Schottlands Wächter (German Edition)
deinem Rücken sein. Sanft falle Regen auf deine Felder und warm auf dein Gesicht der Sonnenschein. Und bis wir uns wiedersehen, halte Bride dich fest in ihrer Hand.”
Bryanna spürte bei diesem Segen eine Kraft, die sich wie ein Mantel um sie legte. Sie und Kaylee bedankten sich und gingen los. Bryanna marschierte zügig los, aber Kaylee bremste sie.
„Nicht so schnell, sonst sind wir gleich erschöpft.”
Bryanna wollte sagen, dass sie es eilig hatte, weil sie ihren Vater wieder finden wollte. Aber sie bemerkte, dass das nicht mehr stimmte. „Weißt du, was merkwürdig ist?”, sagte sie stattdessen. „Ich habe das Gefühl, dass es Vater gut geht. Ich will ihn immer noch finden, aber die Angst von gestern ist weg. Ich glaube, du hast Recht damit, dass wir uns nicht hetzen müssen.”
„Das ist wunderbar, denn dein Tempo halten wir nicht bis heute Abend durch.”
Die Mädchen wanderten etwas langsamer am Fluss Taye entlang, bis sie einen schmalen Pfand fanden, der am Waldrand nach Süden führte. Bryanna genoss die Frühlingssonne. Von Zeit zu Zeit sah sie aus verstreuten Gehöften Rauch aufsteigen. Ab und an wurden sie von Hunden verbellt oder von Schafen, Kühen oder Pferden kritisch beäugt. Die Welt wirkte friedlich.
Ich würde am liebsten hier bleiben . Bryanna fühlte sich in Alba wohler als jemals zuvor in Schottland. Es ist, als wäre ich heimgekehrt . Da erinnerte sie sich an etwas. „Kaylee, wolltest du mir nicht sagen, wie ich nach Alba gekommen bin?”
„Hmmm … Wie erkläre ich dir das am besten.” Kaylee kratzte sich am Kopf, dann leuchtete ihr Gesicht auf. „Bei euch in Schottland gibt es diese Bonbons, bei denen verschiedenfarbige Zuckerschichten ein Kaugummi umhüllen.”
„Was hat das denn mit Alba zu tun?”
„Na ja, die Erde ist sozusagen das Kaugummi und die Welten sind die Zuckerschichten. Es gibt ziemlich viele, aber ich kenne sie nicht alle.” Sie zeichnete mit den Händen Kreise in die Luft. „Schottland ist auf einer Schicht, Alba auf einer anderen und Faerie wieder auf einer anderen. Nur, dass diese Schichten nicht übereinander liegen, sondern alle gleichzeitig am gleichen Ort.”
„Zwei Dinge können nicht gleichzeitig am gleichen Ort sein. Das ist ein physikalisches Gesetz.”
„Wenn sie in verschiedenen Ebenen sind schon.”
Bryanna akzeptierte die Erklärung. Etwas in ihrem Inneren bestand daruf, dass Kaylee die Wahrheit sagte, obwohl sie in der Schule etwas anderes gelernt hatte.
„Und wie kommt man von einer Schicht in die andere?”, fragte sie.
„Es gibt Schwachstellen zwischen zwei Schichten, wo man leicht durch das Weltengewebe schlüpfen kann. Nur große Magier können sich selbst Schwachstellen schaffen.”
„Das heißt, um zurückzukommen, muss ich entweder eine Schwachstelle finden oder einen Magier.”
Kaylee lachte. „Klingt einfach, nicht wahr? Aber Schwachstellen sind nicht immer da, wo sie sein sollten und Magier … na ja, den meisten von denen möchte ich nicht im Dunkeln begegnen. Ausgenommen dein Vater, natürlich.”
„Mein Vater ist kein Magier!”
„Er ist sogar der wichtigste Magier Albas und, soweit ich weiß, der einzige in Schottland.”
„Du spinnst! In Schottland gibt es keine Magier und wenn, hätte er mir das gesagt.”
„Von Alba hat er dir auch nichts gesagt.”
Bryanna biss sich auf die Unterlippe. Es viel ihr schwer zuzugeben, dass Kaylee Recht haben könnte. Noch viel schwerer war es, sich ihren von seinen Kollegen verlachten, in Bücher verliebten, manchmal geistesabwesenden Vater als mächtigen Zauberer vorzustellen. Schweigend gingen die Mädchen weiter. Bryanna überlegte, ob ihr Vater je etwas getan hatte, dass ihn als Magier ausgezeichnet hätte, aber es fiel ihr nichts ein. Kaylee muss sich irren . Vielleicht verwechselt sie ihn. Wenn sie Recht hätte, und Vater wirklich ein mächtiger Magier wäre, dann hätte er mich all die Jahre belogen.
„Mein Vater ist kein Lügner”, sagte sie.
„Jeder Mensch lügt ab und an. Der eine mehr, der andere weniger. Hat dir dein Vater wenigstens etwas über die Ungeheuer von Alba beigebracht? Schon mal von Kelpies, Lochmonstern oder dem grauen Mann vom Ben MacDhui gehört?”
Bryanna zuckte mit den Schultern. „Bisher waren das bloß Sagen, Legenden und Märchen.”
Kaylee blieb stehen, drehte sich um und sah Bryanna mit gerunzelter Stirn an. Sie stemmte die Hände in die Hüften. „Ach, und die Redcaps?”
Bryanna presste die Lippen aufeinander. Obwohl
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