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Schrei der Nachtigall

Schrei der Nachtigall

Titel: Schrei der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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dann gnade ihnen Gott.«
    Wieder auf der Straße, dachte er, Andrea hat gar nicht so unrecht gehabt, die Klein ist … manchmal richtig nett. Aber nur manchmal. Wie nett, wird sich herausstellen, wenn ich ihr meine Ergebnisse liefere. Aber die Hütte ist nicht zu verachten. Na ja, bei einem so erfolgreichen Anwalt als Vater auch kein Wunder.

Samstag, 19.00 Uhr
    Brandt hatte, bevor er zu Liane Wrotzeck fuhr, noch einmal einen Abstecher in die Klinik gemacht, um nach Allegra zu schauen. Sie war allein in ihrem Zimmer und schlief, doch als er ihre Hand berührte, machte sie kurz die Augen auf und sah ihn an, um gleich darauf weiterzuschlafen. Sie atmete ruhig und gleichmäßig, die Aufzeichnungen auf dem Monitor waren unauffällig.
    »Wir werden die künstliche Ernährung vielleicht schonmorgen einstellen«, sagte Dr. Bakakis. »Ich hatte, um ehrlich zu sein, große Zweifel, dass sie jemals wieder aufwachen würde. Aber jetzt habe ich es wenigstens vor meinem Urlaub noch miterlebt. Für mich kommt das einem Wunder gleich.«
    »Jemand hat einmal gesagt, es gibt keine Wunder, alles unterliegt Naturgesetzen«, bemerkte Brandt. »Sie sind morgen noch hier?«
    »Morgen bis achtzehn Uhr. Ich bin eigentlich schon auf dem Sprung nach Hause. Warum interessieren Sie sich so für sie?«
    »Einfach so. Was glauben Sie, wird sie sich an den Unfall erinnern können?«
    »Das ist schwer zu beurteilen. Wir werden es sehen.«
    »Ich komme morgen wieder, sie hat es so gewünscht«, sagte Brandt und erhob sich.
    »Sie hat es gewünscht?« Die Ärztin sah Brandt zweifelnd an.
    »Ich muss los«, sagte er, nickte Dr. Bakakis zu und verließ die Station.
    Er war noch unterwegs nach Bruchköbel, als er einen Anruf erhielt. Andrea Sievers.
    »Wo steckst du?«, fragte sie leicht ungehalten. »Ich bin schon seit zwei Stunden hier und …«
    »Sorry, aber ich hab’s vergessen. Ich bin gleich in Bruchköbel«, die Unterredung mit Elvira Klein erwähnte er nicht, »und muss unbedingt noch ein paar Dinge klären. Es ist wirklich wichtig. Wirst du da sein, wenn ich komme?«
    »Und wann gedenkt der werte Herr mal vorbeizuschauen?«
    »Andrea, ich kann nicht anders. Ich stehe kurz vor dem großen Durchbruch, und du kennst mich, ich finde doch keine Ruhe, bevor …«
    »Okay, okay, ich werde hier sein, aber dafür schuldest du mir was. Denk schon mal drüber nach.«
    »Ich mach’s wieder gut. Bis dann.«
    Um Punkt neunzehn Uhr fuhr er auf den Wrotzeck-Hof. Der Regen hatte, nachdem er im Lauf des Nachmittags nachgelassen hatte, wieder eingesetzt, überall waren Pfützen zwischen dem Haus und den Stallungen und den anderen Gebäuden. Es war kühl geworden, und Brandt war froh, seine Jacke anzuhaben. Liane Wrotzeck erwartete ihn bereits und bat ihn ins Wohnzimmer, wo auch Thomas in einem Sessel saß.
    »Ich würde gerne unter vier Augen mit Ihnen sprechen«, sagte Brandt zu ihr.
    »Und weshalb?«, fragte sie. Er meinte ein kurzes ängstliches Aufflackern in ihren Augen zu sehen.
    »Es sind nur ein paar Fragen, die ich Ihnen ganz persönlich stellen möchte.«
    »Thomas, würdest du uns bitte allein lassen?«
    »Bin schon weg. Brauchen Sie mich auch noch?«, fragte er und erhob sich.
    »Möglicherweise. Wenn Sie sich bitte zu meiner Verfügung halten wollen.«
    »Oh, so geheimnisvoll«, sagte Thomas und grinste Brandt an. »Na denn, ich bin einen Stock höher.«
    Er machte leise die Tür hinter sich zu. Brandt fragte Liane Wrotzeck, ob er sich setzen dürfe.
    »Bitte«, antwortete sie.
    »Frau Wrotzeck, das mit Ihrer Tochter freut mich sehr, ganz ehrlich.«
    »Das freut uns alle«, erwiderte sie und verzog dabei den Mund zu einem gequälten Lächeln, das alles andere als freudig wirkte. »Aber das ist doch nicht der Grund Ihres Besuchs.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
    Brandt beugte sich nach vorn und faltete die Hände. »Es geht natürlich in erster Linie um Ihren verstorbenen Mann. Wo war er an dem Abend, als der Unfall mit Allegra passiert ist?«
    »Warum wollen Sie das wissen?«
    »Beantworten Sie einfach nur meine Frage.«
    Sie überlegte, zuckte mit den Schultern und sagte: »Ich habe keine Ahnung. Vermutlich wieder in irgendeiner Bar oder bei seinen diversen Damen. Freitags war er abends nie zu Hause, er war überhaupt nur selten zu Hause.«
    »Dann wissen Sie sicherlich auch nicht, wo er an dem Abend war, als Frau Köhler tödlich verunglückt ist?«
    »Nein, woher denn? Was hat das alles mit seinem Tod zu tun?«
    Sie versucht

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