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Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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legen, wie der Kleine die Ärmchen hochreißt, so daß die geöffneten Hände sternengleich auf dem Kissen liegen.
    Die bewußte Caroline in dem dunkelbraunen Steppmantel, reflektiert in der Windschutzscheibe eines Autos. Neben ihrem Gesicht ein anderes. Kevins Gesicht, überzeichnet, mit angstvoll starrenden Augen, an der Schläfe ein Wundmal, das in die Windschutzscheibe hineinzuschwellen scheint. Die bewußte Caroline im Cape, wie sie die Hufe eines rasenden Pferdes hält und zu einer Gestalt am Boden hinlenkt, einer Gestalt mit aschblonden Haaren. Joe. Joe, der den Hufen verzweifelt auszuweichen versucht.
    Jenny hörte, wie sich ihrer Kehle ein Wimmern entrang, ein rauher Ton, halb Schmerz, halb Fassungslosigkeit. Es war gar nicht Caroline, dieses Wesen, das halb Frau und halb Schlange war. Es war Erichs Gesicht, das zwischen strähnigen dunklen Haaren hervorsah, es waren Erichs Augen, die ihren wilden Blick von der Leinwand auf sie richteten.
    Nein. Nein. Nein. Diese grausigen gequälten Visionen, diese Kunst — eine geniale Ausgeburt des Bösen, neben der Carolines Begabung völlig verblaßte.
    Die Bilder, die er als die seinen ausgab, hatte Erich nicht gemalt. Aber die, die er gemalt hatte, waren die genialen Schöpfungen eines kranken Geistes. Sie waren entsetzenerregend, furchtbar in ihrer Kraft, böse — und verrückt.
    Jenny starrte auf ihr eigenes Bild, auf die Gesichter ihrer Kinder, ihre flehenden Augen, als sich die Gürtel um die kleinen weißen Hälse zuzogen.
    Endlich zwang sie sich, die Leinwand von der Wand zu reißen, und ihre widerstrebenden Finger faßten sie an, als schlossen sie sich um die Feuer der Hölle.
    Irgendwie schaffte sie es, in die Skibindungen hineinzuschlüpfen und sich wieder auf den Weg zu machen. Die Nacht senkte sich herab, es wurde immer dunkler. Der Wind fing sich in der Leinwand wie in einem Segel, drängte Jenny von ihrem unbestimmten Weg, schrammte sie gegen Bäume. Der Wind höhnte den gellenden Hilferufen, die sich ihrer Kehle entrangen.
    Helft mir. Helft mir. Helft mir.
    Sie verlor die Richtung, lief im Dunkeln im Kreis, stand wieder vor den Umrissen der Hütte. Nein. Nein.
    Sie würde hier draußen erfrieren, sterben, ehe sie jemanden fand, der Erich aufhielt, wenn es nicht schon zu spät war. Sie verlor jeden Zeitsinn, hatte keine Ahnung, wie lange sie durch den Schnee taumelte, wie oft sie hinfiel und sich aufraffte und von neuem anfing, wie lange sie die diabolische Leinwand an sich drückte, wie lange sie schrie. Sie wußte nur, daß ihre Stimme zu einem rauhen Schluchzen abkippte, als hinter dem Gewirr von Bäumen etwas Helles schimmerte und sie erkannte, daß sie am Rande des Waldes war.
    Das Schimmern war der Reflex des Mondlichts auf Carolines Grabstein.
    Mit letzter übermenschlicher Anstrengung lief sie über das freie Feld. Das Haus war dunkel, nur der schwache Schein des Halbmonds zeichnete die Umrisse nach. Aber aus den Fenstern des Büros fiel Licht. Sie lief dorthin, und nun, da die Bäume sie nicht mehr vor dem scharfen Wind schützten, flappte die Leinwand noch heftiger als zuvor.
    Sie konnte nicht mehr schreien; bis auf das gutturale Stöhnen, das sie aus ihrer Kehle hörte, konnte sie keine Töne mehr bilden, aber ihre Lippen fuhren fort, die Worte ›helft mir, so helft mir doch‹ zu formen.
    An der Tür zum Büro versuchte sie, den Knauf mit ihren taubgefrorenen Händen zu drehen, die Skier abzutreten, aber die Bindung wollte sich nicht lösen.
    Zuletzt haute sie mit einem Skistock an die Tür, bis sie aufgerissen wurde und sie in Marks Arme fiel.
    »Jenny!« Seine Stimme versagte. »Jenny!«
    »Immer ruhig, Mrs. Krueger.« Jemand löste die Skier von ihren Füßen. Sie kannte diese bullige Gestalt, dieses stumpfe Profil. Es war Sheriff Gunderson.

    Mark versuchte, ihre Finger von der Leinwand zu lösen. »Jenny lassen Sie mich das sehen.« Und dann, niedergeschmettert: »Oh, mein Gott!«
    Ihre Stimme war nur noch ein rauhes Krächzen:
    »Erich. Erich hat es gemalt. Er hat das Baby umgebracht.
    Er verkleidet sich als Caroline. Beth. Tina… Vielleicht hat er sie auch umgebracht.«
    »Das hat Erich gemalt?« fragte der Sheriff ungläubig.
    Sie fuhr zu ihm herum. »Haben Sie die Mädchen gefunden? Warum sind Sie hier? Sind meine Kinder tot?«
    »Jenny.« Mark hielt sie und legte ihr seine Hand auf den Mund. »Jenny, ich habe den Sheriff angerufen, weil ich Sie nicht erreichen konnte. Jenny, wo haben Sie das gefunden?«
    »In der Hütte — so

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