Schönes Leben noch! (German Edition)
gut. Sie wollte ihm gern die Meinung sagen.
Sie marschierte zum Schreibtisch und nahm das Telefon. „Jill Strathern hier“, meldete sie sich knapp.
„Jill, ich bin sehr froh, dass ich Sie gefunden habe. Hier spricht Roger Manson. Wie geht es Ihnen?“
Sie nahm den FedEx-Umschlag mit dem Angebot der Kanzlei aus San Diego in die Hand. „Es ging mir noch nie besser, Rog, und selbst?“
„Ich muss gestehen, dass ich mir im Augenblick ziemlich dumm vorkomme.“
Sie hatte mit vielem gerechnet, aber damit nicht. Gaben Seniorpartner überhaupt jemals zu, sich dumm zu fühlen?
„Ich rufe an, um Ihnen mitzuteilen, dass wir Lyle entlassen haben.“
Diese Nachricht stimmte sie milder. Sie mochte ihre Rachepläne hinter sich gelassen haben, aber das hieß noch lange nicht, dass sie Lyle alles Gute wünschte. „Wirklich? Warum?“
„Die Liste ist lang, und ich darf auch nicht über alles sprechen, aber ich kann Ihnen so viel sagen, dass er falsche Berichte in Ihre Dauerakte gelegt und Mandantenrechnungen gefälscht hat.“
Jill sank auf ihren Stuhl. „Er hat falsche Tatsachen über mich verbreitet?“, fragte sie.
„Ja. Er ist der Grund dafür, dass wir Sie gefeuert haben, Jill, und Sie sollen wissen, dass ich mich deswegen ganz elend fühle. Als Sie entlassen wurden, konnten viele von uns nicht begreifen, was geschehen war. Sie hatten exzellente Arbeit geleistet, und die Klienten bewunderten Sie. Unsere Mandanten vermissen Sie übrigens ganz fürchterlich. Auf jeden Fall haben wir eine interne Untersuchung eingeleitet.“
Er sprach weiter darüber, was alles passiert war, doch sie hörte ihm nicht mehr richtig zu. Stattdessen spürte sie, wie eine Blase des Glücks in ihr aufstieg, bis sie meinte, gleich an die Decke zu schweben.
Es war nicht ihre Schuld gewesen. Sie hatte nichts Falsches getan. Rehabilitation fühlte sich verdammt gut an.
„Wir wollen Sie zurückhaben“, sagte Roger.
Das holte sie mit einem Schlag zurück auf den Boden.
„Was?“
„Wir wollen Sie zurückhaben“, wiederholte er, „und mit einer beeindruckenden Gehaltserhöhung möchten wir Ihnen zeigen, wie leid es uns tut. Natürlich werden Sie befördert und bekommen ein hübsches Büro. Ein größeres, als Lyle es hatte. Bitte Jill, Sie werden doch darüber nachdenken zurückzukommen, nicht wahr?“
Sie fummelte an dem FedEx-Umschlag herum. „Eigentlich stehe ich schon mit anderen Kanzleien in Verhandlungen.“
„Das hatte ich befürchtet. Gibt es irgendetwas, das ich sagen oder tun kann, um Sie davon zu überzeugen, dass Sie zu uns gehören?“
„Ich werde mich diesbezüglich wieder bei Ihnen melden“, sagte sie.
Später, als sie aufgelegt hatte, ging sie zum Fenster und blickte auf die Straße. Lyle war weg vom Fenster. Gescheitert. Wenn er Kundenrechnungen manipuliert hatte, drohte ihm Berufsverbot. Lustig, dass er ohne ihr Zutun genau das bekommen hatte, was er verdiente. So viel zum Thema „er würde sie auszahlen“. Siehatte das untrügliche Gefühl, dass sie ihre Wohnung schon bald zum Verkauf anbieten würden.
Und jetzt? fragte sie sich. Welches Angebot sollte sie annehmen? Und warum machte sie der Gedanke, Los Lobos zu verlassen, auf einmal traurig?
Jill fuhr zurück zu Bevs Haus, um ihre Tante und Emily abzuholen.
„Du bist spät dran“, sagte Emily, während sie im Wohnzimmer herumtanzte. „Dein Dad ist schon weg und meinte, wir sollen uns beeilen. Sonst gibt es keine guten Parkplätze mehr.“
„Ich beeile mich“, versprach Jill, während sie nach oben flitzte, um sich umzuziehen. „Außerdem bin ich im Komitee“, rief sie aus ihrem Zimmer. „Wir bekommen Sonderparkplätze.“
Dann hätten sich die Stunden des Tütenvollstopfens wenigstens irgendwie gelohnt.
Sie zog sich aus und schlüpfte in einen Badeanzug. Nachdem sie sich die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, schmierte sie sich mit Sonnencreme ein, zog sich ein lockeres Sommerkleid über und schnappte sich die bereits gepackte Strandtasche.
Als sie aus ihrem Zimmer rannte, wäre sie beinahe mit Bev zusammengestoßen, die auf dem oberen Treppenabsatz stehen geblieben war. Sie sahen einander an.
Jill wusste nicht, was sie sagen sollte, um die Dinge zwischen ihnen wieder geradezubiegen. Sie wusste, dass ihrer Tante viel an Rudy lag. Zwar machte Jill deshalb keine Luftsprünge. Doch am meisten störte es sie, dass Bev sich beharrlich weigerte, die Wahrheit über die Machenschaften des Mannes zu sehen. Jill war mit ihrem
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