Schokoladenzauber - Roman
meine Handlungsweise in der Zukunft ändern kann.«
»Wie beruhigend«, erwiderte ich trocken. Da Raffy offenbar nicht vorhatte, so bald wieder zu gehen, führte ich ihn ins Wohnzimmer und machte heiße Schokolade – zu meiner Beruhigung. Ich fragte nicht, ob er auch eine Tasse haben wolle, sondern machte sie einfach nach meinem Geschmack: dunkel und stark und sehr aromatisch – keine Milch, kein Honig, nichts Süßes.
Er stand am Fenster, als ich zurückkam und ihm die Tasse reichte. »Es ist wundervoll hier, wie ein geheimer Garten. Und ich sehe, du liebst Geranien«, sagte er.
Da sie in Dreierreihen hintereinander auf den Fensterbänken standen, bedurfte es nicht des detektivischen Spürsinns eines Sherlock Holmes, um das herauszufinden. »Duftpelargonien«, sagte ich, das war der korrekte Name. »Ich habe Apfel, Minze und Rosenöl, aber wenn ich erst einmal ein größeres Gewächshaus habe, in dem sie überwintern können, kann ich viel mehr Arten …« Ich brach abrupt ab. In meinem Enthusiasmus hätte ich beinahe vergessen, mit wem ich sprach. »Aber du bist nicht hier, um über Blumen zu reden, oder? Was willst du? Und setz dich doch, verdammt noch mal – ich bekomme schon einen steifen Nacken!«
Er gehorchte, kauerte sich auf den Rand der Sitzbank am Fenster und trank vorsichtig einen Schluck. Der Gedanke an Raffy hatte mich so lange verfolgt, dass ich kaum fassen konnte, dass er tatsächlich da war, in meinem Wohnzimmer, aus Fleisch und Blut. Er trug ein schwarzes T-Shirt, das mit einem weißen Klerikerkragen bedruckt war und eindrucksvoller wirkte als die eigentliche Tracht. Ein typischer Raffy-Touch.
Gerne hätte ich ihm etwas an den Kopf geworfen, bevorzugt die Tasse mit der heißen Schokolade, doch ich setzte mich bloß auf das kleine Sofa, zog die Beine unter mich und legte beide Hände wärmesuchend um meine Tasse, obwohl ich zuvor nicht gefroren hatte.
»Wir müssen die Luft reinigen, in einem kleinen Dorf wie diesem können wir uns nicht aus dem Weg gehen«, sagte er.
»Zumal du dich schon bei meinen besten Freunden eingeschmeichelt hast«, fauchte ich.
Überraschenderweise grinste er, wenn auch spöttisch. »Immer noch diese spitze Zunge, ganz die alte Chloe!«
»Nicht ganz die alte«, erwiderte ich gelassen, denn liebestoll war ich nicht mehr, das stand fest.
»Nein, wir haben uns wohl beide sehr verändert.« Er sah mich ruhig unter seinen schwarzen, geschwungenen Augenbrauen hervor an. »Ich hatte keine Ahnung, dass du in Sticklepond lebst, aber seltsamerweise musste ich an dem Tag, an dem ich mir das Pfarrhaus angesehen habe, an dich denken. Wahrscheinlich, weil du mir einmal gesagt hast, du würdest in Merchester leben, was ja nicht weit von hier ist. Und als ich in der Kirche war und versuchte, mich für oder gegen diesen Ort zu entscheiden, ist mir eingefallen, dass du in allen wichtigen Angelegenheiten die Tarotkarten befragt hast.«
»Das tue ich nicht mehr, die Tarotkarten hatten mir nie das Richtige zu sagen. Zillah legt sie noch – eine Verwandte, die bei uns lebt.«
»Ich habe sie gerade kennengelernt. Sie hat mich hereingelassen und mir sogar einen Tee gemacht. Wo ich auch hinkomme, überall bekomme ich literweise Tee«, fügte er ein wenig verzweifelt hinzu.
»Aber keinen wie Zillahs. Hast du davon getrunken?«
»Ja, weil sie mich die ganze Zeit im Auge behalten hat, und hinterher hat sie sich die Tasse geschnappt, als wollte ich euer Porzellan stehlen. Danach hat mir dein Großvater ein Glas von einem ganz speziellen Kräuterlikör angeboten.«
Wie ein Lamm auf der Schlachtbank! »Hast du den etwa auch getrunken?«
»Nicht nach dem Tee, und ich trinke sowieso kaum noch Alkohol, höchstens mal ein Bier. Aber hiervon könnte ich süchtig werden«, sagte er und nahm bedächtig einen weiteren Schluck Schokolade.
»Fühlst du dich gut?«, fragte ich drängend.
Er sah erstaunt auf. »Bestens. Wieso fragst du?«
»Oh, nur so … Brummbart hat Mr Merryman wohl sehr aus der Fassung gebracht.«
»Brummbart? So nennst du ihn? Nein, es war ein wirklich interessantes Gespräch. Ein sehr origineller und erstaunlicher Mann.«
»In der Tat«, stimmte ich zu.
»Es fasziniert mich sehr, wie die frühe christliche Kirche in England die heidnischen Rituale und Feste in ihren Kalender integriert hat, und Mr Lyon hat mir gesagt, dass die Ausstellung und der Museumsführer zu dem Thema viel zu sagen haben.«
»Das stimmt – ich habe den Führer Korrektur gelesen. Auch eine der
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