Schottische Ballade
und Misstrauen. Sie begehrte ihn. Oh, wie sehr begehrte sie ihn. Sie verschloss ihre Gedanken vor der Vergangenheit und künftigen Ängsten und lebte einfach in der Gegenwart. Sie lebte für diesen Augenblick.
Sie fühlte, wie sich ihre Leidenschaft regte, ihr Busen drängte sich gegen seine Brust, ihre Knie drohten nachzugeben, als ein heißer Schauer sie durchfuhr. Eine wohltuende Erregung erfasste ihr geheimstes Inneres. Sie regte sich, suchte Erleichterung für ihren Schmerz. Seine Hand fuhr an ihrem Rücken hinab, und er presste sie an sich.
Stöhnend löste er seine Lippen von ihrem Mund und küsste ihren schlanken Hals. „Rowena. Oh, Rowena, es ist so, wie es immer war.“
Sie erschauerte und lehnte sich an ihn, rang nach Atem. Es war wie immer ... doch auch wieder nicht. Es konnte niemals wieder so sein. Sie waren nicht mehr dieselben. „Bitte geh“, flüsterte sie. Geh, ehe ich mich dir hingebe und für immer verloren bin.
„Rowena?“ Er hob ihr Kinn und starrte auf sie hinab. Sein Ausdruck wirkte in dem schwachen Licht, welches das Feuer im Kamin verbreitete, schmerzlich. „Was ist es? Warum schließt du mich aus, wenn ich genau weiß ...“
„Du weißt, warum. Meine Pflicht, mein Leben, gehören Paddy.“
Er ließ die Arme sinken und ging mit gebeugten Schultern zum Kamin. Niemals hatte sie ihn so mutlos gesehen. „Wir könnten einen Weg finden, wenn du ..."
„Nein. Ich gab mein Wort, dass ich Paddy unter den Gunns aufziehen werde, und das muss ich tun.“
Er umklammerte das Kaminsims, sein Körper zitterte, als er begriff, was sie gesagt hatte, dann wandte er sich um. „Ich gebe nicht auf.“
„Du musst.“
„Ich verlor dich einst. Ich werde es nicht nochmals zulassen. Wir werden einen Weg finden, zusammen zu sein.“ Er kniete nieder und hob einen Korb auf, der neben dem Kamin stand. Er war klein, bedeckt mit einem grauen Tuch. „Ich vergaß beinahe“, sagte er lächelnd. „Ich habe noch ein Geschenk für dich.“
„Ich mag nicht noch mehr Geschmeide von dir, oder Gewänder, oder ..."
Er drückte ihr den Korb in die Hände. „Es ist nichts von all diesen Dingen.“ Als er das Tuch abhob, lugte ein kleiner Kopf heraus, aus dem zerzausten rotgelben Fell leuchteten große gelbe Augen.
„Es ist... es ist ein Kätzchen.“
„Ja.“ Er streichelte den pelzigen Kopf mit dem Zeigefinger. „Vier Wochen alt, meint Heckie. Viel zu jung, um verwaist zu sein.“
„Verwaist“, wiederholte Rowena. Sie nahm das Kätzchen heraus. Doch statt sich in der Hand zusammenzurollen, drückte es seine Krallen in ihre Handfläche und biss sie in den Daumen. „Autsch!“
Lion lachte. „Hör zu, du Racker, das ist nun deine Mama, und sie wird dich nicht mit warmer Milch verwöhnen, wenn du dich so undankbar benimmst.“
Das Kätzchen blickte ihn mit großen Augen an.
„Sie hatte ein hartes Leben, musst du wissen“, sagte Lion. Er nahm das Tuch vom Korb und legte es über Rowenas Hände, dann setzte er das Kätzchen hinein.
„Wo hast du es gefunden?“
„In den Stallungen. Als wir von der Suche zurückkehrten, trat ein Pferd der MacPhersons die Mutter der Kleinen und den Bruder tot. Ich habe mich umgesehen und fand dieses Häufchen Elend hinten im Stall. Sie ist alt genug, Milch aus einer Schüssel zu trinken, doch nicht, um sich selbst Nahrung zu beschaffen, besonders nicht an einem Ort wie diesem.“
„Armes Ding.“ Das Kätzchen hatte sich in ihrer Handfläche zusammengekauert, und Rowena streichelte sanft über sein Fell.
„Da steht ein Krug mit Milch auf dem Fenstersims.“
Rowena nickte. Paddy würde das Kätzchen lieben - das einzige Geschenk, das er je von seinem Vater haben würde. Tränen traten in ihre Augen. Das war nicht gerecht. Lion hätte einen guten Vater abgegeben. Wenn bloß ...
„Du denkst doch nicht daran, es in einem Kuchen zu backen?“
Rowena lachte. „Nein.“ Sie verdrängte die Tränen und blickte Lion an. Er stand nahe, zu nahe.
Sie konnte ihm nicht nachgeben. Sie durfte nicht.
Lange, nachdem in der Burg die Nachtruhe eingekehrt war, lag Lion wach im Bett. Er dachte an Rowena. Und ihren Sohn.
Padruig Gunns Sohn.
Obwohl es eine Sünde war, wofür er in der Hölle schmoren würde, er mochte den Jungen nicht, auch wenn er ihn nicht kannte.
Es war nicht nur eine Sünde, es war ... unehrenhaft.
Lion starrte die Bettvorhänge an, die die stolzen Shaws genäht hatten. Der Betthimmel und wahrscheinlich auch die Vorhänge waren von einer Generation auf
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