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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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sprechen. Jo war die einzige Ex, die er immer noch regelmäßig sah. Es blieb ihm auch gar nichts anderes übrig, nachdem sie einen seiner besten Freunde geheiratet hatte. Die Situation blieb stets ein klitzekleines bisschen unangenehm – wie mit Kindern, die sich einmal so richtig danebenbenommen haben. Ich wusste zwar, sie würden es nicht wieder tun, aber andererseits musste ich sie als verantwortungsbewusste Mutter im Auge behalten. Und wann immer ich bemerkte, wie Tom ihren straffen Körper nachdenklich betrachtete, hoffte ich, dass er froh war, an meine üppige Brust entkommen zu sein.
    Auf sicherem, freundlichem Boden fühlte ich mich mit Jos Ehemann Charlie, der mir gegenübersaß. Wie Tom war Charlie zehn Jahre älter als seine Frau. Diese zehn Jahre hingen in fleischigen Falten an ihm herunter wie weiche Sandsäcke an einem Heißluftballon. Seine Ausmaße stammten von Arbeitsessen mit noch dickeren Geschäftspartnern. Charlie war wie ein gutgepolsterter Clubsessel, während Jo einem schlanken, biegsamen Bauhaus-Stuhl glich. Ich nahm mir vor, später mit Tom darüber zu sprechen. Wenn sie nicht aufpassten, würden Jo und Charlie einmal enden wie Dick und Doof. Ihre Hochglanzschlankheit sah neben seiner Leibesfülle ausgesprochen merkwürdig aus.
    Die Radcliffs dagegen passten wunderbar zusam men.Beide waren sportlich, freundlich und offenherzig. Penny arbeitete als Lehrerin und John war Arzt. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie jemals ernsthafte Eheprobleme haben würden. Und sollten sie durch eine irrwitzige Laune des Schicksals tatsächlich mal in eine Krise schlittern – natürlich hoffte ich inständig, dass das nie passieren würde –, dann würden sie es uns sicherlich sofort mit feuchten Augen erzählen. Ihre drei Kinder waren gerade dabei, ins schwarze Loch der Pubertät abzutauchen, und ich freute mich schon auf viele angeregte Gespräche über Pickel und Masturbation. Obwohl sich ihre Kinder wahrscheinlich noch unter stärkstem Hormonbeschuss als wahre Tugendbolde erweisen wurden.
    Die drei Männer, Tom, Charlie und John, waren gemeinsam zur Schule gegangen. Sie ließen sich zwar nicht dazu hinreißen, ihre Schulhymne zu singen oder von ihrer Hausmutter und deren Heilmittelchen zu schwärmen, aber es existierte eine enge Verbindung zwischen ihnen. Wir Frauen waren unabhängig davon Freundinnen geworden. Besonders seit ich Mutter war, hatte ich viel Kontakt zu Penny. Jetzt unterrichtete sie ja an einer schicken Montessorischule, aber eigentlich hatte sie als Krankenschwester angefangen. John war sie über einer Bettpfanne begegnet, als er noch Medizinstudent war und sie Krankenschwester. Ich fand es beruhigend für mich, dass Penny meine Kleinen wiederbeleben könnte, falls ihnen etwas zustoßen sollte.
    Mit Jo hatte ich abgesehen von ihren sporadischen Versuchen, mich zum Sport zu bewegen, nicht so viel zu tun. Sie arbeitete ja auch rund um die Uhr, vor allem in letzter Zeit, da ihr Ziel nur noch eine – perfekt geformte– Nasenlänge entfernt war. Jetzt, wo das Ende der Schufterei in Sicht war, wie Charlie angedeutet hatte, wirkte unser Treffen wie eine kleine Vorfeier. Obwohl es niemand aussprach – nicht einmal Penny und John, für die es besonders schwer sein musste, da sie grundsätzlich so offen und gesprächig waren –, wussten wir alle, dass wir auf Jos Partnerschaft tranken, als wir uns zuprosteten, zunächst mit Champagner, dann mit Rotwein, Portwein und schließlich einem richtig alten Vin Santo, einem Andenken an eine weit zurückliegende Toskanareise. Diese staubige Flasche, auf die ich bei der Suche nach einer bestimmten Tischdecke gestoßen war, hatte mich spontan zu dem Hauptgang aus Rindfleisch mit Möhren inspiriert, den ich »Toskanischer Eintopf« getauft hatte. Die Stimmung war gelöst:Tom war in Bestform und begeisterte alle mit seinen anschaulichen Beschreibungen aus den Kulissen von Westminster. Ich war ganz hingerissen davon, wie er unsere Partygäste in der Hand hatte und instinktiv wusste, wie er sie am besten unterhalten konnte. Und es lag nicht nur daran, dass wir sie schon ewig kannten –Tom konnte jeden für sich einnehmen. Das war wirklich eine Gabe. Deswegen traf es mich gänzlich unvorbereitet, als die Sache plötzlich aus dem Ruder lief.
    Alle waren völlig entspannt, und Charlie schien sich so wohl zu fühlen, dass er halb auf dem Tisch lag. Wir sprachen gerade über andere gemeinsame Freunde. Die Männer hatten eine schier zahllose Schar von

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