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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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Blick auf mein Schokodossier zu werfen, das ich fein säuberlich auf dem Sofatisch bereitgelegt hatte. Achtlos warf er seine alten Zeitungen darauf und schaltete den Fernseher an, um dann wie besessen durch die vielen seltsamen europäischen Kanäle zu zappen, die unser Kabelanschluss ins Haus holte.
    »Himmel, was für ein Tag! Weiß der Geier, wo die Zeitung immer diese Idioten rekrutiert. Die Hälfte von denen scheint nicht mal zu wissen, wo Brüssel liegt, ganz zu schweigen davon, was hier vor sich geht«, grummelte er.
    »Wein?« Ich reichte ihm ein Glas und schubste dabei die Zeitungen von meinem Computerausdruck.
    »Gerne. Kinder okay?«, erkundigte er sich und sah dabei kaum von einem kuriosen deutschen Bühnenstück auf. Dann legte er seine Füße direkt auf meinen Schokoladenbericht.
    »Äh, könntest du deine Schuhe da vielleicht runternehmen?Das ist mein Schokoladengutachten«, bemerkte ich spitz.
    »Gutachten? Was für ein Gutachten?«, fragte er geistesabwesend. Das deutsche Stück schien ihn zu langweilen, und so schaltete er zur italienischen Rai Uno um. Dort präsentierte gerade ein seriös gekleideter Mann mittleren Alters eine Quizshow, assistiert von einem blonden Teenager in einem silbernen Bikini, der in der Wäsche eingegangen zu sein schien. Hm, das musste wirklich der Kochwaschgang gewesen sein, dachte ich, während sie herumhüpfte und ihre Brüste dabei aus der Halterung quollen wie Kätzchen aus einem Weidenkorb.
    »Das Gutachten, an dem ich die ganze Nacht gearbeitet habe«, antwortete ich, während Tom stur auf den Bildschirm starrte. Ich riss ihm die Fernbedienung aus der Hand und schaltete aus.
    »Was zum ...? Ach, die Schokolade. Sieh mal, Bella, es tut mir wirklich leid, aber ich habe heute ein paar Absätze drüber geschrieben, um das vom Tisch zu kriegen. Ich habe dieses Gutachten dann doch nicht gebraucht. Hoffentlich hast du nicht zu viel Zeit damit vergeudet. Was gibt's zum Abendessen?«
    Ich stand auf. Mann, war ich sauer. Mir war bewusst gewesen, dass es in meinem neuen, arbeitsfreien Leben einige schmerzhafte Umstellungen geben würde. Aber ich würde verdammt noch mal nicht zulassen, dass mein Mann mich nicht mehr ernst nahm. Schließlich hatte ich hart für diesen Bericht gearbeitet. Er hätte das blöde Ding ja wenigstens mal lesen können. Also marschierte ich in die Küche und knallte die Tür hinter mir zu.
    Tom spürte wohl meine Wut. Denn während ich noch lautstark am Spülbecken hantierte, kam er herein,lächelte mich gewinnend an und schlang dann die Arme um meine warme Taille. Allein schon der Soundeffekte wegen schlug ich noch eine Weile mit dem Kartoffelschäler auf dem Milchtopf herum, doch mein verräterischer Körper reagierte sofort auf seinen. Mhm, es fühlte sich so gut an, umarmt zu werden. Mein Rücken schmiegte sich gierig an die Wärme seiner Brust, und das gleichmäßige Pochen seines Herzens beruhigte meinen hektischen Puls. Ich legte den Schäler zur Seite und lehnte mich verträumt nach hinten, um mich ganz dem Gefühl hinzugeben.
    »Wenigstens eine gute Neuigkeit heute. Ich habe von einer wirklich großen Story Wind bekommen.«
    »Das ist ja super, mein Schatz.« Sofort vergab ich ihm alles. Schließlich war es für Tom nicht leicht, so abrupt in die Rolle des alleinigen Brötchenverdieners katapultiert zu werden, noch dazu in einem fremden Land.
    »In der Tat. Könnte so groß werden wie deine Jane-Champion-Geschichte. Natürlich ehe sie geplatzt ist«, fügte er hinzu.
    Aua! Es fühlte sich an, als hätte er mich mit einer Mistgabel in die weiche Flanke gepikt. Ich löste mich aus seiner Umarmung. Schon ein oder zwei Mal zuvor hatte ich plötzlich das Gefühl gehabt, dass Tom ziemlich neidisch gewesen wäre, wenn meine Story damals nicht so den Bach runtergegangen wäre. Schließlich hatte ich mich aus meinem üblichen Revier, der Welt der Reichen, Schönen und Berühmten, herausgewagt, in seinem Revier gewildert und dabei noch die größte Enthüllung seit langem zutage gefördert. Wahrscheinlich wäre es schon seltsam gewesen, wenn das nicht ab und zu ein wenig an ihm nagen würde.
    Natürlichhatte er nie ein Sterbenswörtchen in dieser Richtung verloren – das war nicht seine Art. Seine unfehlbaren Manieren hielten eine Menge unfeiner Gedanken in Schach. Und sehr schnell war ja uni mich herum alles zusammengebrochen, so dass ich nun zu bemitleiden statt zu beneiden war. Dieser Kommentar eben in der Küche stimmte mich jedoch nachdenklich.

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