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Schrei der Nachtigall

Schrei der Nachtigall

Titel: Schrei der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Scheune verschwunden waren.
    »Hier hat er gelegen.« Thomas deutete auf eine bestimmte Stelle auf dem erdigen Boden, auf dem etwas Stroh war, um gleich darauf nach oben zu zeigen und fortzufahren: »Und von da ist er runtergefallen. Muss einen ganz schönen Schlag gegeben haben«, fügte er lakonisch hinzu.
    »Was hat Ihr Vater dort oben gemacht?«, fragte Brandt.
    »Dort werden Heuballen gelagert. Kann sein, dass an dem Tag wieder welche ankamen. Die werden dann über ein Rollband hochgefahren und … Vielleicht hat er sie gezählt oder sortiert, was weiß ich, ich hab mich nie wirklich dafür interessiert. Wir haben uns seit Monaten sowieso kaum noch gesehen.«
    »Waren Sie schon mal da oben?«
    »In den letzten Jahren nicht mehr, was meinem alten Herrn überhaupt nicht gepasst hat. Eigentlich müsste man meinen, die Landwirtschaft wäre mir in die Wiege gelegt worden, ist sie aber nicht. Liegt vermutlich an meinem Vater. Vielleicht habe ich Angst davor, eines Tages so zu werden wie er«, antwortete er zynisch.
    »Warum haben Sie einen solchen Hass auf Ihren Vater?«
    »Hab ich den?«, fragte Thomas gelassen zurück.
    »Zumindest erwecken Sie den Eindruck.«
    »Herr Brandt, mein Vater war ein Ekelpaket, dem niemand etwas recht machen konnte. Meine Mutter genauso wenig wie ich oder Allegra. Nur mit dem Unterschied, dass er mich nie angerührt hat, außer einmal, als er mich so verprügelt hat, dass ich eine Woche lang nicht laufen konnte. Aber da war ich sieben oder acht.«
    »Ihr Vater war gewalttätig?«
    »Er hat bestimmt, wo’s langging, und wenn einer nicht bedingungslos nach seiner Pfeife getanzt hat, wurde er sehr ungnädig, um es gelinde auszudrücken. Außerdem kann ich mich an kaum einen Tag in den letzten zehn Jahren erinnern, an dem er nicht eine Fahne hatte. Im Nachhinein wundere ich mich, dass er diesen Hof überhaupt soerfolgreich führen konnte. Der hat ’ne Menge Kohle gescheffelt, aber auch einen ganzen Haufen zum Fenster rausgeworfen. Investiert hat er’s, hat er zumindest behauptet. Und hören Sie sich mal bei den Angestellten um, die werden auch nicht gerade Lobeshymnen auf ihn singen, so wie der die getriezt hat.«
    »Würden Sie einem von ihnen einen Mord zutrauen?«
    »Wie oft wollen Sie mich eigentlich noch fragen, ob ich irgend jemandem einen Mord zutraue? Es gibt einen Haufen Leute, mit denen es sich mein Vater verscherzt hatte, aber ich wüsste nicht, wer von ihnen den Mut aufgebracht hätte, sich mit ihm anzulegen. Außerdem müssten Sie aus Berufserfahrung selber wissen, dass die meisten Menschen in Ausnahmesituationen zu einem Mord fähig sind. Und noch was – mein Vater war ein ziemlicher Brocken, an den hat sich keiner so leicht rangetraut. Nee, vergessen Sie’s.«
    »Passieren häufig Unfälle auf dem Hof?«, fragte Brandt, während er sich in der Scheune umschaute, den Blick nach rechts und links gewandt, um die ersten Eindrücke aufzunehmen. Schließlich ging er in die Hocke und sah von der Stelle, an der Kurt Wrotzeck gelegen hatte, nach oben.
    »Nicht mehr als anderswo auch. Es kommt vor, dass ein Pferd mal ausschlägt und jemanden unglücklich trifft oder im Kuhstall irgendwas ist. Aber soweit ich mich erinnern kann, gab es in den letzten Jahren keinen schweren Unfall. Wie gesagt, es passiert immer mal was, aber es war nie dramatisch. Was suchen Sie eigentlich da unten?«
    »Nichts«, antwortete Brandt und stand wieder auf.
    »Und, glauben Sie immer noch an diese absurde Mordtheorie?«Thomas winkte ab und grinste zum ersten Mal, seit Brandt ihn vor knapp einer halben Stunde kennengelernt hatte. »Aber natürlich, würde ich auch, wenn ich an Ihrer Stelle wäre. Aber bitte, suchen Sie, Sie werden nichts finden, was diese Theorie stützt. Reine Zeitverschwendung.«
    »Schon möglich«, erwiderte Brandt. »Wo wohnt Herr Köhler?«
    »Die Straße runter und immer geradeaus. Sie können es gar nicht verfehlen.«
    »Ja, dann erst mal vielen Dank für Ihre Auskünfte. Ich möchte Sie aber trotzdem bitten, sich in nächster Zeit zu unserer Verfügung zu halten.«
    »Und das heißt konkret?«
    »Könnte sein, dass wir noch Fragen haben. Sie wohnen ja hier und haben sicher auch nicht vor, heute oder morgen in Urlaub zu fahren, oder?«
    »Sie sind jederzeit herzlich willkommen«, sagte Thomas spöttisch lächelnd. »Ich werde vorläufig den Hof nicht verlassen, höchstens, wenn ich mal einkaufen muss. Das ist doch okay, oder?«
    »Schönen Tag noch«, sagte Brandt und gab Eberl mit

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