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Schrei der Nachtigall

Schrei der Nachtigall

Titel: Schrei der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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muss. Ich hab mit dem Kerl da drüben zum Glück kaum etwas zu tun gehabt, aber mein Sohnkann Ihnen Geschichten erzählen, da verlieren Sie den Glauben an die Menschheit.«
    »Ihr Sohn ist nicht verheiratet, haben wir gehört?«
    Köhler stand mit einem Mal in der Tür. Sie hatten ihn nicht kommen hören. Er trat ins Zimmer und sagte mit markant tiefer Stimme: »Köhler. Und nein, ich bin nicht verheiratet, meine Frau ist vor dreieinhalb Jahren gestorben und mein Sohn vor vier Monaten. Und wer sind Sie?«
    »Das sind zwei Beamte von der Kriminalpolizei«, antwortete Köhlers Mutter schnell. »Sie sagen, dass der Wrotzeck ermordet wurde.«
    »Aha. Und was verschafft mir die Ehre, wo der alte Drecksack doch schon seit fast vier Wochen die Radieschen von unten betrachtet? Suchen Sie bei uns einen Mörder?« Er ließ sich vorsichtig in einen Sessel nieder, stöhnte kurz auf, als würde sein Rücken schmerzen, und bestätigte das gleich darauf: »Dieses verdammte Kreuz! Mutter, kannst du mir bitte eine Tablette bringen?«
    »Immer diese Tabletten! Du solltest dich endlich operieren lassen.« Und zu Brandt und Eberl: »Seit drei Jahren geht das schon so, aber er will ums Verrecken nicht ins Krankenhaus. Bis es irgendwann zu spät ist und ich ihn in meinem Alter auch noch im Rollstuhl schieben muss.«
    »Ja, ja, schon gut.« Er winkte ab, während er versuchte, die für ihn bequemste Stellung einzunehmen. Nachdem seine Mutter den Raum verlassen hatte, um die Tablette und ein Glas Wasser zu holen, fuhr er leise und mit einem kaum merklichen Lächeln fort: »Sie kümmert sich um den Haushalt und trägt das Herz manchmal auf der Zunge. Na ja, ohne sie wäre ich jedenfalls ganz schön aufgeschmissen.Aber Sie haben Fragen. Bitte. Mich würde jedoch erst mal interessieren, wer auf die Idee gekommen ist, dass Wrotzeck umgebracht wurde?«
    »Das wissen wir selber nicht«, antwortete Brandt schulterzuckend. »Es war ein anonymer Hinweis, und wir wollen herausfinden, ob etwas dran ist.«
    »Waren Sie schon bei seiner Frau und seinem Sohn?«
    »Gerade eben.«
    »Dann wissen Sie bestimmt auch, dass Wrotzeck und ich alles andere als Freunde waren.«
    »Uns wurde so etwas berichtet. Wie kam es zu dem Streit?«
    »Sie meinen die neun Meter?«
    »Gab es auch noch andere Streitigkeiten, die Sie ausgefochten haben?«
    Helga Köhler kam mit der Tablette und einem Glas Wasser zurück. Sie reichte beides ihrem Sohn, er schluckte die Tablette und sagte: »Würdest du uns bitte allein lassen?«
    Ohne etwas zu erwidern, doch mit einem leicht säuerlichen Gesichtsausdruck verließ sie das Zimmer wieder und machte die Tür hinter sich zu. Brandt dachte: Die steht bestimmt hinter der Tür und lauscht.
    »Entschuldigen Sie, aber Wrotzeck war ein Stinktier. Ich versteh auch nicht, wie der so aus der Art schlagen konnte, denn sein Vater war immer korrekt. Aber Kurt, der konnte ohne Streit nicht leben.« Er seufzte auf und schüttelte den Kopf. »Ich kenn ihn gar nicht anders, das heißt, ich kenn ihn schon anders, aber das ist eine halbe Ewigkeit her. Wir sind fast im gleichen Alter und haben auch etwa zur gleichen Zeit die Höfe von unsern Vätern übernommen …«
    »Wann war das?«
    »Ich bin jetzt siebenundvierzig, also vor sechzehn Jahren. Mein Vater ist ziemlich früh verstorben, und Wrotzecks Vater hatte nur wenige Wochen später einen tödlichen Unfall. Und seitdem gab es nur noch Zoff. Erst waren es bloß Kleinigkeiten, aber dann hat Wrotzeck eine Urkunde gefunden, die angeblich besagt, dass neun Meter meines Bodens eigentlich ihm gehören. Ich hab’s ihm natürlich nicht freiwillig gegeben, denn ich hab andere Urkunden, die genau das Gegenteil besagen. Es kam zu unzähligen Verhandlungen, mit dem Urteil, dass ich der rechtmäßige Eigentümer des Bodens bin. Nach diesem Urteil hat er angefangen, uns regelrecht zu terrorisieren.« Köhler schüttelte den Kopf mit dem vollen grauen Haar und fuhr fort: »Schauen Sie sich mal da draußen um. Wrotzecks Land reicht fast bis zum Horizont, aber das hat ihm nicht gereicht.«
    »Ihr Besitz ist aber auch nicht gerade klein«, bemerkte Brandt.
    »Darum geht’s nicht. Hätte Wrotzeck nicht die ganze Zeit über gestänkert, vielleicht hätt ich’s ihm überlassen. Glauben Sie mir, ich hätte mir eine Menge Ärger erspart, aber so … nein.« Er schüttelte erneut den Kopf. »Aber dass er ermordet worden sein soll, überrascht mich doch. Sie sagen, Sie hätten einen anonymen Hinweis erhalten. Hat

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