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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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reichen. Glauben Sie mir, egal wie oft man Ihnen versichert hat, die seien »frisch«, es ist nicht dasselbe. Nein. Näher als durch echte, knusprige, goldene Croissants, die gerade von einem belgischen Bäcker aus dem Ofen geholt wurden, können wir Normalsterblichen dem Himmel nicht kommen. Also trabten wir jeden Morgen von der Gier getrieben los, und ich schob unser Doppelbuggy-Schlachtschiff die nötigen paar hundert Meter bis zur Hauptstraße.
    Die Bäckerei selbst war ebenfalls nicht zu verachten. Von außen sah sie nicht besonders beeindruckend aus, doch drinnen lachten einem überall üppige Körbe vollerHefebrote und Croissants entgegen. Am Eingang gab es leere Körbchen, die von den Kunden randvoll mit Köstlichkeiten beladen werden konnten. Das Bäckerehepaar führte sein Geschäft mit solch feierlichem Ernst, dass ich beim ersten Besuch schon dachte, ich sei in einer Kirche gelandet. Entscheidungen zwischen einem coque suisse (einem runden, rosinengespickten Gebäckstück) und einem croissant aux amandes wurden in ehrfürchtiger Atmosphäre getroffen. Kein noch so unentschlossener Kunde wurde je gehetzt. Hin und wieder kam es jedoch vor, dass Monsieur und Madame sich kurz ansahen und lächelten. Dann füllte sich der Laden mit einer Wärme, die absolut nichts mit den Backöfen im Hinterzimmer zu tun hatte.
    So war die Bäckerei rasch zu einem angenehmen Ritual geworden, voller Trost und natürlich köstlichem, gesundem, lockerem Blätterteiggebäck. Bis eines Morgens etwas passierte, das noch viel aufregender war als ein schokoladengefülltes Croissant.
    Wie immer zog ich rückwärts den Buggy durch die Ladentür. Der Geruch nach Teig, einer Prise uderzucker und einem Kringel Schokolade entwich in die frische Morgenluft und ließ die Tauben der Umgebung fast in Ohnmacht fallen. Geduldig reihte ich mich in die Schlange ein, in der ich inzwischen andere Stammkunden wiedererkannte. Ein alter Mann mit violett geädertem Gesicht kaufte zum Beispiel immer ein einzelnes Croissant, das einsam in seiner Tüte landete. Außerdem gab es da noch die andere junge Mutter, die ich gerne zur Freundin gewinnen würde, wenn erst mein Französisch besser war. Sie kaufte stets einen Laib von etwas, das sich cramique nannte.
    Plötzlichschwang die Tür wieder auf, und ein edel gekleideter Geschäftsmann betrat den Laden. Marke Cary Grant. Marke George Clooney. Sex im Anzug, wenn man so will. Er sah aus, als müsste ihm von Rechts wegen eine Horde Nymphen das Frühstück ans Bett bringen, doch stattdessen stand er hier in unserer bescheidenen Backstube. Die andere Mutter und ich richteten uns sofort auf, und sie zog den Bauch ein. Ich schnappte mir rasch eines meiner Schätzchen – schließlich hatte ich längst herausgefunden, dass ein geschickt platziertes Kind so manches Speckröllchen kaschieren kann. Während wir ihn mit offenem Mund anstarrten, marschierte er direkt zur Theke und gab seine Bestellung auf. Im Prinzip drängelte er sich schamlos vor, doch machte uns das was aus? Nun ja, dem älteren Herrn vielleicht schon, aber wir zwei Mütter bedauerten nur, dass er sich vordrängelte, statt sich an uns zu drängen. Das Mädchen, das bediente, musste eine Nichte der Besitzer sein. Seit seinem Erscheinen hatte sie plötzlich zwei linke Hände bekommen, denn sie ließ sein Wechselgeld zweimal in einen Korb mit Bonbons fallen. Dadurch blieb ihr genug Zeit, hilflos zu kichern und ihn mit ihren beeindruckenden Wimpern anzuklimpern. Als er sich schließlich mit seiner kleinen Papiertüte und dem Wechselgeld an mir vorbeischob, konnte ich nicht umhin, ihn mit voller Wattzahl anzustrahlen, bevor ich selbst meine Bestellung aufgab. Während des Wartens hatte ich mein Sprüchlein geübt, um mich nicht zu blamieren, und so bekam er noch mein schönstes Französisch zu hören, bevor sich die Tür mit einem bedauernden Seufzer hinter ihm schloss. Als er weg war, wirkte der Laden plötzlich leer und trostlos. Selbstdie Weidenkörbe voller mit Puderzucker bestäubter pains au chocolat schienen weniger köstlich als noch während seiner Anwesenheit.
    Dank meiner gedankenverlorenen Schiebegeschwindigkeit waren wir auf dem Heimweg etwas später dran. Ein Teil von mir befand sich ob des Anblicks eines solch attraktiven Mannes am frühen Morgen immer noch in Aufruhr – und der andere Teil fragte sich leicht verwirrt, was das über mich, meine Ehe und meine Moral aussagte. Ich sollte doch andere Männer nicht mal wahrnehmen, ganz zu

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