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Schreckensbleich

Schreckensbleich

Titel: Schreckensbleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urban Waite
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echten Plan, außer zu entkommen, und selbst das schien eine schwierige Entscheidung zu sein.
    ***
    Drake sah den jungen Mann davonlaufen, sah, wie er sich auf absurde Weise durch das Gras schlängelte. Dem Deputy kam es so vor, als liefe der Junge ein Football-Manöver, ein Haken nach links und dann rechts antäuschen. Er hob das Gewehr und feuerte in die Nacht, lauschte, wie das Echo hoch oben im Tal abgefangen wurde und zu ihm zurückrollte. »Ich hab kein Problem damit, dir in den Rücken zu schießen!«, schrie er, legte abermals an und zielte auf den Jungen. »Bleib stehen, verdammt noch mal!« Er warf die Patronenhülse aus und lud nach. Der Schuss schlug vor dem Jungen in der Wiese ein, und eine Staubwolke stieg auf wie eine kleine Atomexplosion, blassblau im Mondlicht. Der Junge blieb stehen, hob die Hände und wartete. Drake warf noch eine Patronenhülse aus und schob den Bolzen nach vorn.
    Er sagte nichts, als er bei dem Jungen ankam. Was gab es da schon zu sagen? Keine Worte konnten ihm helfen. Das Adrenalin verflüchtigte sich allmählich, und er merkte, wie seine Arme schwer und schlaff wurden und ihn das Zittern überkam. Einen von zwei Schmugglern dingfest gemacht. Er war sicher, dass der Junge seine Schritte im Gras hören konnte, das bedächtige Knirschen, wenn er auftrat und die Halme knickte. Irgendwo dort draußen war der zweite Mann, ritt wie der Teufel, und Drake hatte die feste Absicht, ihn einzuholen.
    Er versetzte dem Jungen mit dem Gewehrkolben einen Schlag auf den Hinterkopf, schlug ihn bewusstlos. Es war ein sauberer Hieb, und er glaubte nicht, dass der Kleine ihn hatte kommen sehen. Kaum hatte er das getan, tat es Drake leid. Doch er konnte es nicht rückgängig machen, und selbst wenn es möglich gewesen wäre, hätte er es wohl nicht getan. Er fühlte dem Jungen den Puls. Dann schnitt er mit dem Messer an seinem Gürtel zwei Streifen von seinem Hemd ab, um dem Jungen damit Hände und Füße zu fesseln. Er suchte in den Taschen seines Gefangenen nach einer Brieftasche, fand jedoch keine. Das Pferd stand noch immer ganz in der Nähe, und er ging zu ihm hinüber und schnitt die Ladung los.
    Das Pferd scheute und beobachtete ihn argwöhnisch aus dem Augenwinkel, machte jedoch keine Probleme, als er das Bein über die Kruppe schwang und das Tier mit den Fersen anstupste. Den Riemen der 270er über der Brust, trat er noch einmal zu und spürte, wie die Kraft des Tieres ihn mitnahm. So wie der andere Mann vorgegangen war, schien er Drake ein sehr guter Reiter zu sein. Und er wusste, dass er da nicht mithalten konnte. Auf gar keinen Fall. Er trieb das Pferd mit den Fersen an, lenkte es den Grat hinauf, von dem aus man die umliegenden Täler sehen konnte, und wartete, beobachtete die Lichtungen und horchte auf jedes Geräusch.
    Die Sonne ging am Rand der Cascade Mountains auf, und das rosige Licht war überall. Drake drehte sich um und blickte zurück ins Tal. Er sah den Jungen dort liegen, und die großen weißen Pakete, die wie Kopfkissen aussahen, lagen nicht weit von ihm.
    ***
    Hunt trieb das Pferd scharf an, die Finger fest in die Mähne gekrallt. Er bearbeitete das Tier mit den Fersen, hatte es jedoch nicht wirklich unter Kontrolle, er ließ sich einfach von der Stute davontragen. Es war unmöglich, ohne Sattel zu reiten und das Pferd dabei tatsächlich zu beherrschen. Wenn er so etwas geübt hätte, dann vielleicht, doch das hatte er nicht, und jetzt konnte er keinen Gedanken daran verschwenden. Er hatte drei Schüsse gehört, einen, von dem er annahm, dass er für ihn gedacht gewesen war, und zwei für den Jungen. Einen Augenblick lang hatte er das Pferd gezügelt und das Echo des zweiten Schusses verfolgt, hatte überlegt, ob es irgendetwas ändern würde, zurückzureiten. Die Stute schwankte von einer Seite zur anderen, und er konnte fühlen, wie die großen Muskeln ganz oben an den Vorderbeinen arbeiteten. »Bitte lass ihn davonkommen«, sagte er. »Bitte.«
    Den nächsten Schuss hörte er drei Sekunden später, und er ging davon aus, dass es der letzte sein würde. Wenn der Junge nicht tot war, dann saß er mächtig in der Scheiße, und Hunt wollte ganz bestimmt nicht dabei sein, wenn es die auszulöffeln galt. Er trieb das Pferd an und lenkte es aufs Geratewohl bergab.
    Als er aus den Bäumen herauskam und dem Ufer eines Flusses folgte, schmerzten seine Arme vom ständigen Wegschieben tiefhängender Äste. Seine Handschuhe und Ärmel waren voller Harz. Er hielt an, blickte den

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