Schottische Ballade
Vergangenheit beinahe wieder wett. Beinahe. „Und ich kann dir nur beipflichten.“ Sie rieb sich zufrieden die Hände und wandte sich um, um nach ihrem Pferd zu sehen.
Doch sie hatte vergessen, wie schnell er sein konnte. Er packte sie am Fuß und riss sie zu sich herab. Noch ehe sie sich aufrichten konnte, rollte er mit ihr herum und drückte sie fest auf den durchweichten Erdboden. In seinen Augen leuchteten Wut und ein Glitzern, das noch gefährlicher war. Er lächelte. „So ist es besser.“
Das Gefühl seines warmen, kräftigen Körpers, der Duft seiner Haut, der rasche Schlag seines Herzens waren so schmerzlich vertraut, dass sie an nichts anderes mehr denken konnte. Sie hatte geglaubt, alle Gefühle bis auf die Liebe zu Paddy wären in ihr erstorben. Es schien ihr wie Hohn, herauszufinden, dass nach sechs Jahren des Hasses Lion mit einer einzigen Berührung ihre Sehnsucht weckte und sie sich nach ihm zu verzehren begann.
„O Rowena, ich habe dich so sehr vermisst.“ Er senkte den
Kopf, sein warmer Atem strich über ihren Mund.
Hoffnungsvoll wartete sie auf seinen Kuss. Und was wäre dann? Sie war diesen Weg schon zuvor gegangen. Er versprach das Paradies, doch er führte in die Hölle. „Nein! “ Sie wandte den Kopf zur Seite und erschauerte, als seine Lippen ihr Ohr berührten.
„Du kannst dich nicht gegen das Unabwendbare wehren“, flüsterte er und begann, ihre Wange zu liebkosen.
Sie musste es. Verzweifelt kämpfte Rowena auf die einzige Art, die sie kannte. Als seine Lippen die ihren berührten, biss sie zu. Fest.
„Zur Hölle! “ Lion fuhr entsetzt zurück, Blut trat aus einer kleinen Wunde an seiner Unterlippe hervor.
Da spürte Rowena, wie der Erdboden erzitterte. Sie blickte auf und über Lions Schulter und sah einen Trupp Berittener herangaloppieren.
„Lion!“ rief einer von ihnen. „Ich dachte, du wolltest die Lady retten, nicht sie verführen.“
Lion erhob sich geschmeidig. „Spar dir das Mitleid, Bryce. Ich bin es, der geprellte Rippen und eine blutige Lippe hat. Haben wir Verluste?“
„Nein, wir haben die MacPhersons verjagt, ehe sie mehr tun konnten, als diese Leute zu erschrecken. Und wie geht es der Lady?“
„Mir geht es gut, dank Euch“, sagte Rowena rasch. Sie schüttelte den Staub von ihrer Kleidung und blickte die Männer an. Sie sah die Gunns dicht in dem Haufen zusammengedrängt. Eneas’ Enttäuschung, sie am Leben zu sehen, war offensichtlich. Einige der anderen wandten die Gesichter schamvoll ab. Und das sollten sie auch tun. Einfach davonreiten, um eine Dame und einen Jungen einer Horde von Wilden zu überlassen ... „Oh, mein Gefolgsmann“, rief sie. „Er wurde verletzt.“
„Ich werde ihn suchen“, sagte Lion und gesellte sich an ihre Seite.
Rowena wandte sich ihm zu. „Ich will deine Hilfe nicht.“
Ihre Bemerkung schien ihn zu verletzen. „Bryce“, rief er über seine Schulter. „Würdest du Lady Rowena helfen, ihren Gefolgsmann zu finden?“
Rowena stapfte den schlammigen Pfad entlang. Lion nach all den Jahren wieder zu sehen war ...
Schrecklich. Entsetzlich.
Und erregend.
Gefährlich erregend.
Das war es, was ihr am meisten Angst bereitete.
Bryce Sutherland wartete, bis die kleine Truppe mit ihm selbst und Lion an der Spitze sich in Bewegung setzte, ehe er auf die heikle Sache zu sprechen kam. „Wie ist es, Lady Rowena nach all den Jahren wieder zu sehen?“ fragte er seinen Vetter.
„Ich bin mir nicht sicher“, erwiderte Lion.
Das sagte der Mann, der immer kühn war, der immer wusste, welchen Weg es einzuschlagen galt, wie gefahrvoll die Lage auch war? „Es muss ein Schreck gewesen sein“, sagte Bryce. Zehn Jahre älter als Lion, war er ebenso Freund wie auch der Hauptmann der Führungstruppe, die all die Jahre in Frankreich unter dem Banner der Sutherlands gekämpft hatte.
„Ja. Als mir bewusst wurde, dass das Mädchen, das ich vor den MacPhersons gerettet hatte, Rowena war, wäre ich beinahe zu Boden gestürzt. Sie war nicht sehr erfreut, mich zu sehen.“ Seine tiefe Stimme klang aufgewühlt. „Und wer kann es ihr verdenken, glaubt sie doch, ich hatte sie schnöde ohne Schutz und Schirm zurückgelassen. “
„Hast du ihr nicht erklärt, was in jener Nacht geschah?“
„Sie wollte nichts davon hören.“
„Nun, vielleicht wird sie dir zuhören, wenn sie sich von dem Schrecken des Angriffs der MacPhersons und der Verwundung ihres Beschützers erholt hat. Hat sie dir gesagt, was sie hier will?“ Lion bewegte
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