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Schrei der Nachtigall

Schrei der Nachtigall

Titel: Schrei der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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dass sie über uns Bescheid weiß … Jetzt reg dich doch nicht so auf, wir reden heute abend in allerRuhe darüber. Sie scheint ein bisschen enttäuscht zu sein, dass sie es über Umwege erfahren hat … Nein, nicht von mir, aber hätt ich es leugnen sollen?… He, ich liebe dich, das wollte ich dir eigentlich nur sagen. Bis nachher, es kann allerdings ein wenig später werden, ich muss noch mal nach Bruchköbel … Ja, vermutlich ein Mordfall, aber auch darüber sprechen wir, wenn ich daheim bin. Ciao, bella.«
    Er blieb noch ein paar Sekunden stehen, rief bei seinen Eltern an und erkundigte sich nach Sarah und Michelle, die beide mit Freundinnen unterwegs waren. Er dachte an Sarah und daran, was Andrea ihm am Morgen im Vertrauen gesagt hatte. Ihr erster Freund, über zweitausend Kilometer entfernt. Bald würde es ein Freund sein, der um die Ecke wohnte, und er würde nichts dagegen machen können. Brandt erinnerte sich mit Wehmut an seine erste große Liebe, die er ebenfalls mit fünfzehn kennengelernt hatte. Sie war fünf Jahre älter gewesen, und ihre Beziehung hatte fast ein Jahr gedauert, bis sie einen älteren Mann traf und ihn nur wenig später heiratete. Als sie mit ihm Schluss gemacht hatte, war für ihn eine Welt zusammengebrochen, denn er war der festen Überzeugung gewesen, nie wieder eine Frau wie sie kennenzulernen. Seine Depression hatte genau eine Woche angehalten. Er war nicht aus dem Haus gegangen, hatte kaum etwas gegessen, dafür umso mehr geheult. Bis er merkte, dass es ein Leben nach der Liebe gab und die Welt, die damals allein aus Offenbach bestand, voller hübscher junger Frauen war. Aber es war die erste große Liebe, die er nie vergessen würde, so wie es vielleicht Sarah ergehen würde, wenn sie sich wirklicheinmal verlieben sollte und diese Liebe in die Brüche ging.
    Ja, ja, die Liebe, dachte er und stieg ein, startete den Motor und hätte beinahe das Wichtigste vergessen – Spitzer und vor allem Eberl von seiner Unterredung mit Elvira Klein zu informieren. Er grinste still vor sich hin, als er die Kurzwahlnummer drückte und gleich darauf Eberl abnahm, die jetzt im Büro vor sich hin schwitzte.
    »Hi, Nicole. Ich wollte nur kurz Bescheid geben, dass sie einverstanden ist.«
    »Na hallo, wie hast du das denn gemacht? Hast du ihr versprochen, das ganze nächste Jahr jeden Tag ihr Auto zu waschen und zu polieren?«, fragte sie lachend.
    »Du kennst mich doch, ich hab meine ganz speziellen Methoden, auch die härteste und unzugänglichste Frau um den Finger zu wickeln. Sogar eine Elvira Klein. Ciao, und richte es bitte Bernie aus.«
    Er genoss still für sich den Triumph und fuhr zurück nach Bruchköbel, um unter vier Augen mit Thomas Wrotzeck zu sprechen und ihm möglicherweise ein paar Dinge zu entlocken, die er im Beisein seiner Mutter oder von Nicole Eberl nicht sagen wollte oder konnte.

Mittwoch, 16.05 Uhr
    Der Wetterbericht hatte ausnahmsweise recht behalten, es war ein schwüler Tag, ein sehr schwüler Tag. Eine Schwüle, die alles langsamer werden ließ, das Atmen erschwerte, selbst die Kleidung klebte auf derHaut. Dünne Schleierwolken bedeckten den Himmel, durch die die Sonne wie durch ein Milchglas auf die Erde brannte. Jetzt am Nachmittag war diese drückende Schwüle kaum noch zu ertragen, und Brandt hoffte, dass die vorhergesagten Gewitter auch kommen und die ersehnte Abkühlung bringen würden.
    Er lenkte den Alfa auf den Hof der Wrotzecks und ging auf das Haus zu. Ein paar Arbeiter waren in der Ferne auszumachen. Liane Wrotzeck kam aus dem Haus, als hätte sie ihn bereits erwartet.
    »Hallo, da bin ich schon wieder«, sagte er so freundlich wie möglich. »Ist Ihr Sohn zu sprechen?«
    »Was wollen Sie denn von ihm? Glauben Sie etwa immer noch, dass mein Mann ermordet wurde?«, fragte sie mit leiser, monotoner und emotionsloser Stimme, und ihre Augen wirkten stumpf und leer, noch stumpfer und leerer als schon am Vormittag. »Es war ein Unfall, nichts als ein tragischer Unfall, und Thomas hat nichts, aber auch rein gar nichts damit zu tun.«
    »Gehen wir ins Haus, oder wollen wir hier draußen reden?«, meinte Brandt.
    »Was könnte ich Ihnen schon sagen? Aber bitte, wenn es unbedingt sein muss, gehen wir rein.«
    Im Wohnzimmer sagte Brandt: »Sie sind sehr schön eingerichtet, das ist mir vorhin schon aufgefallen. Haben Sie das ausgesucht?«
    »Ja.«
    »Darf ich mich setzen?«
    »Bitte.«
    »Ihren Schilderungen von heute vormittag habe ich entnommen,dass Ihre Ehe nicht

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