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Schrei der Nachtigall

Schrei der Nachtigall

Titel: Schrei der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Brandt wusste aus Erfahrung, dass diese nächtliche Schönheit bei Tag meist gewöhnlich aussah, dazu hatte er schon zu oft mit Damen des horizontalen Gewerbes zu tun gehabt. Er versuchte fast fünf Minuten lang vergeblich, sie über Wrotzeck und Müller auszufragen. Sie sperrte sich, bis ihm der Geduldsfaden riss und er ihr freundlich, aber unmissverständlich zu verstehen gab, dass er sie aufs Präsidium vorladen lasse, wenn sie nicht endlich den Mund aufmache.
    »Wenn’s unbedingt sein muss«, sagte sie schließlich entnervt und zündete sich eine Zigarette an. »Aber machen Sie schnell, ich kann nicht so lange wegbleiben. Wir sind heute sowieso schon eine weniger, Monika ist krank.«
    »Seit wann und wie oft kamen Wrotzeck und Müller her?«
    »Seit gut drei Jahren, und immer so ein-, zweimal die Woche.«
    »Und sie sind immer zusammen gekommen?«
    »Fast immer, manchmal konnte Müller nicht, weil er zu irgendeinem Notfall gerufen wurde.«
    »Wie lange sind sie in der Regel geblieben?«
    »Drei, vier Stunden.«
    »Was haben die so lange hier gemacht?«
    Carmen lachte auf und sagte spöttisch: »Was glauben Sie denn, was hier gemacht wird? Wir sind kein Kloster.«
    »Aber das kostet doch ’ne Menge Geld.«
    »Klar, aber die haben’s ja, vor allem Wrotzeck.«
    »Und er hat auch immer bezahlt?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Na ja, hat er immer die komplette Rechnung übernommen?«
    »Nee, die haben sich abgewechselt, mal war Wrotzeck dran, mal Müller. Immer achthundert Euro. Aber seit Wrotzeck tot ist, hat sich Müller hier nicht mehr blicken lassen. Und ganz ehrlich, ich kann auf alle beide verzichten.«
    »Wieso, die haben doch gut gezahlt«, bemerkte Brandt.
    »Das schon, aber dafür hatten sie auch die ausgefallensten Wünsche, das heißt, Wrotzeck hatte diese Wünsche. Erwar besonders schlimm, aber ein guter Kunde darf alles verlangen, da drückt der Chef beide Augen zu. Und wenn eine von uns nicht pariert, fliegt sie raus.« Sie warf einen ängstlichen Blick zum Vorhang hin, ihr Atem ging schneller, als würde sie fürchten, jemand könnte mithören.
    »Wurde Wrotzeck ab und zu auch mal brutal?«
    »Wenn Sie damit meinen, dass er es am liebsten hatte, wenn er seinen Riesenschwanz überall reinstecken konnte, dann ja.« Und leiser, fast flüsternd: »Wenn die hier waren, haben sie immer nur mich und Monika verlangt, wenn Sie verstehen. Wrotzeck war ’ne perverse Sau. Wenn der mit seiner Frau genauso umgesprungen ist, dann tut die Ärmste mir heute noch leid. Ich war jedenfalls immer froh, wenn ich Wrotzeck nicht sehen musste. Und Monika ging’s nicht anders. Wrotzeck hat einige Male einen Dreier verlangt, Sie wissen schon, zwei Männer, eine Frau. Aber Müller hat das nicht gebracht, und Wrotzeck hat ihn ausgelacht und noch kräftiger zugestoßen … Na ja, und seit Wrotzeck den Abgang gemacht hat, traut sich Müller wohl nicht mehr her. Dabei ist der gar nicht so übel. Mir kam’s immer so vor, als ob der unter der Fuchtel vom Wrotzeck stand und eigentlich gar nicht so gerne hergekommen ist. Wenn Wrotzeck was gesagt hat, musste Müller springen. Aber warum interessiert Sie das alles? Wrotzeck ist tot, und Müller kommt nicht mehr.«
    »Weil ich ein extrem neugieriger Mensch bin, der einen Mordfall aufklären will«, antwortete Brandt trocken.
    »Was? Heißt das, Wrotzeck ist umgebracht worden?«
    »Ach, ich dachte, das hätte sich mittlerweile rumgesprochen.«
    »Ich bin normalerweise nicht so, aber um dieses Schwein tut’s mir nicht leid.«
    »Hat Wrotzeck jemals über sein Privatleben mit Ihnen gesprochen?«
    »Der doch nicht. Hat mich auch nicht interessiert. Er war einfach nur ein Arschloch.«
    »Danke für die Informationen, Sie waren mir eine große Hilfe, ob Sie’s glauben oder nicht.«
    »Wenn Sie meinen. Kann ich jetzt wieder gehen?«
    »Ich bin fertig. Wo finde ich Ihre Kollegin Monika?«
    »Die wird Ihnen auch nichts anderes sagen …«
    »Wo?«
    »Haben Sie was zu schreiben?«
    Brandt holte seinen Notizblock und einen Stift aus der Jackentasche. Carmen notierte die Adresse und Telefonnummer ihrer Freundin. »Wir wohnen zusammen. Sie ist aber diese Woche krankgeschrieben.«
    »Was hat sie?«
    »Nur ’ne Erkältung, aber von den Typen da draußen hat’s keiner gern, wenn eine von uns die ganze Zeit nur keucht und schnieft. Ich muss jetzt aber wirklich wieder raus, sonst krieg ich Ärger.«
    »Kein Problem. Und sollten Sie doch noch was für mich haben, hier ist meine Karte.«
    Carmen warf

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