Schottische Ballade
lächelte, als sie den Duft der warmen Erde und den Wohlgeruch des Holzes einatmete. Als Kind hatte sie oft die Natur durchstreift, die ihr Haus umgab. Sie hatte Stunden damit zugebracht, zuzusehen, wie der Zaunkönig sein Nest baute oder die Spinne ihr Netz webte.
Auch Lion hatte ihre Liebe dazu geteilt in diesem Sommer, der so lange schon zurücklag. Wenn ihre Leidenschaft abgeklungen war, tollten sie ausgelassen in der Bergschlucht herum wie Kinder. Sie wateten durch den Bach, beobachteten eine Rehgeiß mit ihrem Jungen und folgten den vielen Tierspuren. Er lehrte sie zu fischen, und sie wand Blumenkränze für ihn. Während er auf Bäume kletterte, um wilde Äpfel zu schütteln, wartete sie sicher am Boden und sammelte sie auf.
In all den Jahren auf Hillbrae hatte sie nicht ein einziges Mal die wilde Umgebung erforscht. Es sei für sie alleine zu gefährlich, hatte Padruig gesagt und sich niemals Zeit für sie genommen. Sie hatte es schließlich aufgegeben, etwas für sich selbst zu erbitten. Paddy war eine andere Angelegenheit. Sie schimpfte mit Padruig, dass er den Jungen die meiste Zeit nicht beachtete. „Paddy denkt, du magst ihn nicht leiden“, hatte sie gesagt.
„Ich mag ihn so viel wie nötig. Er ist klug und mutig, oder er könnte es sein, wenn du aufhören würdest, ihn zu verhätscheln“, hatte Padruig sie getadelt. „Er muss stark und entschlossen aufwachsen, wenn er nach mir die Gunns anführen soll.“
Padruig war nun einmal kein liebevoller Vater, doch nun, nachdem er nicht mehr war, beabsichtigte sie, ihrem Sohn zum Umgang mit dem Schwert auch Sanftheit und Mitgefühl im Umgang mit Menschen beizubringen. Er sollte aufwachsen wie sein Vater. Könnte doch Lion nur ...
Du darfst nicht einmal daran denken. In ihr zerbrach etwas, wie dünnes Glas. Dieses Verlangen nach dem, was sie nicht haben konnte, war ein alter wohlbekannter Schmerz.
Rowena schüttelte ihn ab. Sie blickte sich erneut um und versuchte Gefallen an dem zu finden, was sie sah. Oh, wie sehr hatte sie das alles vermisst. Sie legte den Kopf in den Nacken und ließ sich die Sonne auf die Wangen scheinen. Frieden und Ruhe erfüllten nun die Leere, die immer in ihr war.
Viel zu früh erreichten sie den Kamm eines Hügels und machten Rast auf der weiten Ebene, die von schroffen Felsen umgeben war.
„Hier bleiben wir“, rief Lion. Er schwang sich aus dem Sattel und ging zu ihr, als die anderen absaßen.
Rowena straffte sich, als Lion nach ihr griff und sie zu Boden hob. Sie hatte kaum den Boden berührt, als er sich entfernte, um Befehle zu erteilen. Die Männer begannen die Waffen abzuladen, die sie mit sich gebracht hatten. Behände wurden Zielscheiben an der offenen Seite der Anhöhe errichtet.
Es ging weder ruhig noch ordentlich zu. Die Männer, einige von ihnen hatten schon ergraute Bärte, prahlten und verhöhnten sich gegenseitig wie eine Bande junger Burschen. Wetten und derbe Witze wurden ausgetauscht.
„Du musst den Männern vergeben“, sagte Lion, als er eine Decke auf einem flachen Felsen ausbreitete und sie einlud, sich zu setzen. „Sie haben eine höllische Zeit, ihr Temperament zu zügeln, solange wir auf Blantyre sind, und ich fürchte, sie sind nun sehr ausgelassen.“
„Ja, doch nun scheinen sie ihren Spaß zu haben.“ Rowena setzte sich, zog die Beine an und stützte das Kinn auf die Knie, als sie seine Sutherlands beobachtete.
Wie die meisten Highlander trugen sie wollene Tuniken und hatten die Plaids um die Taille in Falten gelegt, das andere Ende um eine Schulter geschwungen. Doch sie machten einen zivilisierteren Eindruck als die Clansmänner, die auf Blantyre waren, und ihre Sprache war gewählter. Sie erhaschte sogar einige Wortfetzen, die fremdländisch klangen.
„Ist das Französisch, was sie sprechen?“
„Ja, sie haben ein paar Worte von der Sprache gelernt, als wir in der Fremde waren. Und das Gute dabei ist, dass du sie nicht verstehst, denn die Worte sind zu rau für zarte Ohren.“
„Ich möchte das auch lernen. Kennst du einige anständige Worte?“
„Einige“, sagte er abwesend. Lion stand über ihr, die Hände in die Hüften gestützt, sein scharfer Blick ging über seine Männer hinweg zu den entfernten Bergspitzen.
„Was gibt es? Ist etwas nicht in Ordnung?“
Er blickte auf sie hinab. „Was könnte an solch einem schönen Tag nicht in Ordnung sein?“ fragte er lächelnd.
Er wartete auf etwas.
Rowena konnte sich nicht erklären, woher sie das wusste, doch sie wusste
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