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Schottische Engel: Roman (German Edition)

Schottische Engel: Roman (German Edition)

Titel: Schottische Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Canetta
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Auskunft über sein Alter und den Ort der Herstellung. Die Länder hatten verschiedene Methoden, Leim zu produzieren, da löst so eine Probe, wenn sie entsprechend untersucht wird, viele Rätsel.«
    Södergren war fasziniert. Nur als Mary jedem Schrank zwei winzige Holzproben entnehmen wollte, protestierte er. »Aber bitte, Mary, Sie können doch die Schubladen und die Türen nicht anbohren.«
    »Sie brauchen keine Angst zu haben, Christian. Die Proben, die ich entnehme, sind winzig, der Schaden an den Schränken ist im Vergleich zu dem Schaden, den das Holz in den vergangenen Jahrhunderten erlitten hat, wirklich gering.«
    »Aber was können die Holzproben schon aussagen?«
    »Sie sagen uns, ob wir es mit Nadelhölzern oder Laubhölzern zu tun haben, ob die Hölzer aus den Tropen stammen oder aus einheimischen Waldgebieten, ob die Schränke in trockenen oder feuchten Räumen gestanden haben und ob sie oft oder selten benutzt wurden.«
    »Das alles sagt Ihnen eine minimale Holzprobe?«
    »So ist es. Es ist eine wirklich spannende Geschichte, die uns die Hölzer erzählen, wenn wir es ihnen erlauben.«
    Verblüfft schüttelte er den Kopf. »Nicht ein Wort davon steht in meinen Zertifikaten, Mary.«
    »Sehen Sie, das unterscheidet meine Arbeit von anderen. Also, darf ich?«
    Södergren nickte, wenn auch etwas blass. Mary entnahm ihrem Koffer einen winzigen Handbohrer mit Batterieantrieb, ging zur Seitenwand des ersten Schranks und entnahm dem untersten Rahmen eine minimale Holzprobe. Dann wischte sie mit einem gewachsten Tuch über die kaum zwei Millimeter große Stelle und nickte Södergren tröstend zu. »Sehen Sie selbst, es ist nichts zu erkennen.«
    »Und was machen Sie nun mit der Probe?«
    »Sie wird zu einer Tablette gepresst und in einem Spektrometer untersucht. Es ist die sicherste Methode der Holz- und Altersbestimmung, die es auf der Welt gibt.«
    »Und so ein Gerät haben Sie im Museum?«
    Sie nickte. »Genau deshalb sind wir bekannt für die Genauigkeit und Zuverlässigkeit unserer Arbeit.«
    Vertraulich legte er ihr den Arm um die Schulter. »Ich wusste, dass ich mich auf Sie verlassen kann, liebste Mary.«
    »Christian«, fuhr Greta dazwischen, »die junge Dame fängt doch gerade erst mit der Arbeit an. Und diese Methode mit dem Anbohren deiner wertvollen Exponate halte ich schlichtweg für übertrieben.« Beinahe drohend stellte sie sich vor Mary auf. »Sie sollten auf Vertraulichkeiten verzichten, junge Frau. Mein Bruder ist ein viel beschäftigter Mann, halten Sie ihn nicht mit unnützen Erklärungen auf.«
    Mary wich einen Schritt zurück. »Erlauben Sie bitte, gnädige Frau, ich habe nicht die Absicht, hier Vertraulichkeiten auszutauschen. Ich tue meine Arbeit und halte es für richtig, meinen Auftraggeber über die einzelnen Schritte zu informieren. Selbstverständlich kann ich auch auf diese Erläuterungen verzichten.«
    »Bitte, Greta«, mischte sich Södergren ein, »ich war es, der Mary um genaue Erklärungen bat. Störe uns bitte nicht bei den Untersuchungen.«
    »Du hast mich hierher beordert, um dir zur Seite zu stehen. Jetzt soll ich mich plötzlich zurückhalten?«
    Mary traute ihren Ohren kaum. Warum sollte diese alte Dame aus Schweden ihrem Bruder beistehen? Befürchtete er etwa ein unkorrektes Verhalten von ihr? Sie wich noch weiter zurück. Diese Vertraulichkeit mit dem Arm auf ihrer Schulter hatte sie kurz geduldet, weil das ein Zeichen seiner Zufriedenheit und seiner Zustimmung war, nicht aber der Versuch einer Annäherung. Hatte sie sich etwa getäuscht? Wollte dieser Mann mehr von ihr, als sie ahnte? Sie dachte kurz an die Worte von Doktor Grantino, der sie gewarnt hatte. Aber das war doch Unsinn. Dieser Södergren konnte beinahe ihr Großvater sein, in seinem Alter kam man doch nicht auf solche Gedanken. Er war ein brillanter Geschäftsmann, ein Milliardär, ein Mann der allerbesten Gesellschaft, er würde sich doch niemals die Blöße geben, ein No-Name-Girl zu hofieren.
    Sie nahm ihre Geräte und den kleinen Koffer in die Hand und fragte höflich: »Gibt es noch mehr zu untersuchen, Christian?«
    »Aber ja, die Sakristeischränke waren doch nur der kleine Anfang. Kommen Sie, Mary, nebenan geht es weiter.« Er nahm ihren Arm, drückte ihn vertraulich, wobei er ganz zufällig ihren Busen streifte, und führte sie in einen Nebenraum, der anscheinend als Speisezimmer diente. Ein großer Tisch mit einer Platte aus blank gewienerten Bohlen nahm den größten Platz ein. Um ihn herum

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