Schon wieder Greta!
Nacken gewachsen. Im Profil ein Dreitagebart auf gebräunter Haut. Das Hemd offen bis zur Brust. Darüber eine Lederjacke. Mona konnte gut verstehen, warum Greta diesen Mike nicht so schnell auf den Mond schießen wollte.
Aber - wo war Greta jetzt eigentlich?
Weg.
Sie konnte doch nicht vom Erdboden verschluckt sein – auch wenn sie sich das jetzt sicherlich gewünscht hätte.
Aber wo war sie dann?
Ihre Tasche war auch fort. Und ihr Bierglas auf dem Tresen war leer. Die anderen hatten Greta auch nicht gesehen. Alle waren in dem Gedränge der Kneipe in Gespräche verwickelt und niemandem war aufgefallen, wohin Greta verschwunden war. Mona bedeutete ihren Freunden, dass sie zahlen wollte und legte für sich und Greta einen Geldschein auf die Theke. Dann wandte sie sich zum Gehen, griff nach ihrer Jacke und warf nochmals einen Blick Richtung Mike. Unfassbar! So was gibt es doch eigentlich nicht. Da ist der Typ mit dieser Modelschnepfe unterwegs, erzählt Greta großartige Storys von seinem Bruder und Drogenproblemen und dann steht er hier in der Kneipe gegenüber am Tresen und schäkert rum. Kein Wunder, dass Greta abgehauen ist! Eigentlich müsste man dem Kerl echt mal die Meinung geigen. Oder? So was müssen wir uns doch nicht gefallen lassen.
Den Kopf gesenkt und in ganz Gedanken an Greta schob sich Mona Richtung Ausgang. Kaum hatte sie ein, zwei Schritte getan, da stolperte sie über irgendetwas am Boden. Beinah wäre sie gestürzt, sie konnte sich aber gerade noch abstützen und wollte schon losschimpfen, als sie sah, dass sie über ein Paar Füße gestolpert war - und zwar über ein Paar Füße, dass die gleichen Schuhe trug, die sie auch besaß.
Hey, schon wieder hat jemand meine Manolos an. Kann man jetzt auch nicht mehr tragen, wenn die jeder hat, ging es Mona durch den Kopf.
Dann erkannte sie die Person, die die Manolos trug. Die Person kroch auf allen Vieren Richtung Ausgang, schlängelte sich dabei durch die Beine der Gäste. Es war so laut und so voll, dass es wirklich niemandem auffiel. Absolut skurril, aber die Frau am Boden war tatsächlich - Greta. Mona beugte sich zu ihr hinunter.
»Was machst du da?«
»Ich krieche.«
»Ja, das sehe ich. Aber wohin willst du und warum gehst du nicht aufrecht?«
»Ich will hier raus und er soll mich nicht sehen. Bitte Mona, hilf mir. Ich weiß, wie bescheuert das jetzt aussehen muss, aber ich weiß sonst nicht, wie ich hier rauskommen soll.«
Mona überlegte. »Gut, Greta. Ich versuche dir eine Bahn frei zu machen. Wenn wir uns doch verlieren sollten, treffen wir uns draußen. Ich warte da auf dich.«
»Ja, bis gleich.« Greta kroch weiter auf dem Boden Richtung Tür.
Und irgendwie kam Greta tatsächlich auf allen Vieren aus der Kneipe raus. Draußen standen einige Raucher und das Bild, das Greta nun von sich gab, hätte original aus einer Sitcom stammen können: die Knie vom Bodenrutschen total dreckig, die Haare zum Mopp explodiert, die Jacke und Tasche hingen irgendwie an ihr dran. Nichts war da, wo es hingehörte. Greta wollte sich gerade etwas zurechtrupfen und -zupfen, da kam Mike mit der Modelschnepfe raus. Lachend, Arm in Arm, sie sahen sogar glücklich aus.
Oh Gott!
Der Moment, in dem Mike Greta erkannte, war für ihn wohl genauso schockierend wie für sie. Er erstarrte, aber nur einen kurzen Augenblick. Dann ergriff er das Wort. Greta blieb die Spucke weg. Sie starrte nur noch die Modelschnepfe an.
»Hey, Engel, was machst du hier?«, meinte Mike. »Hast du meine Nachrichten nicht erhalten? Warum hast du nicht geantwortet? Ich hab x-mal versucht, dich zu erreichen.«
»Weil ich keine Nachrichten bekommen habe! Und weil du nichts von mir gehört hast, hast du, wie ich sehe, dir dann gleich ein alternatives Abendprogramm mit Chopsticks ausgesucht, hä!« Greta deutete auf die langen Beine der Asia-Modelschnepfe.
Mike schüttelte den Kopf. »Nein, nein, du siehst das falsch. Das ist Lei-Ming, eine Freundin von Steve. Sie weiß viel über die ganze Sache, von der ich dir heute Morgen erzählt habe und wir hatten deswegen noch einiges zu bereden. Jetzt ist alles viel klarer. Ich kann dir alles erklären.«
Greta funkelte ihn an, ihr Blick schoss zwischen Mike und der Modelschnepfe hin und her. »Ach, hier in der Kneipe, da hattet ihr einiges zu bereden – mir ist jetzt auch einiges klar. Es ist mir ganz egal, wer das ist. Das sieht, ehrlich gesagt, alles ganz klar aus und du musst mir auch nichts mehr erklären. Ich komme zwar aus Europa,
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