Schottlands Wächter (German Edition)
nicht verhindern, dass sich dieses Wissen zu dem anderen gesellte.
„Ich soll mich an einem dünnen Seil in den gefährlichsten Meeresstrudel Schottlands treiben lassen? Das ist verrückt und ich weiß nicht einmal, ob ich wirklich mit Morag sprechen will.”
Die Hand des Seannachaidh legte sich auf ihre Schulter. Bryanna drehte sich um, sah aber an ihm vorbei zu Kaylee, die wenige Schritte entfernt mit den Rucksäcken wartete und besonders deutlich so tat, als höre sie nicht zu. Stuart legte einen Finger unter Bryannas Kinn und hob es hoch, so dass sie ihm in die Augen sehen musste.
„Deine Mutter ist eine gute Frau. Sie hat dich nicht freiwillig allein gelassen”, sagte er. „Und die Cailleach stand schon immer auf Seiten der Wächter. Sie wird dir so wenig schaden, wie Brides Feuer dir geschadet hat.”
„Also gut, ich werde sie aufsuchen”, sagte Bryanna. „Aber Wächter werde ich trotzdem nicht, und ich lerne auch keine Magie mehr.”
Der Seannachaidh streichelte ihr mit dem Zeigefinger der rechten Hand über die linke Wange und lächelte.
„Du bist genau so starrköpfig wie ich. Versprich mir, dass du die Fakten prüfst, bevor du dich entscheidest.”
„Ich verspreche, dass ich mit Morag reden werde.”
„Das ist wenigstens etwas.” Der Seannachaidh strich ihr noch einmal über die Wange und ging davon.
„Worauf warten wir noch?” Kaylee reichte Bryanna ihre Habseligkeiten. Bryanna schlüpfte in die Jacke und die Armgurte des Rucksacks. Verwundert sah sie dem Seannachaidh nach, der einen der steilen Hänge hinaufgegangen war.
„Hey! Warte auf uns.”
Stuart schüttelte den Kopf. „Es wird Zeit für mich zu gehen. Ich werde euch bald wieder sehen. Passt gut auf euch auf.” Seine Stimme klang, als wäre er schon sehr weit entfernt. Er drehte sich um und ging. Zwei Schritte weiter verschwand er, als hätte es ihn nie gegeben.
Kaylee zog die Augenbrauen in die Höhe. „Er ist durch eine Schwachstelle gegangen. Es sieht so aus, als wolle er uns nicht länger begleiten.” Ihre Stimme klang gekränkt.
Bryanna legte ihr die Hand auf die Schulter. „Wir finden den Weg zurück auch allein. Und er hat versprochen, dass wir uns wiedersehen.” Kaylee ließ sich von Bryanna mitziehen.
Nebeneinander wanderten die beiden Mädchen den Weg entlang, der ins Tal führte. Diesmal bemerkte Bryanna das leichte Kribbeln sofort, als sie die Schwachstelle durchschritten. Erfreut stellte sie fest, dass sie sich in Schottland befanden. Kaylee sah sie an. „Was machen wir als nächstes?”
„Wir bereiten uns auf einen Besuch bei der Cailleach vor und dazu müssen wir ein paar Leute besuchen.”
Kaylee wurde blass und zeigte auf etwas. Bryanna drehte sich um und sah einen Boobrie auf sie zu fliegen. Von dem Felsvorsprung, von dem er kam, krachte und polterte eine Steinlawine ins Tal. Instinktiv streckte Bryanna die Arme zum Himmel und rief einen Schildzauber auf. Die Steine prallten von ihrem Schild ab und hüpften davon.
Bryanna konzentrierte sich darauf, den Schildzauber zu halten, solange die Steine auf sie herab prasselten. Trotzdem sah sie aus den Augenwinkeln, wie Kaylee ihre rechte Hand durch den Schildzauber schob. Die vom Schild abprallenden Felsbrocken sausten plötzlich auf den Boobrie zu. Einige Steine durchschlugen einen riesigen, federlosen Flügel. Der Boobrie stieß einen entsetzlichen Schrei aus und drehte um. Die restlichen Steine verfehlten ihn und prasselten zu Boden, als er durch eine Schwachstelle über den Felsen verschwand.
Bryanna schluckte, als ihr klar wurde, dass sie der riesige Vogel hätte töten können. Erst jetzt bemerkte sie einen Mann in schwarzem Leder, der auf dem Felsvorsprung vor der Schwachstelle stand. Selbst aus dieser Entfernung erkannte sie die eisblauen Augen wieder, die voller Hass auf sie gerichtet waren. Es war derselbe Mann, der im Bahnhof Waverley die Pfadfinder-Goblins betreut hatte. Ohne zu überlegen, legte sie die Hände an den Mund und rief so laut sie konnte. „Warum wollen sie mich töten?”
Der Mann antwortete nicht. Er drehte sich um und verschwand durch die gleiche Schwachstelle wie der Boobrie.
Sie drehte sich zu Kaylee um. „Den habe ich schon einmal auf dem Bahnhof in Edinburgh gesehen. Kennst du ihn?”
Kaylee hatte sich auf einen der größeren Steine gesetzt und das Gesicht in den Händen vergraben. Ihre Stimme klang gedämpft. „Das war mein Vater. Glaub mir, ich wusste nicht, was er vorhatte.”
Ich hätte mir eigentlich
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