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Schoener Schlaf

Schoener Schlaf

Titel: Schoener Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt , Friedemann Grenz
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Bewegungen vollführt – so aufgeregt und ergriffen war er bei der Sache gewesen.
    Leist schaltete den PC ein und klickte sich das Bild auf den Monitor. Die lächelnde junge Frau mit dem gelben Tuch um die Schultern wurde fast von dem breiten Goldrahmen erdrückt. Ihre braunen Augen musterten den Betrachter interessiert. Wirklich sehr hübsch, dachte Leist, aber bei Weitem nicht Vermeers bestes Werk.
    Sie hörte ein Geräusch an der Tür. Angelo kehrte heim. Lächelnd ging sie ihm entgegen.
    *
    Die Begegnung mit Onkel Hans hatte Anna aufgewühlt. Und die Aussicht, bei der Vermarktung der Kunstsammlung behilflich sein zu können, euphorisierte sie geradezu. Doch noch waren die Gemälde nicht verkauft und sie war pleite. Sie musste Geld auftreiben, bevor die Bank ihre Drohung wahr machte und das Konto ganz sperrte. So sprach sie trotz allem im Keep-out vor. Der Job als Kellnerin war noch immer frei.
    Â»Du kannst Montag anfangen«, meinte der Wirt. »Wir brauchen jemanden für die Abendschicht draußen. Der Biergarten ist in einem schönen Sommer immer rappelvoll. Tagsüber brauchen wir nicht regelmäßig Hilfe. Am besten ist, wir rufen dich bei Bedarf und rechnen dann stundenweise ab.«
    Die flexible Arbeitszeit gefiel Anna gut und sie schlug ein.
    Da sie schon einmal in der Stadt war, bummelte sie über die Einkaufsmeile und betrachtete in den Schaufenstern die Dinge, die sie sich niemals würde leisten können. Kleider, die so ganz anders waren als die, die sie auf dem Leib trug, Einrichtungsgegenstände, die zu nichts nutze, aber dennoch schön waren, echt goldenen Schmuck und schimmernde Zuchtperlen.
    Was soll’s?, dachte sie, während ihre Finger ihre Halskette aus dem Ethnoladen verknoteten. Die Reichen sind auch nicht glücklicher als ich.
    Mit einem Mal fühlte sie sich beobachtet. Sie versuchte, in den Schaufenstern einen Hinweis auf einen Verfolger zu finden, drehte sich plötzlich um, sah aber nichts, was ihren Verdacht bestätigte, schalt sich hysterisch, rief sich zur Disziplin. Doch das beklemmende Gefühl wich nicht.
    Sie beschleunigte ihren Schritt und steuerte das Parkhaus an, in dem ihr Auto stand. Sie steckte das Ticket in den Kassenautomaten und bezahlte.
    Die Vorstellung, allein mit dem Aufzug in die Tiefe zu fahren, erfüllte sie mit Panik. Als eine Gruppe von mehreren Leuten die Treppe nach unten nahm, folgte sie ihnen, stieg rasch in ihr Auto und fuhr nach Hause.
    Du mutierst langsam zu einer komischen Alten, schalt sie sich. Gut, dass Onkel Hans wieder da war. Er würde ihrem Leben eine neue Wendung geben.
    Auf die Beschäftigung mit seiner Sammlung freute sie sich sehr. An einige Bilder erinnerte sie sich gut. Onkel Hans hatte sie ihr gezeigt, da war sie noch ein Kind gewesen, und daraus ein Geheimnis gemacht. Es waren keine großen Formate, sondern kleine Bilder, die angeblich alle aus dem 17.   Jahrhundert stammen sollten. Blumen, Landschaften, häusliche Szenen und pralle Stillleben, die sie erschreckten. Als kleines Mädchen war sie dabei zwischen Sensation und Abscheu hin- und hergerissen. Ausgeweidete Böcke und blutbefleckte Hühner wirkten so plastisch, dass es abstoßend war. Dafür waren die üppigen Blumenarrangements so voller Anmut, dass man nach ihnen greifen wollte. Hans hatte erklärt, dass die Bilder vom Leben der Menschen vor dreihundertfünfzig Jahren erzählten, ihrem Essen und Trinken, ihrer Kleidermode, ihren Vorlieben und Abneigungen.
    Sommerberg hatte ihr auch ein paar Symbole gezeigt, mit denen die Maler dem Betrachter geheime Zeichen über ihre Intention hatten geben wollen. Fast immer war es etwas Ermahnendes gewesen, was die Menschen disziplinieren sollte. Ein zarter Falter auf einem fetten Schweinebraten bedeutete zum Beispiel die stete Nähe des Todes und die Ermahnung, sich zu mäßigen. Entwurzelte und oder vom Blitz getroffene Bäume spielten auf die Flüchtigkeit des Lebens an, an die Wand gelehnte Schwerter prophezeiten kommendes Unheil. In fast jedem Bild gab es solche geheimen Botschaften, die nur Kenner entschlüsseln konnten.
    Ein Bild hatte Anna besonders gut gefallen: Es zeigte allerlei Leckereien inmitten einer eleganten Tischdekoration. Den Namen des Malers hatte sie vergessen, wusste aber noch den Titel: Stillleben mit Austern, Konfekt und Früchten.
    Auch auf diesem Werk, das in zurückgenommenen Farben gehalten war, hatte es jene

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