Schottische Ballade
der Tür und würfelten im Schein einer dicken Kerze. Beide erhoben sich, als sie kam.
„Ich muss Lord Lion sehen“, sagte sie strahlend.
Will runzelte die Stirn. „Mitten in der Nacht?“
„Ich möchte wegen des Streits um Verzeihung bitten.“
„Er schläft.“
Will hatte keine Ahnung, dass sie wusste, was vor sich ging. „Er wird am Morgen zu sich kommen, und dann wird er eine Menge Ärger haben.“ Sie heftete bei diesen Worten ihren Blick fest auf ihn. „Er wird arge Kopfschmerzen haben“, fügte sie hinzu. „Doch ich kenne etwas, das sein Leiden erleichtern wird.“
Will riss die Augen auf, als er die Nachricht verstand. „Nun gut. Er drückte den Riegel hinunter, trat zur Seite, damit sie eintreten konnte, und schloss die Tür vor Kiers Nase. „Was ist geschehen?“
„Eneas Gunn hat Männer zurückgelassen. Ich vermute, sie warten auf Lions Rückkehr.“ Sie blickte auf die unförmige Masse im Bett. „Er ist fort?“
„Ja. Durch das Fenster und die Ausfallspforte. Er hat einen Schlüssel.“
„Sehr vorausblickend.“
„Lion überlässt kaum etwas dem Zufall. Er kommt auf demselben Weg zurück, und niemand wird etwas merken.“
„Solange Eneas’ Männer ihn nicht sehen.“
„Ja.“ Will kratzte sich den roten Bart. „Es wird die Hölle los sein, wenn der Earl mit leeren Händen zurückkommt.“
„Und Alexander wird nach jemand suchen, den er dafür verantwortlich machen kann.“
„Wie kann er Lion beschuldigen, wenn dieser die ganze Nacht in seinem Gemach ist?“ sagte Will.
„Das sagst du, doch du bist sein Gefährte.“ Rowena runzelte nachdenklich die Stirn. „Wir müssen dafür sorgen, dass es so aussieht, als ginge es Lion sehr schlecht. Ich werde selbstverständlich bei ihm bleiben, doch vielleicht wird Alexander auch mir nicht glauben. Deshalb ... deshalb müssen wir für Aufruhr sorgen. Andere Leute müssen ins Spiel kommen.“
Will blickte zum Bett hin. „Das wird einer näheren Betrachtung nicht standhalten.“
„Wir lassen niemanden über die Schwelle. Wir werden nach Dingen schicken ... Arzneien von Felis, heißem Wasser aus der Küche. Und sauberem Leinen, nach allem, was dazu beiträgt, glauben zu lassen, Lion sei hier und leide.“ Sie rümpfte die Nase. „Es stinkt hier in der Tat bereits wie in einem Krankenzimmer.“
„Lion befreite seinen Magen von dem Ale, ehe er ging“, sagte Will.
„Wie vorausblickend“, wiederholte Rowena schwach.
In den nächsten Stunden hielt Rowena die Bediensteten in Trab. Die Mägde wurden geweckt, um dies und jenes zu bringen. Felis’ Helferin brachte die Kräuterkiste zu Rowena, zusammen mit einer Anleitung für eine Arznei, die den Magen beruhigte. Hinter der verschlossenen Tür ahmte Rowena ein tiefes qualvolles Stöhnen nach. Als Donald Shaw kam, um zu sehen, was vor sich ging, deutete sie an, dass möglicherweise Lions Ale verdorben war.
Donald eilte davon, um den Vorfall zu untersuchen.
Als die Sonne über den Mauern der Burg aufging, fiel Rowena auf das Bett und schloss die Augen. Sie war erschöpft, doch hatte sie triumphiert. Es gab nicht einen einzigen Menschen auf Blantyre, der dachte, dass Lion die Nacht woanders verbracht hatte.
Das laute Rasseln, als das Fallgatter hochgezogen wurde, ließ sie ans Fenster treten. Alexanders Heer polterte in den Burghof. Die verdrießliche Miene der Männer stand im krassen Gegensatz zu der guten Laune, mit der sie ausgezogen waren. So war ihnen also kein Erfolg beschieden.
Wenn man behauptet hätte, Alexander sei außer sich, so wäre das milde ausgedrückt. Er sprang von seinem Pferd, ohrfeigte den Stallburschen, dem er die Zügel zuwarf, und trat nach einem neugierigen Hund, der ihm zu nahe kam.
„Wir ergreifen sie, wenn sie zurückkehren“, sagte Georas, doch er war einige Armeslängen entfernt.
Alexander fluchte, sein Gesicht war vor Zorn gerötet, als er den Helm herunterriss und zu Boden schleuderte. „Irgendwer muss sie gewarnt haben. Ich will, dass man den Verräter findet.“
Eneas, Georas und ein Dutzend anderer Männer drängten sich vor, um sich anzubieten.
Ein schürfendes Geräusch ließ Rowena herumfahren. Ein Strick wurde hereingeworfen. Der Haken am Ende blieb am Sims hängen, das Seil spannte sich.
Lion schwang sich über die Brüstung.
„Liebste! Wie schön von dir, mich zu erwart...“
„Kümmere dich nicht darum. Hol das Seil herein, ehe es jemand entdeckt. Der Earl kam gerade und hat eine entsetzliche Laune.“
„Gut.“ Lion
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