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Schreckensbleich

Schreckensbleich

Titel: Schreckensbleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urban Waite
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passiert?«, fragte Driscoll.
    »Das wissen wir nicht«, antwortete Nancy. »Thu hat sie in der Nacht ausgeschieden, und Phil hat sie mitgenommen, als er gegangen ist.«
    »Haben Sie ihn mit den Drogen gesehen?«
    »Nein, aber ich habe auch nicht gesehen, wie er meinen Autoschlüssel genommen hat.«
    »Können Sie mir sagen, wie die Drogen für Sie ausgesehen haben?«
    »So kleine Kapseln, ungefähr so groß.« Roy formte mit Daumen und Abzugsfinger einen Kreis.
    »Wie viele waren es?«
    »Vielleicht fünfzig. Wahrscheinlich hatte Thu noch eine drin. Keine von denen, die wir gesehen haben, sah aus, als wäre sie offen.«
    »Die im Krankenhaus haben Ihnen das nicht gesagt, als Sie angerufen haben, um sich nach ihr zu erkundigen?«
    »Die haben uns jede Menge Fragen gestellt«, erwiderte Nancy. »Uns ist dabei richtig mulmig geworden, die haben getan, als hätten wir das mit ihr gemacht. Ich arbeite da. Das ist doch unlogisch.«
    »Wir haben dieses Mädchen gerettet«, sagte Roy.
    Driscoll schrieb etwas in sein Notizbuch. »Wahrscheinlich, damit sie’s in ein paar Jahren wieder tun kann.«
    »Das glaube ich ganz bestimmt nicht«, entgegnete Nancy.
    Drake kam zu ihnen und nahm eine von Roys und Nancys gerahmten Fotografien zur Hand. Mit der Daumenspitze wischte er ein wenig Schmutz vom Rahmen. »Wie viel ist so was wert, Driscoll? Fünfzig Kapseln?«
    »Nicht viel. Nicht genug, um all das zu rechtfertigen. Vielleicht knapp unter hunderttausend?«
    »Was glauben Sie, wie viel zahlen die diesem Auftragskiller dafür, dass er rumläuft und tut, was er tut?«
    »Mehr als das.«
    »Ergibt doch keinen Sinn, oder?«
    »Nichts ergibt einen Sinn, wenn Heroinkapseln im Spiel sind.«
    »Was passiert jetzt mit Thu?«, wollte Nancy wissen.
    »Ich weiß nicht, wie die Situation aussieht. Höchstwahrscheinlich wird sie abgeschoben. Aber zuerst müssen wir mit ihr reden.«
    ***
    Hunt saß am Rand einer Schotterstraße. Die Morgensonne wärmte sein Gesicht, und auf der Wiese vor ihm grasten die drei Pferde, bewegten die Hälse auf und ab wie Ölpumpenkolben und rissen an den Halmen. Er konnte ihre Zähne mahlen hören. Er würde Nora folgen; zuerst jedoch musste er etwas wegen der Pferde unternehmen. Er konnte nicht mit einem Pferdehänger am Truck durch die Gegend fahren, und er wusste nicht einmal, ob er zurückkommen würde. Vielleicht würde er tot sein, dachte er, und so konnte er die Pferde doch nicht zurücklassen, wie die anderen, einfach so hinter dem Haus, damit sie als Zielscheibe benutzt wurden.
    Dieses Stück Wiese gehörte irgendjemandem, doch er wusste nicht, wem. Sie lag am Osthang der Cascade Mountains, wo der Regen nicht hinkam und sie ein paar Tage lang vor den kommenden Schneefällen geschützt sein würden. Die Wiese leuchtete gelb unter der Sonne; das Gras verfärbte sich bereits angesichts des herannahenden Winters. Ein Band aus hohen Kiefern zog sich um den ganzen Rand herum. Am gegenüberliegenden Ende der Wiese konnte er erkennen, wo der Wald begann, ein Ansteigen des Erdbodens, das sich bis in die hohen Gipfel fortzusetzen schien. Der Zaun, der das Stück Land einst begrenzt hatte, war ins Erdreich gemodert; hier und da war das Holz von grünen Kranzmoosplacken überwuchert.
    Die Beine vor sich ausgestreckt und die Arme hinter sich aufgestützt, saß Hunt im Gras. Er hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Nora im Stich zu lassen, war keine Option.
    Neunzigtausend war nicht viel, um damit abzuhauen; das war gar nichts. Er war vierundfünfzig Jahre alt. Alt genug, um zu wissen, dass er nicht abhauen würde. Nora hatte gesagt, er solle sich absetzen. Doch das konnte er nicht, nicht jetzt, nicht so.
    Er hinkte auf die Wiese hinaus. Die Pferde waren mit drei Meter langen Stricken am Boden angepflockt. Mit zwiespältigen Gefühlen und mahlenden Kiefern sahen sie ihn kommen. In den richtigen Kreisen war jedes einzelne um die vierzigtausend wert. Hunt ging zu der großen Appaloosastute und kämmte ihr mit den Fingern die Mähne. Er begann, mit dem Pferd zu reden, als lege er ein Geständnis ab.
    Zuerst sprach er von dem alten Mann in dem Anglerladen, von dem Mann, den er mit einer Ladung Hirschschrot erschossen hatte. Der Mann war alt, konnte nicht mehr gut sehen. Hunt erzählte dem Appaloosa von dem alten Mann, dass er über dem Laden gewohnt hatte, dass er Hunt dort unten gehört hatte. Es hatte nicht lange gedauert, bis er die Treppe heruntergekommen war. Hunt hatte dagestanden, der Mann hatte die Flinte mit

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