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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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Vergnügen.

4

    Die Zeit zum Kitzeln war definitiv abgelaufen, als ich es am nächsten Morgen endlich an meinen Schreibtisch geschafft hatte. Eigentlich habe ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln immer Glück, und das brauche ich auch, weil ich meistens zu spät dran bin. Aber heute hatten sich die U-Bahnen, die normalerweise mit offenen Türen auf mich warten, und die Busse, die mich sonst zuverlässig und in Windeseile durch die Stadt befördern, gegen mich verschworen. Erst fünfzehn Minuten nach Beginn der offiziellen Bürozeit spuckten sie mich wieder aus. Das war doppelt ärgerlich, denn ausnahmsweise konnte ich es kaum erwarten, mich an die Arbeit zu machen – an die Jane Champion-Story.
    Denise, ein menschlicher Bewegungsmelder, funkelte mich an, sah demonstrativ auf ihre Armbanduhr und hielt sie sich mit großer Geste ans Ohr, als ich hereingerannt kam. Doch heute machte es mir nichts aus, bei Denise in Ungnade gefallen zu sein. Heute hatte ich einen Trumpf im Ärmel. Ich würde nur schnell meine Tasche fallen lassen und sie dann über meine Entdeckung von Jane Champions schwangerer Eheschließung informieren.
    Kaum hatte ich meinen Platz beim Kopierer erreicht undden PC eingeschaltet, schwebte auch schon Gemma heran. Zugegebenermaßen sah sie in ihren Jeans, die so eng waren, dass sie wahrscheinlich Narben hinterließen, zum Anbeißen aus.
    »Schön, dich doch noch zu sehen. Du musstest dir wahrscheinlich erst ein Herz fassen, ehe du kommen konntest«, sagte sie, während ich so tat, als würde ich meine Mauls durchsehen. Gleichzeitig wünschte ich mir sehnsüchtig, sie würde verschwinden, damit ich endlich anfangen konnte.
    »Hm, Gemma. Was gibt's denn? Hast du heute nichts zu tun? Keine Sorge, du wirst bald herausfinden, wie man seine Zeit totschlägt«, meinte ich leichthin und schnappte mir die Zeitung. Als Erstes sah ich einen riesigen doppelseitigen Artikel mit einem großen Foto der Verfasserin, einer dünnen, grinsenden Person, die ich nur zu gut kannte: Gemma Crampton. Herrgott noch mal! Das sollten doch eigentlich meine Seiten sein! Das heißt, die Seiten für den Artikel von Louise und mir über die Fußballerfrauen. Anscheinend war Denise eingefallen, dass sie die Arbeit ihres Töchterchens besser fand als unsere. Und das nach der ganzen Mühe! Ich war doppelt froh, dass es Louise gewesen war und nicht ich, die in der Kälte herumgestanden hatte, um beim Fußball zuzuschauen. Also, was hatten sie stattdessen hineingenommen? Mein Blick wanderte über die Seite, vorbei an dem lächerlich großen und schmeichelhaften Foto von Gemma. »Gemma Crampton über die Kunst des Zeitmanagements«, las ich verdrossen.
    »Genau. Ich war bei einem Kurs. Mir würde es nie passieren, dass ich zu spät zur Arbeit komme. Es gibt da ganz wundervolle Techniken. Für euch Ältere ist dasnatürlich nicht so leicht zu verstehen. Kein Wunder. Wenn man erst mal über dreißig ist, sterben jeden Tag Hunderte von Gehirnzellen ab, wusstest du das? Aber mach dir keine Sorgen. Wenn du meinen Artikel langsam und aufmerksam liest, kapierst ihn vielleicht trotzdem«, sagte Gemma zuckersüß. Dann zog sie ein KitKat aus der Tasche und wickelte es lässig aus. Sie brach es in zwei ungleiche Hälften, so dass ein goldener Krümelregen auf meine Tastatur rieselte. »Magst du ein Stück?«
    Na, das gefiel mir schon besser. Gerade als meine Meinung von Gemma ins Bodenlose zu sinken drohte, bewies sie unerwartete Qualitäten. Ich lächelte ihr zu und streckte ganz automatisch die Hand nach dem angebotenen Stück aus. Da riss sie das KitKat plötzlich wieder weg und versteckte es hinter ihrem Rücken. Also ehrlich. Ich fand sie so schon schlimm genug, aber mir die Schokolade wegzunehmen! Sie musste noch sehr viel lernen.
    »Böse, böse Bella! Hast du es etwa vergessen?«, fragte sie und drohte mir mit dem Finger.
    Ich starrte sie fassungslos an. »Was?« Gemma machte mich mit ihrem blöden Gegrinse schier wahnsinnig. Sie schien noch nie so glücklich gewesen zu sein.
    »Also wirklich, Bella. Was ist heute für ein Tag?«
    »Hm, Montag«, murmelte ich. Und dann fiel es mir plötzlich wieder ein. Der verdammte Misttag ohne Schokolade! Heute! Vielleicht hatte sie mit den Gehirnzellen ja recht. Am Wochenende hatte ich bei dem Gelage sicher eine ganze Wagenladung davon vernichtet. Und über meiner Jane-Champion-Entdeckung hatte ich das Schokoverbot total vergessen. Auch wieder gut, sonsthätte das mein Wochenende total ruiniert. Auf

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