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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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bildete.
    »Kann ganz schön hart sein, dieses Leben als mitgeschleppte Gattin.«
    »Als was? Mitgeschleppte Gattin? Den Ausdruck hab ich ja noch nie gehört. Lustig.« Augenblicklich stellte ich mir eine wehrlose Dame in zu eng geschnürtem Korsett vor, die von einem Mann im Anzug ruppig in sein Büro gezerrt wird. Oder vielleicht wollte er sie auch in einen Turm einsperren, während er zur Arbeit eilte. Ja, das schien wahrscheinlicher, zumindest wenn man Toms Maßstäbe anlegte.
    »Ich schätze mal, du fällst nicht unbedingt in diese Kategorie.« Trudie beäugte mich aufmerksam. »Aber ich bin sicher, du wirst es noch kennenlernen«, fügte sie nach einer kurzen Pause zweifelnd hinzu.
    »Aberwas, wenn ich mich nicht mitschleppen lasse? Wenn ich mir selber einen Job suche?«
    »Einen Job?« Trudie wich zurück, als hätte sie Hundekacke auf ihrem makellosen Boden entdeckt. »Das ist doch nicht dein Ernst?«
    »Na ja, ich dachte eben ... wenn ich was finde würde, das sich mit den Kindern vereinbaren lässt ...« Ich hatte mir da so ein kleines Szenario zusammengebastelt, in dem ich von allem das Beste mitnehmen konnte. Vielleicht war das hier der richtige Moment, es jemandem zu unterbreiten, Trudie sozusagen als Testperson zu missbrauchen, bevor ich die Idee so aufpolierte, dass ich sie Tom vorstellen konnte. »Ich dachte, ich könnte ...« Ich warf Trudie einen Blick zu, die kerzengerade auf ihrem Barhocker aus Chrom saß und mich anstarrte, als hätte ich die imaginäre Hundekacke in ihr Haus getragen. Aha, offensichtlich war sie nicht bereit, sich meine Pläne anzuhören. Ich musste wohl noch eine Weile alleine darüber brüten.
    »Hör zu, vergiss diesen ganzen Arbeitsunsinn.« Trudie wedelte so heftig mit der Hand, als wolle sie den Gestank unsauberer Geschäfte vertreiben. »Ich erzähl dir jetzt mal kurz was über die Mädels.« Nun war sie wieder in ihrem Element. Vertraulich beugte sie sich zu mir vor und begann mit einem meiner absoluten Lieblingseinleitungssätze: »Verrate bloß niemandem, dass ich dir das erzählt habe, aber ...«
    Zehn Minuten später hatte ich genug Geschichten über Eheprobleme gehört, um Paartherapeuten ein Leben lang zu beschäftigen. Plötzlich schien ein Umzug nach Brüssel das Schlimmste zu sein, was einer Ehe passieren konnte – auf dem zweiten Platz hinter demendgültigen Aus und dem Anruf beim Scheidungsanwalt.
    »Warum sind hier alle so unglücklich? Warum gehen alle diese Ehen in die Brüche?«, wollte ich verblüfft wissen.
    Trudie zuckte mit ihren knöchernen Schultern, wonach ihr Kaschmirtwinset geschmeidig an seinen Platz zurückfiel. »Schätze mal, das ist der Auslandseffekt. Du weißt schon, die Männer arbeiten zu viel, die Frauen zu wenig.«
    »Aber wenn das der Fall ist, was ist dann so falsch daran, sich einen Job zu suchen?«
    Trudie warf mir einen missbilligenden Blick zu und seufzte. »Du kannst einfach nicht erwarten, in den ersten paar Wochen hier alles zu bekommen. In ein paar Monaten wirst du's verstehen.«
    »Aber du bist doch selbst erst ein paar Wochen hier, hast du gesagt«, gab ich zurück.
    »Stimmt, aber zuvor hatte ich die gleiche Soße in einer ganzen Menge anderer Länder. Ich weiß inzwischen, wie's läuft.« Grazil nippte sie an ihrem Kaffee.
    Als ich gerade zu voller Widerspruchsform auflief – und auf einmal ahnte, weshalb sie und ihr Mann vorhin so gebrüllt hatten – ertönte das Ding-dong der Türglocke.
    »Was?! Die sind schon da! Und ich habe noch nicht mal geputzt!«, kreischte Trudie und blickte sich gehetzt in der glänzenden Küche um.
    »Red keinen Mist, wenn es hier drin noch sauberer wäre, würde einem das körperliche Schmerzen bereiten«, versicherte ich ihr, während ich eifrig hinter ihr zur Haustür trottete, um einen Blick auf potentielleneue Freundinnen zu erhaschen. Durch das kleine Glasfenster sah ich die erste Kandidatin. Gott sei Dank, sie wirkte beruhigend normal.
    Nach Trudies entsetzlichen Geschichten über Untreue und Krisen hatte ich als Gäste lauter Weinende Frauen ä la Picasso erwartet. Sally Johnson jedoch war eine stämmige Mittdreißigerin trockenen Auges, mit einem ganz gewöhnlichen Gesicht, in dem alles an seinem Platz saß. Sie trug praktische Jeans mit Strickpulli und hielt an jeder Hand einen identischen kleinen Jungen.
    »Hallo, Zwillinge!«, krächzte Trudie mit ihrer wunderbar rauchigen Stimme.
    »Mensch, Trudie, das sind Ben und Sam, und du weißt genau, dass wir sie nicht als Einheit

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