Schottische Engel: Roman (German Edition)
kalt dieses Geschäft ist. In diesen Diskussionen geht es nur um Honorare und Dispositionen, um Erfolge und Zuschauerzahlen. Da geht es nie um menschliche Interessen. Meinen Filmen fehlt die menschliche Nuance, und ich bin sicher, du könntest sie vermitteln.«
Mary schwieg nachdenklich. Was McClay da sagte, war irgendwie richtig. Aber wie konnte er erwarten, dass sie diese scheinbare Lücke ausfüllte? Ausgerechnet sie? Zweifelnd sah sie ihn an. Konnte sie sich überhaupt Fragen und Zweifel leisten? Was machte sie, wenn sie heimkam und man ihr ein Schreiben mit der Kündigung überreichte? Dann begann wieder die entnervende Suche nach einer neuen Stellung. Vielleicht musste sie sogar in eine andere Stadt ziehen, ihre geliebte kleine Wohnung, ihren langsam gewachsenen Freundeskreis aufgeben und vollkommen allein und fremd wieder von vorn anfangen?
McClay schwieg und beobachtete sie. Er sah, dass sie nachdachte.
Schließlich legte er ihr den Arm um die Schulter. »Mary, nicht so viel grübeln. Gib uns eine Chance. Versuche es doch wenigstens einmal.«
Mary zögerte, dann nickte sie. »Also gut. Ich werde es probieren. Aber ich brauche Zeit. Wenn ich etwas mache, will ich es gut machen, und dazu brauche ich Zeit zum Kennenlernen dieser neuen Arbeit, deiner Ideen und Vorstellungen. Ich muss mich an die Atmosphäre gewöhnen und an dein Team, das geht nicht von heute auf morgen. Und vor allem muss ich jetzt erst einmal nach Hause fahren und meine Probleme dort lösen.«
Er zog sie ein wenig enger an sich. »Das ist gut so. Du sollst alle Zeit bekommen, die du brauchst, aber denke immer daran: Ich warte auf dich.«
Mary nickte. »Und nun muss ich packen. Holst du mir meine Papiere?«
»Bitte, komm mit in mein Büro. Meine Sekretärin hat sie unter Verschluss, und ich möchte, dass du alles kontrollierst und die Richtigkeit unterschreibst.«
»Meine Güte, wie umständlich.«
»Aus Erfahrung wird man klug. Du glaubst gar nicht, wie viele Papiere durch ihre Hand gehen und wie oft Verträge und Dokumente angeblich verloren gehen, wenn man nicht von vornherein ganz gewissenhaft damit umgeht.«
»Aber ich will weder Verträge noch Dokumente, ich will doch nur meine Papiere und das mir anvertraute Geld.«
»Viel Geld, vergiss das nicht.«
»Ja, natürlich. Gut, gehen wir.«
In der Halle angekommen, hörten sie zänkisches Geschrei aus dem Büro. Stephan, der Butler, stand mit hochrotem Kopf am Fuß der Treppe und sah seinem Herrn entgegen. »Sir, ich glaube, die Damen bringen sich um. Ich wusste nicht, ob ich mich einmischen darf.«
McClay nickte. »Ist gut, Stephan, ich kümmere mich drum. Bitte, Mary, warte einen Augenblick.« Dann ging er allein in sein Büro. Im gleichen Augenblick wurde es still. Da er die Türe offen gelassen hatte, hörten Mary und Stephan den folgenden Wortwechsel.
»Sie hat mich als dumme Kuh betitelt«, hörte Mary eine Frauenstimme, die sie noch nicht kannte.
»Sie ist nicht nur eine dumme Kuh, sie ist auch noch eine blöde Gans. Von welcher Weide hast du sie dir in dein Büro geholt, David McClay? Oder ist sie in deinem Bett so gut, dass sie sich alles erlauben kann?«
»Angela Borell, hüte deine Zunge, sonst sitzt du schneller auf der Straße, als dir lieb ist. Um was geht es eigentlich?«
»Sie hat meinen Vertrag geändert. Sie hat den Bentley mit Chauffeur gestrichen. Sie hat statt eines Fünf-Sterne-Hotels in Glasgow nur eine drittklassige Absteige für mich gewählt. Sie meint, ich könne ohne Zofe auskommen und ich dürfe keinen eigenen Maskenbildner für mich beanspruchen. Sie ist eine infame, eigenmächtige Ziege, schick sie zurück auf die Weide!«
»Mäßige dich. Glaubst du tatsächlich, meine Angestellten dürften ohne meine Einwilligung Verträge ändern? Du hast im nächsten Film eine sehr kleine Rolle und keinen Grund, große Ansprüche zu stellen. Du bist nur an drei Tagen dabei, dafür bekommst du ein angemessenes Honorar, mit dem du deine Kosten bestreiten kannst.«
»Und warum? Du weißt, ich bin die Beste, du hast es heute Morgen selbst gesagt. Warum degradierst du mich zu einer Null?«
»Weil ich dich nicht verheizen will. Das Publikum will neue Gesichter sehen und andere Stimmen hören. Du machst jetzt eine Pause, und in ein, zwei Jahren wird man dich wieder in den Hauptrollen akzeptieren.«
»In ein bis zwei Jahren? Bist du wahnsinnig? Kein Mensch kennt mich dann noch. Das lass ich mir nicht gefallen. Ich gehe zurück nach Hollywood.«
»Von dort bist
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