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Schrei der Nachtigall

Schrei der Nachtigall

Titel: Schrei der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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natürlich?«
    »Ich hau gleich ab, erst einen Abstecher ins Büro und dann wieder nach Bruchköbel. Hinter dem Tod von Wrotzecksteckt meiner Meinung nach viel mehr, als ich anfangs vermutet habe. Aber der Pfarrer darf nichts sagen, die Familie hält sich auch ziemlich bedeckt, und sein bester Freund hat mich gestern angelogen. Also werde ich heute versuchen, wenigstens einen Teil des Sumpfes trockenzulegen. Und du?«
    »Das Übliche. Dass ich mich heute abend mit Elvira treffe, hast du nicht vergessen, oder?«
    »Nein. Wann sehen wir uns wieder?«
    »Morgen nachmittag, es sei denn, du musst arbeiten.«
    »Ich hoffe nicht, und wenn doch, geb ich dir umgehend Bescheid.«
    »Wir telefonieren ja sowieso vorher noch mal. Solltest du aber morgen arbeiten, geh ich in die Stadt und bring ein bisschen Geld unter die Leute. Ist schon eine ganze Weile her seit dem letzten Mal. So, ich muss jetzt Schluss machen, Bock und ich haben gleich eine Autopsie. Mach’s gut und denk dran, ich steh auf dich.«
    »Danke, gleichfalls. Und genieß den Abend mit deiner Freundin«, sagte er grinsend.
    »Das werd ich garantiert. Wir werden uns den ganzen Abend nur über dich unterhalten.«
    »Solang ich nicht dabei bin, soll’s mir egal sein. Ciao, bella.«
    Brandt legte auf und fühlte sich gleich besser. Er schloss die Fenster und verließ die Wohnung. In der Bäckerei, wo er Stammkunde war, kaufte er eine Quarktasche und ein Schokocroissant, trank an einem der drei Bistrotische dazu eine Tasse Kaffee und fühlte sich nun gestärkt für den Tag.

Freitag, 8.15 Uhr
    Bernhard Spitzer war in ein Gespräch mit Nicole Eberl vertieft, als Brandt ins Büro kam.
    »Morgen«, sagte er und stellte sich zu ihnen.
    »Gut, dass du da bist, um halb neun ist Dienstbesprechung. Geht um die Observierung der Albaner, den Vergewaltiger und unsern Gentleman-Gangster.«
    »Sorry, ohne mich. Ich wollte mich nur kurz zeigen und muss gleich weiter nach Bruchköbel. Was hast du über Wrotzeck rausgefunden?«
    »Nichts.«
    »Hast du nichts rausgefunden, oder hast du gar nicht erst nachgeforscht?« Brandt sah Spitzer prüfend an.
    »Er hat eine fast blütenweiße Weste. Kein Eintrag wegen irgendwelcher Vergehen, Strafzettel für zu schnelles Fahren ausgenommen. Einmal ist ihm sogar für sechs Monate der Führerschein entzogen worden, weil er mit einem Promille bei einer Verkehrskontrolle erwischt wurde.«
    »Wann war das?«
    »Augenblick«, Spitzer blätterte in seinen Unterlagen. »19. August 2000 bis 18. Februar 2001. Hilft dir das weiter?«
    »Nee. Ich frag mich nur, was er ohne den Lappen gemacht hat, der brauchte doch das Auto.«
    »Vielleicht hat er sich kutschieren lassen.«
    »Glaub ich nicht. Nicht einer wie Wrotzeck. Ich denk eher, er ist schwarzgefahren, das würde zu seinem Persönlichkeitsbild passen. Okay, gibt’s sonst irgendwas?«
    »Nein. Hast du gestern noch was erreicht?«
    »Ich mach mich ab, ihr kriegt sämtliche Informationen, sobald ich sie hab«, sagte Brandt und verschwand schnell nach draußen, bevor Spitzer oder Eberl noch weitere Fragen stellen konnten. Er hätte ihnen von seinen Besuchen bei Müller, Caffarelli und in dem Nobelpuff berichten können, doch er hatte sich in den Kopf gesetzt, diesen Fall ganz allein zu lösen und sich nicht irgendwelche Vermutungen seiner Kollegen anzuhören.
    Sein erster Weg führte ihn zu Dr. Müller.

Freitag, 8.55 Uhr
    Müllers Geländewagen stand vor dem Haus, die oberen Fenster waren geöffnet, vor dem Praxiseingang wartete eine ältere Frau mit ihrem Hund darauf, eingelassen zu werden. Sie klingelte mehrmals, schüttelte den Kopf und wollte gerade an Brandt vorbeigehen, als er sie anhielt.
    »Wollten Sie zu Dr. Müller?«
    »Scheint nicht da zu sein«, war die knappe Antwort.
    »Aber das ist doch sein Wagen.«
    »Keine Ahnung. Ich hatte eigentlich einen Termin. Seine Frau macht auch nicht auf, obwohl sie bestimmt zu Hause ist.« Sie deutete mit dem Kopf auf die geöffneten Fenster.
    »Danke«, sagte Brandt und begab sich zum Haus. Er hielt den Finger lange auf den Klingelknopf gedrückt, bis eine Frauenstimme aus dem ersten Stock schrie: »Was ist denn, verdammt noch mal?!«
    »Brandt, Kripo Offenbach. Ich möchte zu Dr. Müller.«
    »Keine Ahnung, wo der ist«, entgegnete sie schroff und machte das Fenster zu.
    »Also gut, du wolltest es nicht anders«, sagte er leise zu sich selbst und klingelte diesmal so lange, bis die Haustür aufgerissen wurde und eine kleine, aber sehr resolut wirkende Frau

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