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Schreckensbleich

Schreckensbleich

Titel: Schreckensbleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urban Waite
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sein Gesicht knallte abermals auf den Beton. Ein Zahn brach heraus. Er konnte noch mehr Blut fühlen.
    »Ich habe noch andere Fähigkeiten«, knurrte der Mann, »aber es heißt, die wären nicht nützlich. Ich sehe das gern anders.« Der Junge hörte ein gedämpftes Knacken und fühlte den Schmerz, der von seinem Arm kam. Wieder versuchte er zu schreien, doch der Mann prellte seinen Kopf auf den Beton. Er blutete aus Mund und Nase und konnte fühlen, wie der Beton glitschig und warm wurde. Unwillkürlich versuchte er, sich umzudrehen und den Mann anzusehen.
    »So ist es recht, Kleiner, so ist es recht. Brauchst bloß ein bisschen mitzumachen.« Der Mann beugte sich vor und brach dem Jungen mit einer raschen Drehbewegung das Genick.
    ***
    Nora richtete für Eddie ein Bett auf der Couch her und ging nach oben. Sie ließ die Dusche eine Weile laufen und stand im Badezimmer, während sich der Dampf auf dem Spiegel niederschlug. Nach einer oder zwei Minuten hielt sie prüfend die Hand unter das Wasser, drehte an den Hähnen und zog zuerst ihr Hemd und dann die Hose aus. Sie wischte mit der Hand über den Spiegel und betrachtete das Bild dort, begutachtete sich. Fünfzig Jahre alt, die Haut ergab sich allmählich der Schwerkraft, Silber im Haar. Der Dampf füllte die Lücke, und sie putzte sich die Zähne. Danach fuhr sie mit der Zungenspitze am Zahnfleisch entlang. Sie drehte sich um und trat unter die Dusche.
    Dampf beschlug das Glas der Duschkabine wie Atem eine Fensterscheibe. Das Wasser lief ihr über die Haut, Hitze stieg aus der Duschwanne auf.
    Als sie Hunt kennengelernt hatte, hatte sie keine Angst gehabt. Sie wusste, womit er sich seinen Lebensunterhalt verdiente, hatte gehört, dass er im Gefängnis gewesen war. Er trank zu viel, das konnte sie sehen. Jeder konnte das sehen. Sie nahm ihn an jenem ersten Abend mit nach Hause, und er wachte am nächsten Morgen zitternd auf. So wachte er noch oft morgens auf, schlotternd, mit trockenem Mund, bat um einen Drink, und Stück für Stück holte sie ihn von dort zurück. Sie konnte sehen, dass er das Gefühl hatte, er sei nie gut genug gewesen und alles, was er anfasste, ginge irgendwie in die Brüche.
    Eines Morgens erzählte er ihr, dass er nie danach gestrebt hätte, der Mann zu werden, der er war, es sei einfach passiert. Eben noch war er bloß ein halbwüchsiger Junge, und dann war er plötzlich das, was sie vor sich sah. Er hatte es nie darauf angelegt, Alkoholiker zu sein, ein Mörder, ein Ex-Sträfling. Doch all das war er, und selbst wenn er sich darunter hervorkämpfen könnte, würde er immer noch dieser Mann sein. Das konnte er niemals ändern.
    Sie betreute ihn, wachte über ihn, und irgendwo entlang des Weges kam er vom Alkohol los. Andere Männer waren mit ihr fein essen gegangen, in teuren Restaurants, Hunt jedoch war anders gewesen. Schlecht oder gut, sie erkannte ihn als das, was er war. Er brauchte sie nicht zu beeindrucken oder ihr Lügen aufzutischen, er brauchte sie nicht zu überzeugen. Einen Monat lang kümmerte sie sich um ihn, und zum Dank ging er mit ihr im Park picknicken. Ein Korb für sie beide, Marmelade und Aufschnitt, der Geruch nach frischem Brot beim Fahren im Truck.
    Es regnete an jenem Tag, was irgendwie passender war. Sie beide, dicht bei der Grasfläche geparkt, der Platz, den sie sich ausgesucht hatten nur hundert Meter entfernt, unter einem Walnussbaum. Regen fiel vom Himmel, eine Tüte Orangensaft, aus dem Korb genommen und auf der Sitzbank des Trucks in Plastikbecher gegossen. Heftiger Regen prasselte auf die Windschutzscheibe. Da war ihr klargeworden, dass es einen kleinen Teil von ihr gab, der sich vor ihm fürchtete, der diese Furcht verstehen wollte, wissen wollte, warum sie so empfand. Regen trommelte auf das Metalldach des Trucks, ihr Atem an den Fenstern wie der Dampf einer Dusche am Spiegel. Das war es, was ihr als Erstes einfiel, wenn sie an ihre gemeinsame Vergangenheit dachte, dieser gefährliche Mann, der gemordet hatte, der im Gefängnis gewesen war, der sanft geworden, zu etwas anderem geworden war, zu jemandem, den nur sie sehen konnte.
    Als sie aus der Dusche kam, wartete Hunt auf dem Bett auf sie. Er hatte seine Stiefel noch immer nicht ausgezogen, und er saß dort auf der Bettkante, die Arme am Körper und die Stiefel auf dem Boden. »Wann stehst du auf?«, fragte sie.
    »Spätestens um acht. Ich muss das Boot rausziehen und es auftanken.«
    »Das ist der Plan?«
    »Das ist der Plan.«
    Nora ging um das Bett

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