Schottische Ballade
muss rasch handeln. “ Sie blickte in den Kessel neben dem Feuer und sah, dass er leer war.
„Ich habe meinen Knappen nach heißem Wasser und Trinkbranntwein geschickt“, sagte Lion.
Rowena biss sich auf die Lippe. „Ich muss die Tunika von seinem Leib schneiden.“
Kniend bot Lion ihr seinen Dolch. „Er ist sehr scharf, sei vorsichtig, was du damit tust, Mädchen.“
„In deiner Nähe immer.“
Ein blonder Bursche streckte den Kopf zur Tür herein. „Ich bringe die Sachen, die Ihr zu bringen befohlen habt, Herr.“
„Bring sie herein, Sim. Setz den Topf auf das Feuer, damit er heiß bleibt, und stell den Krug neben Lady Rowena.“
Sim tat, wie ihm geheißen, und erbleichte ein wenig, als er den Verletzten erblickte. „Ich werde draußen warten für den Fall, dass Ihr noch etwas braucht.“
Als Rowena Harrys Hemd aufgeschnitten hatte und den Verband abhob, den sie ihm auf die Wunde gelegt hatte, sank ihr Mut. Der Hieb hatte eine lange Wunde geschlagen, die von Harrys Arm quer über seine Brust bis zur Taille reichte. Zwei Rippen waren bloßgelegt. Es würde an ein Wunder grenzen, falls er überlebte.
„Lass mich die Blutung zum Stillstand bringen, während du Nadel und Faden fertig machst“, bot Lion an.
„Meinetwegen.“ Sie öffnete den Arzneischrank, durchstöberte ihn und holte Nadel, seidenen Faden und verschiedene Kräuter hervor.
Die Berührung der Nadel ließ Harry erwachen. „Mylady!“ schrie er und setzte sich ohne Vorwarnung auf.
„Harry! Du musst ruhig liegen!“ Rowena griff nach ihm, doch er stieß sie mit überraschender Kraft zur Seite.
„Ich muss Euch retten“, schrie er, die Augen wild und ausdruckslos.
„Beruhige dich, Bursche.“ Lion ergriff Harry an der Schulter und zwang den Jungen, ihn anzublicken. „Sie ist in Sicherheit. Hörst du? Wir kamen rechtzeitig. Ihr ist nichts zugestoßen.“
„Gelobt sei Gott.“ Harry sank unter Lions Griff zusammen und zitterte, als dieser ihn zurück auf das Lager bettete. „Hatte Angst um sie. “
„So auch ich.“ Lion hob einen Becher mit Trinkbranntwein an Harrys Lippen. „Mach einen tiefen Zug, Junge. Du hast einen kleinen Schnitt in der Seite, der genäht werden muss. Du wirst es viel leichter ertragen, wenn du das im Magen hast.“
Harry trank den Becher bis zur Neige und seufzte. Die Augen waren geschlossen, sein Atem ging ruhig.
„Du kannst anfangen“, sagte Lion leise. „Ich werde ihn für dich ruhig halten, denn wenn er erwacht, kann er sich noch mehr Schaden zufügen.“
Rowena sah ihn an. Sie war zu schwach an Körper und Seele, um gegen seine Hilfe anzukämpfen. „Ich danke dir“, sagte sie. Seltsamerweise blieben ihr diese Worte nicht in der Kehle stecken. Mit fester Entschlossenheit begann sie ihre Arbeit mit der Nadel.
Die Abenddämmerung war fast schon hereingebrochen, als Rowena Harrys Lager verließ. Sie war völlig steif und so müde, dass sie auf der Stelle auf dem Fußboden hätte einschlafen können. Felis war von einer erfolgreichen Geburt zurückgekehrt und bestand darauf, eine Weile bei Harry zu verbringen.
Als Rowena aus dem Krankenzimmer trat, löste sich Lion von der Mauer, an die er gelehnt war. „Harry?“ fragte er.
Rowena verkrampfte sich. „Es ist noch Leben in ihm. Warum bist du hier?“
„Ich sagte dir, dass ich in der Nähe bleiben würde.“
„Und ich sagte dir bereits vor Stunden, du sollst gehen.“
„Ich habe das Gemach verlassen, da meine Anwesenheit dich beunruhigte. Doch ich denke nicht daran, dich ohne Schutz zu lassen.“ Ehe sie ihn davon abhalten konnte, strich er eine lose Haarsträhne aus ihrem Gesicht.
Rowena zuckte zurück. Sie fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken, dass er die ganze Zeit in ihrer Nähe gewesen war. „Ich brauche keine Bewachung.“
Er lächelte spöttisch. „Du sagst das bloß, da du die Männer, die hier in Blantyre versammelt sind, nicht so genau kennst wie ich. Einige von ihnen haben das Benehmen von Schweinen.“
Er wollte sie beschützen. Der Gedanke daran war beruhigend und beängstigend zugleich. „Ich kann auf mich selbst aufpassen.“ Sie ging den Flur entlang, weg von ihm.
„Wirklich? Was für Angelegenheiten hast du im Quartier der Wachen zu erledigen?“
Sie hielt inne und wandte sich um. „Was?“
„Du bist auf dem Wege dahin.“
„Ich verstehe.“ Sie änderte die Richtung, huschte an ihm vorbei, ohne ihn zu berühren, doch die Hitze, die von ihm ausging, schien sie zu versengen. Sie wandte sich zur
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