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Schrei der Nachtigall

Schrei der Nachtigall

Titel: Schrei der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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dem Kopf ein Zeichen. Bevor sie wieder ins Freie traten, drehte er sich noch einmal um und fragte: »Haben Sie gar keinen Hund?«
    »Wir hatten einen, aber der ist kurz vor meinem Vater gestorben. Das heißt, er musste eingeschläfert werden. Krebs. Und solange nicht klar ist, wie es mit dem Hof weitergeht, so lange werden wir uns auch keinen neuen Hund zulegen. Wir haben eine ganz gut funktionierende Alarmanlage,und außerdem ist das hier eine recht friedliche Gegend.«
    »Ja, scheint so«, bemerkte Brandt mit trockener Ironie und wollte mit Eberl schon den Hof verlassen, als er sich noch einmal Thomas zuwandte und fragte: »Wurde Ihr Vater normal begraben oder eingeäschert?«
    »Normal begraben, warum?«
    »Nur so. Gehen wir«, sagte er zu Eberl.
    Im Auto fragte er, während er den Motor anließ: »Was ist da vorgefallen?«
    »Der Alte ist beseitigt worden, sagt mir zumindest mein Gefühl. Das Problem wird nur sein, das auch zu beweisen. Er liegt immerhin schon seit fast einem Monat unter der Erde.«
    »Ich lass ihn exhumieren.«
    »Das kriegst du bei der Klein nie durch. Nur, weil eine anonyme Anruferin behauptet, es sei Mord gewesen. Da musst du der Klein mit besseren Argumenten kommen.«
    »Wrotzeck wird exhumiert, und damit basta. Was ist dir an dem Jungen aufgefallen?«
    »Sehr intelligent, für sein Alter sehr eloquent, aber auch offen und verschlossen zugleich.«
    »Und sonst nichts?«
    »Was meinst du?«
    »Hast du seine Augen gesehen und seinen Mund? Der Junge ist zweiundzwanzig und scheint die Lebenserfahrung eines Fünfzigjährigen zu haben. Und er ist total verbittert, noch viel mehr als seine Mutter. Ich werde am späten Nachmittag oder gegen Abend noch mal hinfahren undmit ihm allein sprechen. Der hat uns längst nicht alles gesagt, was er weiß.«
    »Und was erwartest du von ihm zu erfahren?«
    »Er hat einige meiner Fragen ausweichend beantwortet, zum Beispiel die, ob sein Vater gewalttätig war. Und er hat so eine merkwürdige Andeutung seine Mutter und seine Schwester betreffend gemacht. Wenn das ein Unfall war, häng ich meinen Job an den Nagel und werde Kassierer bei Woolworth.«
    »Dich möchte ich an der Kasse sitzen sehen«, entgegnete Eberl und schaute Brandt von der Seite an.
    Ohne darauf einzugehen, meinte Brandt: »Bin gespannt, was Köhler uns zu sagen hat. Streit wegen neun Metern Land! Ich wäre schon froh, wenn ich einen Garten hätte mit einem Apfelbaum und ein paar Beeten. Und die haben Quadratkilometer und gehen sich wegen so ’nem bisschen an die Gurgel.«
    »Und alte Mütterchen werden wegen ein oder zwei Euro umgebracht«, sagte Eberl lapidar.
     
    Nach kaum fünf Minuten erreichten sie den Hof von Erhard Köhler. Vor dem Haus lag ein angebundener Rottweiler, der die Ankömmlinge neugierig musterte, ohne jedoch aufzuspringen oder gar zu bellen.
    »Ich hasse diese Riesenviecher«, flüsterte Eberl und machte einen weiten Bogen um den Hund.
    »Der tut dir nichts, der ist wohl mehr zur Zierde da«, sagte Brandt schmunzelnd.
    »Dein Wort in Gottes Ohr.«
    Es war kurz nach zwölf und niemand weit und breit zusehen. Brandt legte den Finger auf den Klingelknopf und wartete. Wenig später erschien eine sechzig- bis fünfundsechzigjährige, auf den ersten Blick sehr resolut wirkende Frau an der Tür. Sie war füllig, das Gesicht beinahe faltenlos, und ihre graublauen Augen musterten die Beamten kritisch.
    »Ja?«, fragte sie mit dem für diese Gegend eigenen Akzent.
    Brandt zeigte seinen Ausweis, stellte sich und Eberl vor und sagte: »Wir hätten gerne Herrn Köhler gesprochen. Ist er da, Frau …?«
    Ohne die Frage zu beantworten, meinte sie: »Polizei? Was ist denn jetzt schon wieder passiert? Mein Sohn ist auf dem Feld, er müsste aber bald zurückkommen.«
    »Wir haben nur ein paar Fragen wegen Ihres ehemaligen Nachbarn Herrn Wrotzeck. Dürfen wir reinkommen?«
    »Bitte. Aber was wollen Sie von ihm wegen Wrotzeck?« Köhlers Mutter ging voran in ein sehr modern eingerichtetes Wohnzimmer und deutete auf die Sitzgarnitur.
    »Wir haben gehört, dass Herr Köhler und Herr Wrotzeck sich nicht gerade grün gewesen sein sollen.«
    »Ja, und? Was spielt das jetzt noch für eine Rolle?«
    »Nun, wir haben einen Anruf erhalten, laut dem Herr Wrotzeck keines natürlichen Todes gestorben sein soll.«
    »Und wenn? Wieso kommen Sie dann ausgerechnet zu uns? Glauben Sie etwa, wir hätten etwas damit zu tun?«
    »Wir wollen lediglich ein paar Fragen stellen, nichts weiter.«
    »Wenn’s sein

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