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Schreckensbleich

Schreckensbleich

Titel: Schreckensbleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urban Waite
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seinem eigenen Auto unterwegs. »Kannst du mir das Kennzeichen vorlesen?«
    Er lauschte und konnte hören, wie sie sich über den Tresen lehnte; ihr Zwerchfell wurde zusammengedrückt, und etwas Atemloses stahl sich in ihre Stimme. Wahrscheinlich war Drake direkt an dem Wagen vorbeigegangen.
    Er gab dem Mädchen die Nummer des zuständigen Sheriffs. »Keine Angst«, versicherte er, »das ist reine Routine.« Drake bat sie, den Sheriff anzurufen, damit er sich das Auto ansah. »Sag ihm genau das, was du mir gerade erzählt hast.« Er dankte ihr und legte dann auf.
    ***
    Grady führte Nora durch eine Hintertür ins Haus und befahl ihr, sich hinzusetzen. Sie sah sich nach einer Sitzgelegenheit um, fand jedoch nichts. Sie befanden sich im Keller, und als sie sich nicht sofort setzte, starrte er sie unverwandt an, bis sie sich auf dem Boden niederließ. Kalter Zement erstreckte sich bis zum Boiler, die Fensterscheiben waren mit weißer Farbe übermalt. Trübes, lehmartiges Licht sickerte durch die Fenster herein, Regentropfen und Schmutz sprenkelten die Scheiben. In der Ecke summte ein großer Gefrierschrank. Mehrere Werkbänke und ein Seziertisch aus Edelstahl standen neben der Hintertür.
    Er ließ seinen Koffer auf einer der Werkbänke stehen, ging zu dem Gefrierschrank hinüber und öffnete ihn. Dann schob er ein menschliches Bein zur Seite und holte das Heroin hervor, tiefgefroren und, von einem dünnen rosa Schimmer überzogen. Der Gefrierschrank roch säuerlich. Obwohl er alles abgewaschen und, so gut er konnte, mit Bleiche bearbeitet hatte, roch der Schrank nach Magensäure und menschlichen Exkrementen, vermischt mit all dem, was das Mädchen in sich herumgetragen hatte. Er machte die Tür zu und sah zu Nora hinüber. Sie hatte sich nicht von der Stelle gerührt.
    Dann hörten sie, wie oben die Haustür knarrend aufschwang, die Last von Schritten auf den Holzdielen über ihnen.
    Grady blickte zur Decke hinauf. »Keine Angst«, sagte er.
    Er ging mit dem Heroin zu seinem Koffer hinüber und verstaute es darin. Anschließend holte er die 22er heraus und verstaute sie in seiner Hose, dann folgte das dreißig Zentimeter lange Kochmesser, das er auf den Tisch legte. Die metallene Schneide machte ein singendes Geräusch in dem leeren Raum.
    »Sie sind in guten Händen«, schloss er und sah dabei nicht Nora an, sondern blickte zu den Fenstern hinüber, die sich an der ganzen Länge der Kellerwand entlangzogen.
    Der Keller war zweieinhalb Meter tief in den Erdboden eingelassen, und das Einzige, was man durch die Fenster erkennen konnte, waren die Umrisse von Grasbüscheln dort, wo sie gegen die Scheiben drückten. Regen plätscherte auf die Einfahrt nieder, Tropfen hingen von außen an den übermalten Glasscheiben. Grady spürte, wie ein altvertrauter Drang sein Inneres überflutete, als gösse der Teufel ihm Kerosin in die Kehle, dick und schwer. Ein Schatten strich über das Fenster, das der Straße am nächsten war, und dann, eine Sekunde später, über ein Fenster in der Nähe der Kellertür.
    ***
    Hunt ließ die Pferde auf der Wiese stehen. Er pflockte sie mit zehn Meter langen Stricken an, lang genug, dass sie in den Schatten der großen Kiefern gelangen konnten. Die Wiese war nicht allzu weit von der Hauptstraße entfernt, aber abgelegen genug, dass einen oder zwei Tage lang niemand die Tiere entdecken würde.
    Den Anhänger versteckte er auf einem alten Forstweg. Er stellte ihn einen knappen halben Kilometer von der Wiese entfernt ab, und als er wieder auf die Schotterstraße zurückkehrte, konnte er sehen, dass die Bäume den silbernen Anhänger verschleierten, als wäre er ein Felsblock im Wald. Weiter unten an der Straße füllte er einen großen Eimer mit Wasser aus einem moosbewachsenen Bach. Als der Eimer voll war, füllte er die hohlen Hände und hob das Wasser ans Gesicht. Er holte seine Brieftasche und seine Schlüssel aus der Tasche und legte sie neben sich. Die Adresse, die er aus Thus Tasche genommen hatte, beschwerte er mit seinem Schlüsselbund.
    Er hatte Hunger, das merkte er jetzt, und er ließ das Wasser seine Wangen herabrinnen und von seinem Kinn tropfen; die Kälte setzte sich in seinem Inneren fest. Als er das mehrmals wiederholt hatte, ließ er das Wasser durch sein Haar laufen und kämmte es mit den Fingern. Dann holte er die kleine Notfalltasche aus dem Auto und legte sie neben den Bach. Er überprüfte den Verband. Nancy hatte ganze Arbeit geleistet, hatte die Wunden auf beiden Seiten der

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