berichtete Anna weiter. »Dein Name wurde in der Familie nicht mehr erwähnt. Du kennst Papa ja. Weißt du, dass Mama gestorben

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