Schottische Ballade
die Gesetzlosen zu unterwerfen“, erwiderte Eneas. „So groß Blantyre auch ist, es gibt nicht genug Platz für so viele Menschen. Die einflussreichsten Clanführer werden Gemächer in der Burg haben. Die von niederem Rang schlafen zu sechst oder zu acht in einem Raum auf Strohsäcken auf dem Fußboden.“
„Wo werden wir schlafen?“ fragte Rowena matt.
„Ich möchte wetten, dass Lord Lion einen gemütlichen Platz für dich findet... in seinem Gemach“, sagte Eneas bösartig.
Das würde er nicht wagen. Oder doch? „Ich werde den Burgvogt aufsuchen und bitten, ob ich auf einem Strohsack bei den Mägden schlafen kann“, sagte sie fest. Doch ihre Besorgnis wuchs, als sie unter den Spitzen des Fallgatters hindurch in den Innenhof ritten.
Der mit Kopfsteinen ausgelegte Hof war an allen vier Seiten von mächtigen grauen Mauern umgeben, der große Burgfried erhob sich fünf Stockwerke hoch wie ein steinerner Riese. Es schien ein heilloses Durcheinander wie in einem Bienenkorb zu herrschen. Einige der Männer übten sich im Umgang mit Schwert und Dolch. Ihre Flüche und Schreie hallten von den steinernen Mauern wider. Die aufeinander treffenden Waffen gefährdeten die, die versuchten, sich einen Weg hindurchzubahnen. Andere Männer tranken oder würfelten.
„Seht her, was Lion uns brachte“, brüllte eine raue Stimme. „Eine junge, gefällige Dirne.“
Alle hielten inne. Die Kerle senkten die Schwerter und glotzten. Die anderen hörten mit dem Spielen auf und beobachteten, wie Lion seinen Trupp bis an den Fuß der Haupttreppe heranführte. Dann kamen sie näher wie eine wilde Horde schreiender Männer.
Rowena rang nach Atem und erschauderte.
„Zurück!“ rief Lion. „Ihr alle.“ Wie eine Mauer standen seine Sutherlands mit ihren Tartschen und Schwertern hinter ihm. „Diese Leute sind meine Gäste.“ Lions fester, strenger Blick schweifte über die Menge. Einer nach dem anderen zuckten sie mit den Schultern und kehrten zu ihrem bisherigen Tun zurück.
Lion trat an ihre Seite. „Rowena, ich entschuldige mich für diese Männer. Sie stehen nicht unter meinem Befehl und ...“
„Sie scheinen dir zu gehorchen.“ Sie wich seinen ausgestreckten Armen aus, als er sie herabheben wollte, und glitt ohne Hilfe aus dem Sattel.
„Hör mir zu.“ Er legte seine Hände an den Sattel und zwang Rowena zwischen sich und das Pferd. „Blantyre ist kein sicherer Ort. Sei auf der Hut..." er neigte den Kopf zu ihr herab, „... damit du dich nicht plötzlich von einem dieser Wüstlinge bedrängt siehst.“
„Du bist der einzige Wüstling, vor dem ich mich hüten muss.“ Sie holte tief Luft und atmete den Duft ein, der unverkennbar zu Lion gehörte. Wie zum Hohn erwachten ihre Gefühle von neuem. Der enge Raum zwischen ihnen schien erfüllt mit einem eigenen Leben. Auch er fühlte es, seine Augen weiteten sich, und sein Atem ging erregt. Nein, sie wollte das nicht. Was zwischen ihnen war, war gestorben durch seine Abtrünnigkeit. „Lass mich vorbei“, sagte sie und wünschte sich, sie würde ruhiger klingen, weniger verzweifelt.
„Lion! Lord Lion!“ rief eine hohe, aufgeregte Stimme.
Lion wandte den Kopf. „Hier ist Donald Shaw, der Beschließer. Blantyre ist überfüllt, doch ich will zusehen, dass er ... “
„Wir werden unsere eigenen Vorkehrungen treffen“, sagte Rowena würdevoll und tauchte unter Lions Arm hinweg.
„Wir haben keinen Platz“, rief Donald, als er die Haupttreppe herunterkam. Sein kugelrunder Bauch wippte dabei. „Überhaupt kein Platz. Weder in der Burg noch im äußeren Burghof.“ Er blieb neben Eneas Gunn stehen, offensichtlich hatte er ihn als den Anführer der Neuankömmlinge erkannt. „Ihr müsst mit einem Zelt außerhalb der Mauern vorlieb nehmen.“
„Zum Teufel mit dir.“ Eneas sprang aus dem Sattel und blickte auf Donald hinab. „Ich bin Eneas Gunn, und ich habe wichtige Angelegenheiten mit dem Earl zu besprechen.“
Donald verschränkte die Arme über seiner feinen wollenen Tunika. „Lady Glenda, die Herrin von Blantyre, hat großzügigerweise dem Earl gestattet, die Burg zu seinem Hauptquartier zu machen, doch meine Herrin hat die Verantwortung auf der Burg. “ Er starrte zu Eneas hinauf. „Selbst wenn Ihr des Königs Bruder wäret, es gibt keine Lagerstatt mehr. Nicht einmal einen Strohsack, der ...“
Eneas packte Donald an der Tunika und schüttelte den armen Mann so sehr, dass dessen Kinn bebte. „Nun hör einmal zu, du kleiner ...“
„Lasst ihn
Weitere Kostenlose Bücher