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Schottlands Wächter (German Edition)

Schottlands Wächter (German Edition)

Titel: Schottlands Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Gerlach
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berührte. Waren es taufeuchte Spinnenweben oder Nebel? Sie öffnete die Augen, konnte aber außer der mondhellen Nacht nichts sehen.
    „Lass die Augen zu. Du musst das Weltengewebe fühlen. Sehen kann man es nicht.”
    Bryanna gehorchte wieder. Zögernd hob sie die Hände und berührte die seltsam seidenkühlen Fäden.
    „Und? Spürst du es?”
    „Ja”, hauchte sie. „Es fühlt sich an wie ein Tuch aus Seide oder Spinnenweben, nur nicht so klebrig.”
    „Sehr gut.” Die Stimme des kleinen Mannes klang nun so nah, als spräche er direkt neben ihrem Ohr. „Nun schieb das Gewebe auseinander. Aber vorsichtig, dass du es nicht zerreißt.”
    Bryanna streckte die Hand nach dem Gewebe aus, hielt dann aber inne. Es war ihr so, als wäre die Hand nicht das Einzige, das sie ausstrecken sollte. Zaghaft bewegte sie die Finger vorwärts. Etwas Unsichtbares schien sich von ihrem Körper zu lösen und ihre Finger zu unterstützen, die suchend an den kühlen Fasern entlang fuhren. Bryanna wusste nicht genau was sie mit der Hand zusammen ausgestreckt hatte, aber es schien sehr kraftvoll zu sein. Sie stupste das Gewebe an, und es zitterte leicht. Mutiger geworden schob sie mit ihrer Hand und der unbekannten Kraft. Ein leichtes Zittern erschütterte das Gewebe, bevor es nachgab. Bryanna spürte, wie es über sie hinweg rutschte und sich in der neuen Position festigte. Nicht ein einziger Faden schien Schaden genommen zu haben.
    Bryanna schlug die Augen auf und sah sich um. Die Gegend hatte sich nicht verändert, nur der Himmel war mit schweren Regenwolken bedeckt. Die Luft flimmerte und der kleine Mann erschien. Zuerst war er durchsichtig wie ein Geist, nahm aber schnell an Dichte zu, bis er aus Fleisch und Blut vor ihr stand. Er war begeistert. „Prima! Gleich beim ersten Versuch! Das nenne ich Talent.”
    Bryannas Finger kribbelten und ihr Herz klopfte aufgeregt. Sie fühlte sich lebendig und so stark, als könne sie Berge versetzen. „Ich glaube, so etwas ist mir neulich auf der Bahnfahrt passiert.”
    „Das ist gut möglich. Die großen Talente wechseln die Welten gelegentlich unbewusst. Also los, bring uns zurück.”
    Bryanna schloss die Augen. Wenig später war sie wieder zurück in Alba. Der kleine Mann erschien wenig später. Er nahm sie bei der Hand und führte sie ein Stück weit zur anderen Seite des Hügels, wo sie die Übung wiederholten. Sie wechselten an verschiedenen Stellen so oft hin und her, dass Bryanna Sorge hatte, sie könnte vergessen, in welcher Welt sie sich gerade befand. Seltsamerweise geschah dies nicht. Es war als gäbe es etwas, dass von Welt zu Welt anders war: ein Geruch vielleicht oder ein Geschmack? Sie war sich nicht sicher. Mit jedem Wechsel wurde Bryanna sicherer. Bald schloss sie nicht einmal mehr die Augen. Gelegentlich meinte sie sogar das Weltengewebe sehen zu können. Als es mal wieder es das Licht des Mondes spiegelte, sagte sie: „Ich kann es sehen.”
    „Das ist unmöglich. Niemand kann das Weltengewebe sehen”, sagte der kleine Mann.
    „Ich bin mir aber sicher. Wenn das Licht darauf fällt, sehe ich es wie einen hauchdünnen Vorhang.”
    „Unglaublich!” Der kleine Mann bestaunte sie mit offenem Mund. Dann streckte er sich und reichte ihr feierlich die Hand. „Du darfst mich Rowan nennen!”
    „Danke.” Da sie nun um die Wichtigkeit von Namen wusste, verstand Bryanna die große Ehre und verbeugte sich.
    „So, jetzt wirst du mich nach Schottland und zurück transportieren.”
    „Gerne”, sagte Bryanna. Sie hatte mittlerweile so viel Übung im Wechseln der Welten, dass es ihr nicht schwer fiel, Rowan mitzunehmen.
    „Das war wunderbar!” Der kleine Mann war begeistert. „Jetzt versuchen wir es einmal mit einem Stück Landschaft. Dazu musst du das Weltengewebe so falten, dass die Landschaft, die du mitnehmen willst, durch den Spalt passt.”
    „Aber woher weiß ich, dass es geklappt hat?”, fragte Bryanna. „Drüben sieh es doch genau so aus wie hier.”
    „Da unten gibt es einen Stein, den es in Schottland nicht gibt. Damit üben wir.”
    Bryanna nickte wieder und folgte dem kleinen Mann ein Stück den Hügel hinab. Der Stein reichte ihr bis ans Knie und das Weltengewebe war nur schwer zu falten. Es flutschte Bryanna mehrfach weg. Schließlich erkannte sie, dass einige Bereiche des Weltengewebes zu stramm gespannt waren. Sie versuchte es aus einer anderen Richtung, zog und schob an den Fasern, die biegsam genug waren und der Stein erschien in Schottland. Stolz

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