Schokoladenzauber - Roman
Raffy.
»David ist nur noch ein Freund, weiter nichts«, erwiderte ich knapp. »Felix spinnt manchmal.«
»Na gut«, sagte Raffy und stand auf. »Hör zu, Chloe, was geschehen ist, ist geschehen, das kann ich nicht ändern. Aber es tut mir wahnsinnig leid, und ich hoffe sehr, dass es dir eines Tags gelingen wird, mir zu verzeihen, weil ich dir ungewollt so wehgetan habe – so wie ich dir verzeihe.«
» Du verzeihst mir ?« Ich starrte ihn an.
»Ja – sind wir denn nicht beide gleichermaßen schuldig, dass wir der Liebe des anderen nicht genug vertraut haben, um Rachels Geschichte anzuzweifeln?«
»Manche von uns sind schuldiger als andere, und ich vergebe dir nicht , Raffy Sinclair!«
Einen Augenblick lang blitzten seine Augen auf, als würde er die Beherrschung verlieren, so wie der längst verschollene Raffy, den ich einmal geliebt hatte. Es hätte vielleicht sogar die Luft gereinigt. Aber er seufzte nur. »Es tut mir leid, dass du so empfindest, aber ich lasse dich jetzt in Frieden und gehe in die Kirche. Ich verspüre den Wunsch, für uns beide zu beten – am meisten aber für Rachel.«
Ich verspürte eher den Drang, Rachel zur Strafe für das, was sie mir – uns – angetan hatte, den Feuern der Hölle zu übereignen. Schließlich hatte ich mir nicht erst kürzlich ein neues Gewissen und den entsprechenden Moralkodex zugelegt.
»Ich würde nach dem Besuch bei meinem Großvater lieber für dich selbst beten«, riet ich ihm. »Du weißt doch: Wer mit dem Teufel frühstücken will, muss einen langen Löffel haben.«
Draußen hupte es. Ich stand auf und fühlte mich plötzlich steinalt. »Ich muss los, ich gehe mit einem Freund auf Haussuche.«
»Natürlich.«
Ich stellte einen Messingschirm vor das Feuer und nahm meinen Mantel von der Garderobe hinter der Tür, dann folgte mir Raffy durch die Werkstatt auf die Straße. Er blieb stehen, sah mit düsterem Blick auf mich herab, und ich blickte feindselig zurück.
»Gott segne dich, Chloe!«, sagte er schließlich und ging in Richtung High Street davon, vorbei an Davids rotem Sportwagen, den er gar nicht bemerkte, das dunkle Haupt gebeugt, die Hände in den Taschen vergraben.
Ich stieg mit bleischweren Gliedern wie nach einem Boxkampf in Davids Auto, und dass er mich mit Fragen löcherte, half auch nicht.
»War das nicht Raffy Sinclair? Mel Christopher hat mir erzählt, dass er der neue Vikar ist, aber ich hatte das für einen Scherz gehalten! Kaum zu glauben, dass jemand mit so einem Lebenswandel auf einmal zu Gott findet.«
»Mich hat es auch überrascht.« Das war die Untertreibung des Jahrhunderts. »Aber die Band hat sich bereits vor Jahren aufgelöst, und wahrscheinlich haben sie alle einen anderen Weg eingeschlagen. Ich glaube, Raffy ist schon seit einer ganzen Weile ordiniert.«
»Aber wieso war er bei dir? Du gehst doch nicht plötzlich in die Kirche, oder?«
»Er war bei Brummbart und hat wahrscheinlich gedacht, er sollte auch bei mir reinschauen. Er will wohl jeden Haushalt in der Gemeinde aufsuchen. Na, mich kann er jetzt von der Liste streichen.«
»Ich wette, anfangs wird er die Attraktion sein, und die Frauen drehen alle durch.«
»Ich nicht«, erklärte ich kategorisch, und David lächelte mich von der Seite an, als wir über die Neatslake Road fuhren, vorbei am Wegweiser in Richtung Stirrups.
»Nein, dein Typ ist er bestimmt nicht.«
»Also, welches Haus sehen wir uns zuerst an?«, wechselte ich entschieden das Thema. Ich sehnte mich danach, alleine zu sein und über jedes einzelne von Raffys Worten nachzusinnen, aber bis dahin musste ich gute Miene zum bösen Spiel machen.
Kapitel zwanzig
Gefallene Engel
U nd das war mir gelungen, ich hatte sogar auf Auto-Antwort umgeschaltet, und David hatte nichts gemerkt. Ihm habe der Nachmittag großen Spaß gemacht, erklärte er – was für mich, unter anderen Umständen, sicher auch gegolten hätte.
Erst später, als wir in einem Café am Kanal Tee tranken und das Für und Wider der beiden besichtigten Häuser diskutierten, ging mir auf, dass Brummbart Raffy womöglich schon verwünscht hatte, und dies wegen eines Unrechts, das sich als Folge von Leichtgläubigkeit und Dummheit herausgestellt hatte. Vielleicht sollte ich Brummbart, falls es noch nicht zu spät war, darüber aufklären? Aber andererseits konnte er Raffy nicht wirklich etwas antun, oder …?
Als ich in die Wirklichkeit zurückkehrte, ließ sich David gerade über Gästezimmer mit eigenem Bad aus, ein Thema, das mich
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