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Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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sagen Sie ihm nicht, daß Sie hier waren. Verprechen Sie mir das?«
    »Natürlich.«
    Er brachte sie zurück zur Mühle und bestand dann darauf, sie zu Fuß über die stillen Weiden zum Haus zu begleiten. »Ich warte, bis Sie drinnen sind«, sagte er.
    »Gehen Sie sofort nach oben, und wenn alles in Ordnung ist, lassen Sie die Jalousien in Ihrem Zimmer herunter.«
    »Was meinen Sie damit, wenn alles in Ordnung ist?«
    »Ich meine, wenn Erich beschlossen haben sollte, heute abend nach Haus zu kommen, und Sie nicht angetroffen hat, könnte es Ärger geben. Ich rufe morgen an, sobald ich ein paar Leute erreicht habe.«
    »Nein, lassen Sie mich anrufen. Clyde nimmt alle meine Anrufe entgegen.«
    Als sie den Kuhstall erreicht hatten, sagte er: »Ich werde Sie von hier aus beobachten. Versuchen Sie, sich keine Sorgen zu machen.«
    »Ich werd’ mir Mühe geben. Das eine, worum ich mir keine Sorgen machen muß, ist Erichs Beziehung zu den Mädchen. Er liebt sie abgöttisch und wird sie bestimmt gut behandeln. Das ist der einzige Trost.«
    Mark drückte ihr die Hand, sagte aber nichts. Schnell schritt sie den Weg zur Westseite des Hauses entlang, schloß die Tür zur Küche auf und ging hinein. Sie sah sich um. Die Tasse und die Untertasse, die sie auf dem Abtropfbrett stehengelassen hatte, waren noch da. Sie lächelte bitter. Sie konnte sicher sein, daß Erich nicht gekommen war. Er hätte als erstes das Geschirr fortgeräumt.
    Sie eilte nach oben ins Schlafzimmer und ließ die Jalousien herunter. Vom letzten Fenster aus sah sie, wie Marks hohe Gestalt im Dunkel verschwand.
    Eine Viertelstunde später lag sie im Bett. Dies war die schlimmste Stunde von allen — wenn sie nicht über den Flur gehen und noch einmal nach Tina und Beth schauen konnte. Sie versuchte sich vorzustellen, wie Erich den beiden die Zeit vertreiben mochte. Wie gern waren sie letzten Sommer mit ihm zum County-Jahrmarkt gefahren! Ein paarmal waren sie einen ganzen Tag lang auf dem Rummelplatz gewesen. Er hatte eine Engelsgeduld mit ihnen.
    Aber die beiden Mädchen hatten überhaupt nicht fröhlich geklungen, als er ihnen an jenem ersten Abend erlaubt hatte, mit ihr zu sprechen. Inzwischen hatten sie sich aber sicher an ihre Abwesenheit gewöhnt, genau wie damals, als sie im Krankenhaus war.
    Wie sie Mark gesagt hatte, war es der einzige Trost, daß sie sich keine Sorgen um die beiden machte. Sie dachte plötzlich daran, wie er ihre Hand gedrückt hatte, als sie das sagte.
    Warum?
    Sie lag die ganze Nacht wach. Wenn nicht Rooney…
    Wenn nicht Elsa … Wer dann?
    Bei Tagesanbruch stand sie auf. Sie konnte nicht untätig herumsitzen und warten, bis Erich zurückkam.
    Sie versuchte, die nagenden Befürchtungen, die furchtbaren Ängste zu vertreiben, die sie in der Nacht heimgesucht hatten.
    Die Hütte. Sie mußte sie finden. Alle Sinne sagten ihr, daß die Hütte der Platz war, wo sie anfangen mußte.

35
    Im Morgengrauen begann sie, die Hütte zu suchen. Um vier Uhr hatte sie das Radio angestellt und den Wetterbericht gehört. Die Temperatur fiel schnell — es waren jetzt elf Grad unter Null. Ein starker kalter Wind aus Kanada drückte sie weiter nach unten. Ein Schneesturm war angesagt. Er sollte etwa morgen abend das Gebiet von Granite Place erreichen.
    Sie machte sich eine Thermosflasche Kaffee, die sie mitnehmen wollte, zog einen dicken Pullover unter ihrem Skianzug an. Ihre Brüste brannten schrecklich. Sie hatte in der Nacht so viel an das Baby gedacht, daß sie prompt wieder anfingen, schmerzhaft zu pochen. Sie zwang sich, jetzt nicht an Tina und Beth zu denken… Bitte, mach, daß ihnen nichts passiert. Laß ihnen nichts zustoßen …
    Sie wußte, daß die Hütte etwa zwanzig Minuten zu Fuß vom Waldrand entfernt war. Sie würde an der Stelle anfangen, wo Erich immer zwischen den Bäumen verschwand, und das Gebiet links und rechts davon abkämmen. Es war egal, wie lange es dauerte.
    Um elf ging sie nach Hause zurück, machte Suppe heiß, zog frische Socken und Fäustlinge an, band sich einen anderen Schal vors Gesicht und ging wieder los.
    Um fünf, als die langen Schatten allmählich vom Zwielicht verdrängt wurden, lief sie mit ihren Skiern eine kleine Anhöhe hinauf und stand vor der kleinen, rindengedeckten Hütte, dem ursprünglichen Heim der Kruegers in Minnesota.
    Sie wirkte abweisend, unbenutzt, aber was hatte Jenny erwartet? Daß Rauch aus dem Schornstein quoll, daß Licht brannte, daß… Ja. Sie hatte insgeheim gehofft, daß Beth und

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