Schottlands Wächter (German Edition)
sah sie Rowan an, den sie gleich mitgebracht hatte.
„Jetzt habe ich den Dreh raus.”
Der Stein verschwand im selben Moment, als Bryanna das Weltengewebe frei gab.
„Och nööö!”
„Gräm dich nicht. Du hast es sehr gut gemacht”, lobte Rowan. „Nun hole den Stein noch einmal hierher und lass ihn nicht zurück. Wir wollen mal sehen, wie lange du das durchhältst.”
Bryanna gehorchte wortlos. Als der Stein wieder vor ihr lag, hielt sie die Fasern des Weltengewebes in ihrer gefalteten Lage und wartete. Nach ein paar Minuten begann sie zu schwitzen und ihr Atem ging schneller. Nach einer Viertelstunde schmerzten ihre Arme, als hätte sie tagelang schwere Lasten geschleppt und nach einer halben Stunde hatte sie bohrende Kopfschmerzen. Doch sie ließ das Gewebe nicht los. Erst als Rowan ihr die Hand auf den Arm legte, gab sie das Gewebe frei. Ihre Knie zitterten und so setzte sie sich. Sie schloss die Augen, um das Pulsieren des Schmerzes auszuschließen, aber es gelang ihr nicht.
„Unglaublich, welche Kraft du hast!” Rowan setzte sich neben sie. „Ich habe noch niemanden gesehen, der beide Welten so lange miteinander verbunden hat.”
Bryanna flüsterte: „Ich habe Kopfschmerzen.”
„Das ist kein Problem”, sagte Rowan. „Hier, trink das.” Er reichte Bryanna eine Flasche mit einer grünlichen Flüssigkeit. Als sie sie öffnete roch es stark nach Kräutern. Zögernd trank sie einen Schluck und ihre Schmerzen verschwanden schlagartig.
„Das ist phantastisch. Was ist es?”
„Keine Ahnung. Annie Norn schickt mir von Zeit zu Zeit eine Flasche.”
„Annie Norn?”
Der kleine Mann lächelte. „Eine Freundin von mir. Eine Heilerin, um genau zu sein. Vielleicht lernst du sie noch kennen. Wer weiß.” Er stand auf. „Aber nun lass uns noch ein wenig üben.”
Seufzend stand auch Bryanna auf. Wieder und wieder musste sie die Welten wechseln. Mal sollte sie Pflanzen mitnehmen, mal eine Familie Kaninchen und mal ihren Lehrer. Mit jedem Versuch klappte es besser. Instinktiv erkannte Bryanna, welche Fäden des Weltengewebes sie schieben konnte und welche dafür nicht geeignet waren. Als der Morgen dämmerte, gähnte sie.
„Darf ich jetzt mal eine Pause machen? Ich bin ziemlich müde.” Der kleine Mann nickte freundlich.
„Ruhe dich nur niemals auf dem aus, was du gelernt hast. Wenn du deine Eltern wirklich finden willst, musst du vielen Wesen gegenüber treten, die ihre eigene Magie haben und das ist beileibe kein Zuckerschlecken. Da wirst du alles brauchen, was du in Alba lernen kannst.” Er strich ihr über die Augen. „Schlafe! Kurz aber erholsam!”
Augenblicklich schlief Bryanna ein.
Als sie wieder aufwachte, war sie sich nicht sicher, ob sie die nächtliche Lehrstunde nur geträumt hatte. Erst als ihr Rowan zuzwinkerte, schüttelte sie alle Zweifel ab.
„Hab ich gut geschlafen”, sagte sie.
„Wie ein Siebenschläfer. Es hätte mich jemand wegzaubern können und ich hätte es nicht gemerkt”, stimmte Kaylee ihr zu und reckte sich. Bryanna grinste, beschloss aber ihre nächtliche Übungsstunde vorerst für sich zu behalten.
Nach einem stärkenden Frühstück brachte sie Rowan über die Erde zurück und sie erhielten wieder ihre ursprüngliche Größe. Er zeigte Richtung Norden. „Geht zum Tomnahurich. Dort werdet ihr erwartet. Ihr erfahrt dort, wie ihr Morag finden könnt.”
Bryanna bedankte sich und sie gingen los. Als sie ein Stück gegangen waren, schnaufte Kaylee genervt.
„Da hätten wir gestern auch gleich Richtung Norden gehen können. Ich frage mich, warum uns die weisen Frauen erst hierher geschickt haben. So ein Umweg wegen Nichts.”
Bryanna zuckte mit den Schultern und wiederholte den Lieblingsspruch ihres Vaters. „Umwege erweitern die Ortskenntnis.”
„Klingt abgestanden. Bis zum Tomnahurich sind es mindestens fünf Tagesmärsche und mir tun jetzt schon die Füße weh.”
„Wenn wir in meiner Welt wären, könnten wir mit dem Bus fahren.”
„Dembus?” Kaylee wirkte verwirrt. „Ist das so etwas wie die Eisenbahn?”
„Busse sind wie Autos, nur viel größer. Du hast bestimmt welche in Edinburgh gesehen. Man bezahlt den Fahrer und fährt ein Stück mit.”
„Sind Autos diese schnellen Kutschen ohne Pferde?”
Bryanna nickte und Kaylee strahlte. „Toll. Worauf warten wir noch? Auf zur nächsten Schwachstelle.”
Bryanna konzentrierte sich, stellte sich vor, wie die Welt auf der anderen Seite aussehen könnte. Dann schob sie vorsichtig am
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