Schokoladenzauber - Roman
Seth Greenwood. Ich hatte ihn auf dem Treffen im Gemeindesaal gesehen. Er war groß und sah ziemlich furchteinflößend aus – bis er lächelte: Dann war er hinreißend, und man verstand, warum sie sich in ihn verliebt hatte. Sophy war mir schon gelegentlich bei Marked Pages begegnet. Sie winkte, aber Raffy warf mir nur einen finsteren Blick zu, drehte sich wieder um und warf seine Pfeile ziellos auf die Scheibe. Einer fiel herunter, und alle johlten, aber freundlich.
Ich hätte mich lieber zu ihnen gesellt, hier schien es viel lustiger zuzugehen. Als ich zu Davids Freunden zurückkam, erzählte Mel gerade, was die anderen bei Mann-Drakes Dinner verpasst hatten, obwohl die meisten ihn offensichtlich kannten, von hier oder aus London.
»Er gehört zur Linie der Drakes aus Devon, Darling!«, tönte Mel. Offensichtlich war es egal, wie abartig er war, Hauptsache, er stand im Who’s Who .
Alle fanden ihn »sehr unterhaltsam«. Angeblich wollte er kommende Woche eine Einweihungsparty geben und dabei zugleich eine magische Zeremonie oder etwas anderes – vermutlich etwas sehr anderes – abhalten, und alle schienen erstaunlich wild auf eine Einladung zu sein.
»Er hat das Wirtschaftsgebäude hinter dem Cottage umbauen lassen – er hat es uns nach dem Essen gezeigt«, erzählte Mel. »Die Ausstattung ist einem mithrischen Tempel nachgebildet, die Fresken dagegen sind Kopien von einem ganz bestimmten indischen Tempel – na, ihr wisst schon.«
Ich konnte es mir vorstellen.
»Wir dürfen ein paar Freunde mitbringen, also falls jemand von euch Lust hat …?«, bot sie an. »Das wird sicher amüsant, nicht war, David?« Sie schenkte ihm ein warmes, intimes Lächeln, das ganz deutlich gegen mich gerichtet war.
»Die Zeremonie wird vermutlich ein ziemlicher Blödsinn, aber Mann-Drake ist sehr unterhaltsam und ein toller Gastgeber«, stimmte er ihr zu und wandte sich dann an mich. »Diesmal könntest du mit mir hingehen, Chloe.«
»Oh, danke, nein«, sagte ich rasch. »Ich bin nicht so wild auf Partys.«
»Ich hätte erwartet, dass so etwas genau auf Ihrer Linie liegt – ist Ihr Großvater nicht Gregory Warlock, der all diese Schauermärchen schreibt?«, fragte Mel, und alle lachten höhnisch. »Nun, wenn Sie keine Zeit haben, kann David ja wieder mich zu seiner Begleiterin küren, oder, Darling?« Sie warf ihm einen Blick zu, der einer Helena von Troja würdig gewesen wäre und meinen Vormarsch augenblicklich gestoppt hätte – hätte ich eine Belagerung versucht.
»Schön, ich hoffe, ihr amüsiert euch«, sagte ich. »Aber würdet ihr mich jetzt bitte entschuldigen? Ich sollte meinen Besen holen und nach Hause fliegen – ich muss morgen früh raus.« Das war nur eine halbe Ausrede, denn ich wollte wirklich am nächsten Tag mit Zillah auf eine Esoterikmesse in Southport gehen.
David ließ sich gerne überreden zu bleiben. Es war noch so früh, dass er mich nicht nach Hause bringen musste, und außerdem machte sich Mel so offensichtlich an ihn heran, dass er sich kaum noch auf mich konzentrieren konnte.
Ich wollte so dringend fort, dass ich nicht einmal bemerkte, dass auch Raffy ging, bis ich draußen mit ihm zusammenstieß.
Wir lösten uns rasch voneinander, und er sagte sofort: »Tut mir leid, ich – ich gehe in die andere Richtung.«
»Aber ich könnte auf dem Heimweg überfallen werden«, wandte ich ein. »Könntest du das mit deinem Gewissen vereinbaren?«
Er sah unsicher zu mir herunter. »Das meinst du nicht ernst, oder? Hier kann dir doch nichts passieren?«
»Wer weiß?«, sagte ich, obwohl es in der Tat sehr unwahrscheinlich war und, glaubte ich Brummbart, mir ohnehin nichts passieren konnte, solange ich den kleinen Anhänger mit der goldenen Kakaobohne trug. Irgendetwas hatte er in deren Innerm verborgen, aber was, wie oder wann, blieb ein Rätsel. Es war wohl wie bei meiner Wunschschokolade – es war ganz einfach, wenn man wusste, wie es ging.
»Du brichst früh auf«, sagte Raffy, ging aber brav neben mir her, die Miene finster, die Hände tief in den Taschen seines langen schwarzen Mantels verborgen. »Du triffst dich wohl mit deinen Freunden im konkurrierenden Etablissement?«
»Nein, die beiden sind ins Kino gegangen. Das wäre ich auch, aber ich hatte David versprochen, ihn ein letztes Mal bei der Haussuche zu begleiten.«
»Das heißt – ihr habt das passende Haus gefunden?« Er sah mich mit unergründlichem Blick von der Seite an.
»Nein, und ich weiß nicht einmal, ob ihm das mit
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