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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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Anfang. Komm schon, du weißt doch, wie das funktioniert.« Trudie strich sich ihren blonden Pony aus den Augen. All das Gebrüll hatte ihre Frisur ein wenig zerzaust. Es war richtig angenehm, sie zur Abwechslung mal nicht perfekt zu sehen. Ich gab es auf, sie verstehen zu wollen, und wandte mich wichtigeren Fragen zu.
    »Könnteich bei dir vielleicht einen Kaffee bekommen? Ich habe dir auch ein Croissant mitgebracht.« Ich gebe zu, ich sagte das hauptsächlich, um den Ausdruck blanken Entsetzens über Trudies Gesicht huschen zu sehen, als sie instinktiv vor der Bäckertüte zurückwich. Ich brauchte sie wohl kaum zu fragen, ob sie je meinem adretten Fremden im Anzug begegnet war – Trudie würde niemals den Fuß in eine Bäckerei setzen. Ich musste lachen. »Keine Sorge, man kann sich mit Kalorien nicht anstecken. Ich bin eigentlich
nur vorbeigekommen, um zu fragen, ob der Kaffeeklatsch heute stattfindet ...«
    »Also wirklich!«, schimpfte sie. »Ja, unser Kaffeekränzchen trifft sich nachher. Du kannst aber genauso gut auch gleich dableiben, dann erzähl ich dir schon mal was über die anderen. Wollen die Kinder Lola suchen?«
    Oliver zerrte bereits an seinen Gurten, so eilig hatte er es, die Dame des Hauses erneut mit seinen avancierten Kleinjungenfähigkeiten zu beeindrucken. Also befreite ich ihn aus dem Buggy und nahm Maddie auf den Arm. »Wo ist Lola denn?«, fragte ich in der Hoffnung, sie möge sich während des Gebrülls außer Hörweite befunden haben. »Ach, die räumt gerade ihren Kleiderschrank auf. Du weißt schon, sie kombiniert ihre Kleider mit den richtigen Strumpfhosen und so.«
    »Wirklich? Nein! Weshalb sollte sie so etwas tun? Das habe ja selbst ich noch nie gemacht, und ich bin erwachsen ...« Ich lachte.
    Dieses Mal blickte Trudie recht säuerlich drein. Über Farbabstimmung machte man keine Witze. »Sagen wir mal so, Lola weiß eben, dass sich ein gepflegtes Äußeres auszahlt.« Mit diesen Worten warf sie ihren seidigen Pferdeschwanz nachhinten und führte uns in ihre Küche, die so sauber war, dass man auf dem Küchentisch problemlos eine OP am offenen Herzen hätte durchführen können. Vermutlich auch auf dem Boden, im Spülbecken und in fast allen Schränken.
    Ich sah mich um und fragte mich im Stillen, ob ich je eine so ordentliche Hausfrau wie Trudie würde sein können. Nach zwei Sekunden wurde mir klar, dass das unmöglich war. Um so effektiv wie sie zu sein, musste ich das erst einmal für wichtig erachten, und ich konnte einfach nicht so tun, als seien glänzende Flächen lebensnotwendig. Gut, ich stand mit Dreck ebenso auf Kriegsfuß wie jede Mutter, aber ich fand, ein bisschen Unordnung ließ die Dinge natürlicher wirken.
    Trudie hingegen litt anscheinend unter einem gewissen Wischzwang. Kaum hatte ich die Tasse in der Hand, wischte sie bereits den kleinen Kaffeerand weg, den diese auf dem Tisch hinterlassen hatte. Ihr Spültuch war so neu und hygienisch, dass man die Packungsfalten noch erkennen konnte. Außer sie hatte es frisch gebügeh, was natürlich auch möglich war.
    »Großer Gott, die Putzfrau war seit Tagen nicht mehr hier. Sofort verwandelt sich alles in eine Müllhalde!«, schimpfte Trudie, während sie die spiegelblanken Arbeitsflächen abwischte. »Es hat trotzdem keinen Sinn, sie vor dem Kaffeeklatsch kommen zu lassen, denn hinterher herrscht hier sowieso Chaos«, sinnierte sie.
    »Wer kommt denn da heute so alles?« Ich rieb mir die Hände bei der Aussicht, noch mehr neue Freunde zu finden. Wirklich, ich konnte es kaum erwarten, mich in die Brüsseler Society zu stürzen. Vor meinem inneren Auge warf ich mich bei einem Rockkonzert von derBühne und wurde von den Händen glücklicher Fans weitergetragen. Eine stützende Gemeinschaft, das brauchte ich. Hoffentlich waren Trudies Freundinnen stark. Sicher trainierten sie alle genauso hart. »Wer ist die Lockerste?«
    »Die Lockerste? Nun, ich würde sagen, das bist du.« Ein Hauch von Missbilligung schwang in Trudies Stimme mit. »Alle anderen sind ein bisschen ... gestresst.«
    »Aber warum denn? Sie arbeiten doch nicht, oder? Können sie wohl kaum, wenn sie die Hälfte ihrer Zeit mit Kaffeetrinken verbringen. Nicht, dass daran was auszusetzen wäre«, fügte ich rasch hinzu, da ich niemanden beleidigen wollte. »Ich freue mich jedenfalls schon riesig.«Vielleicht klang ich nicht überzeugend genug. Trudie musterte mich nämlich eingehend, wobei sich eine kleine Falte zwischen ihren perfekt gezupften Brauen

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