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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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anderen Frauen sollten doch wahrlich besser informiert sein?
    Zum Glück kam in diesem Moment Sally, die Strickpulliträgerin, mit nicht einer, sondern gleich zwei randvollen Windeln zurück in die Küche. Mit Leidensmiene winkte Trudie Sally herbei, klappte den Mülleimer auf, so weit sie nur konnte, und wandte den Blick ab.
    »Worum geht's? Lebensmittelmärkte? Ja, natürlich, hier gibt es einen ganz fantastischen. In der Nähe von Midi, jeden Sonntag. Pass aber auf deine Handtasche auf. Und dann ist da noch der bei den Abatoirs d'Anderlecht, und zwar jedes Wochenende. Da war ich selber noch nie, aber ich habe gehört, er soll beeindruckend sein. Obst, Gemüse und jede Menge wirklich frisches Fleisch.«
    Genau, was ich gesucht hatte. Ich bedankte mich bei ihr und nahm mir vor, zu Hause sofort die Karte zu studieren. Die anderen Frauen waren wohl erleichtert, dass eine aus ihren Reihen das Gewünschte hatte liefern können, und gingen nun zu entspannter Plauderrunde über. Es schien sich um ein nettes Grüppchen zu handeln. Klar, die meisten von ihnen hatten ihre Probleme, aber im Großen und Ganzen schienen sie mir angenehme Frauen mit Humor zu sein, die das Beste aus ihren ungewöhnlichen Lebensumständen machten. Es gab zum Glück kein Cliquengetue, eher im Gegenteil: Sie schienen sich über ein neues Gesicht zu freuen.
    Vielleichtwar es wie mit den Abatoirs d'Anderlecht, eine Frage von Frischfleisch. Und ich konnte das auch verstehen: der Aktionsradius der Ausländer hier schien etwa den Durchmesser eines 5-Pence-Stücks zu haben. Alle Ehemänner hatten Jobs, die irgendwie zusammenhingen. Wenn sie nicht für die Europäische Kommission direkt arbeiteten, dann für eine Institution, die damit verbunden war. Einige der Frauen arbeiteten immer noch halbtags, doch die meisten lebten in einer Welt, die aus Kindern und Tratsch bestand. Ruth, das Nervenbündel mit den Ohrringen und dem Anwalt, erklärte mir alles ein wenig genauer.
    »Die Sache ist die, wir sind hier nicht so recht auf dem Laufenden – so ähnlich, wie wenn man grade ein Kind gekriegt hat. Mehr noch als das, eher so, als würden wir alle ein bisschen steuerlos dahintreiben. Wir sind aus unserem Heimatland fort, aber mit diesem hier haben wir auch nicht wirklich viel am Hut.«
    Rachel, die mit einem Ohr ständig Richtung Haushaltsraum gelauscht hatte, um Stanleys kleinste Aufwachzeichen nicht zu verpassen, mischte sich nun ein. »Ich weiß, was du meinst, Ruth. Wer schaut schon belgisches Fernsehen, wen man BBC empfangen kann? Und wer liest eine belgische Zeitung, wenn man die englischen an jedem Kiosk bekommt? Kennt überhaupt jemand den Namen des belgischen Premierministers?«
    »Ich schon«, gab ich verlegen zu.
    »Verhofstadt«, sagte Sally gleichzeitig, woraufhin ich ihr aus Spaß »Gesundheit!« wünschte – sein Name klang für mich einfach immer wie ein Niesen.
    »Na, kein Wunder, dass du das weißt, Sally«, winkteRachel ab. »Schließlich ist dein Mann ja praktisch einer von denen.«
    Einer von denen? Ein Premierminister? Ein Belgier? Ein Außerirdischer? Was meinte Rachel nur? Ich sah Sally fragend an. »Rachel will damit sagen, dass Giles gewissermaßen der Kommission unterstellt ist, obwohl er noch für das britische Außenministerium arbeitet. Genau wie ich, bevor die Jungs kamen«, erklärte sie wehmütig.
    »Ich frage mich, ob unsere Männer sich vielleicht kennen? Meiner ist ...«
    »Tom Richardson, klar, wir lesen seine Kolumne. Die beiden essen übrigens heute zusammen Mittag, wusstest du das nicht?« Sally lächelte milde. Ich war baff. Sie kannte Tom? Irgendwie war das eher ein Schock als ein Trost. Denn wenn sie Tom kannte, was wusste sie dann über mich? Vielleicht war sie ja sogar über das Jane Champion-Debakel im Bilde, den wahren Grund, weshalb wir hier waren. Irgendwie war ich ein wenig sauer auf Tom. Natürlich hatte er dieses Mittagessen mir gegenüber mit keiner Silbe erwähnt – nicht, dass ich heute Morgen gewusst hätte, wer um alles in der Welt dieser Giles war, aber trotzdem. Er hätte es einfach sagen können. Sally plapperte munter weiter: »Ich glaube, Tom geht davon aus, dass Giles ihm bei irgendeiner Geschichte helfen wird, an der er gerade dran ist. An deiner Stelle würde ich ihm klarmachen, dass Giles' Job ihm zu viel wert ist, um irgendjemandem Insiderwissen weiterzugeben. Ums Vernebeln geht's schließlich im Außenministerium.«
    »Ach ja?« Meine Augenbrauen schossen in die Höhe.
    »Natürlich. Die Idee

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