Schottlands Wächter (German Edition)
rückwärts von den Gestalten weg. Bryanna kroch langsam mit. Ungeduldig zerrte Kaylee an ihrem Arm. „Komm schon, beeil dich. Noch haben sie uns nicht gesehen.”
Bryanna kroch schneller. Als sie den Felsen hinter sich hatten, auf dem sie noch vor kurzem so friedlich gesessen hatte, zog Kaylee sie wieder in die Höhe. „Los, lauf so schnell du kannst. Wenn wir den Fluss erreichen, sind wir in Sicherheit. Redcaps können kein fließendes Wasser überqueren.”
Bryanna rannte los. Durch den steilen Hang wurde sie immer schneller. Hoffentlich stolpere ich nicht! Bremsen konnte sie schon lange nicht mehr. Als sie den Hang zur Hälfte hinter sich gelassen hatte, hörte sie vom Gipfel ein wildes Geheul.
„Sie … haben unsere … Fährte.” Kaylee schnaufte. „Hier lang!” Sie zog Bryanna an einer Weggabelung nach links, die beim Aufstieg noch nicht da gewesen war. Langsam flachte das Gelände ab und wenig später erreichten sie die Quelle. Bryanna wunderte sich nicht, dass der Fußweg, auf dem sie gekommen war, samt Straße verschwunden war. Im dichten Buchenwald war nicht einmal zu sehen, ob es den Damm der Eisenbahn noch gab.
Kaylee blieb stehen und sah Bryanna an. „Ruf das Wasser.”
Bryanna sah sie irritiert an. Diese Kaylee erzählt ganz schön dummes Zeug .
”Mach schon!” Kaylee stützte die Hände auf die Knie und rang nach Luft.
Bryanna fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. Die Redcaps waren nicht mehr fern und sie verstand nicht, was Kaylee von ihr wollte.„Was soll ich tun?”
„Wir brauchen fließendes Wasser, damit die Redcaps einen Umweg machen müssen.”
Bryanna zuckte mit den Schultern, sah sich aber trotzdem um. Sie entdeckte einen großen, flachen Stein, zu groß um ihn allein zu heben. „Los, fass mit an!”
Kaylee wirkte verwirrt, griff aber zu. Gemeinsam schleiften sie den Stein zur Quelle und bugsierten ihn auf den Trog. Nun konnte das Wasser nicht mehr abfließen. Es lief in einem schmalen Rinnsal über die Platte auf den Boden und über ihre Fußspuren.
Kaylee grinste. „Ja, so kann man das auch machen. Allerdings ist das viel zu wenig Wasser.” Sie streckte die Hände aus und rief ein Wort, dass sich in Bryannas Bewusstsein bohrte und in ihren Gedanken widerhallte.
Bryanna griff sich mit beiden Händen an den Kopf. Als der Klang des Wortes verhalte, übertönte ein Rauschen alle anderen Geräusche. Mit großer Wucht schoss ein Strahl Wasser aus der Quelle hervor, prallte von der Platte ab und spritzte in hohem Bogen auf den Weg.
„So geht das”, sagte Kaylee. „Wusstest du das nicht?”
Bryanna wunderte sich, warum Kaylee sie überhaupt gebeten hatte, das Wasser zu rufen, als sich eine Axt neben ihr in die Erde bohrte. Sie fuhr herum und starrte entsetzt in das hässlichste Gesicht, das sie in ihrem Leben gesehen hatte. Obwohl der Redcap mindestens fünfzig Meter entfernt stand, konnte sie jede Kleinigkeit erkennen. Von der roten Kappe auf dem kahlen Kopf tropfte Blut auf die rot geäderte Knollennase, die von einer unglaublich langen Zunge hin und wieder abgeleckt wurde. Die Augen glühten wie zwei feurige Kohlen und hielten Bryannas Blick magisch gefangen. Eine sanfte Stimme rief nach ihr. Bryanna hob das Bein, um über das Wasser zu treten. Eine kräftige Hand riss sie zurück und der Blickkontakt zu dem Redcap brach. Er heulte wütend.
„Sieh ihm niemals in die Augen”, sagte Kaylee. „Ich verstehe nicht, dass dir dein Vater nicht mal die grundlegendsten Sachen über Alba beigebracht hat.” Sie zog Bryanna mit sich. Auf der anderen Seite des neuen Baches traten die vier anderen Redcaps zwischen den Bäumen hervor. Sie reckten die Arme in die Luft und bellten vor Enttäuschung.
Bryanna zitterte und ihre Beine fühlten sich als wären sie aus Wackelpudding. Sie ließ sich von Kaylee den Weg entlangziehen. Erst als sie die Redcaps nicht mehr sehen konnte, lief sie aus eigener Kraft weiter.
Kaylee zeigte auf einen schmalen Waldweg, der sich ins Tal schlängelte. „Das Wasser wird sie nicht lange aufhalten. Wir müssen uns beeilen.”
Bryanna fragte sich, wo sie vor solchen monstern wie den Redcaps in Sicherheit sein würden. Gab es überhaupt jemand oder etwas, dass sie schützen konnte? Aber Kaylee schien zu wissen, wohn sie wollte. Hand in Hand rannten die beiden Mädchen den Weg entlang. Langsam ging der Buchenwald in Wiesen über. Immer öfter war das Wasser des Flusses Taye zu sehen. Bryannas Hals brannte und Schmerz pochte in ihrer Seite, aber
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