Schokolade für dich (German Edition)
die für sie arbeiten und auch Familie haben?“
Okay, das war nicht so ganz von der Hand zu weisen. „Junge, jeder trägt Verantwortung.“
„Wahrscheinlich hast du recht“, gab er zu. „Aber ich möchte trotzdem nicht Icicle Falls’ Traummann Nummer eins werden.“
Nicht dass er es geworden wäre. Im Moment war er wohl alles andere als Samantha Sterlings Traummann. Aber irgendwie, irgendwann würde er etwas tun müssen, um das zu ändern.
Trauer war eine schwere Last, aber Schuldgefühle waren noch viel schlimmer, und Muriel hatte das Gefühl, diese Last nicht länger tragen zu können. Ihre armen Töchter arbeiteten so hart daran, das Durcheinander in Ordnung zu bringen, das sie angerichtet hatte. Jetzt musste sie ihren Teil dazu beitragen.
Aber wie? Von geschäftlichen Dingen hatte sie keine Ahnung. Ja, sie hatte hin und wieder für Sweet Dreams gearbeitet, aber niemals hatte sie mit Dingen zu tun gehabt, die zur Unternehmensführung gehörten. Ihr wichtigster Job war die Familie gewesen. So war es immer noch, und sie musste ihren Töchtern helfen, Sweet Dreams aus den schwarzen Zahlen zu holen. Oder war es aus den roten? Wie auch immer, sie verstand zwar nichts vom Geschäft, hatte aber eine gute Menschenkenntnis. Sie hatte viele Freunde hier in der Stadt. Menschen, die ihr helfen würden, wenn sie sie darum bat.
Cecily war zu Samantha gegangen – Muriel wusste nicht, weshalb, aber wahrscheinlich hatte es mit dem Festival zu tun. Also gehörte das Haus ihr.
Vor ein paar Wochen hätte sie diese Zeit allein dazu genutzt, um sich Fotos anzuschauen, zu schlafen oder zu weinen. In letzter Zeit hatte sie genügend Tränen vergossen, um den WenatcheeRiver zu überfluten. Nachts war es am schlimmsten. Immer wenn sie ins Bett ging und niemand sie in seine starken Arme nahm, spürte sie den Verlust am heftigsten. Jedes Mal, wenn sie versuchte, das große Bett auszufüllen, wurde sie daran erinnert, wie verloren sie sich fühlte.
Aber jetzt, bei Tageslicht, hatten wichtigere Probleme Vorrang. Wenn sie die Firma nicht retteten, brauchte sie sich keinen Kopf mehr über das große Bett oder über dieses Haus zu machen. Das Haus wäre weg, genau wie die Firma, die ihre Großmutter gegründet hatte.
Es blieb keine Zeit mehr, um Trübsal zu blasen. Sie griff nach dem Telefon. Sie wusste zwar nicht, wie man eine Firma führte. Aber wie man Spenden eintrieb, wusste sie sehr wohl. Für die Spendentafel, die sie und ein paar Freundinnen vor ein paar Jahren in Zusammenarbeit mit der Icicle-Falls-Gemeinde ins Leben gerufen hatten, hatte sie schon öfter solche Anrufe getätigt, um Geld zu sammeln. Jetzt war es also wieder einmal an der Zeit, Telefonate zu führen. Dieses Mal, um persönliche Darlehen zu bekommen.
Sie würde bei Del Stone anfangen. Wenn er im nüchternen Zustand genauso interessiert an ihr war wie im betrunkenen, würde er statt großer Worte vielleicht ein bisschen Geld für sie rausrücken, um ihr zu helfen.
17. KAPITEL
Sei immer auf Überraschungen gefasst. So bist du stets für alles gewappnet und auf Probleme vorbereitet.
Muriel Sterling, Erkenne, wer du bist: Eine Frau geht ihren Weg
S amantha war ausnahmsweise mal vernünftig gewesen und hatte nichts von ihrer verräterischen romantischen Heldentat nach der Auftaktveranstaltung für den Traummann-Wettbewerb erzählt. Als Cecily sie also am Samstag wieder verließ, meinte sie, dass Samantha nur von einem Kater geplagt wurde und sich Sorgen um die Firma machte. Das war ja auch keine Lüge. Sie machte sich sogar große Sorgen. Diese jämmerliche Knutscherei mit Blake war nur die Krönung einer unglaublichen Serie von absurden Situationen gewesen.
Der Freitag war die reinste Tortur gewesen und der Samstag einfach nur anstrengend. Nachdem sie sich Samstagvormittag mit Cecily getroffen hatte, war sie durch alle Restaurants gezogen, um die besten Deals für das Festival auszuhandeln. Nebenher hatten sie die Betreiber dazu angehalten, sich spezielle Gerichte auszudenken, in denen Sweet-Dreams-Schokolade oder -Pralinen verwendet wurden. Sie hatte die lokalen Geschäfte aufgesucht, hatte sich bei den Skeptikern eingeschmeichelt und allen möglichen Leuten kostenlose Schokolade versprochen. Diese ganzen Bestechungen und Versprechen kosteten sie ein Vermögen. Wie kannst du dein Konto nur so schröpfen, schalt sie sich.
Schröpfen? Was gab es da noch zu schröpfen, wenn sowieso nichts mehr da war?
Am Sonntag brauchte sie dringend eine Erholungspause.
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